18.10.2024
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Urteil24.04.2014Landgericht Stuttgart11 O 72/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AnwBl 2014, 653Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2014, Seite: 653
  • MDR 2014, 673Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2014, Seite: 673
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ergänzende Informationen

Landgericht Stuttgart Urteil24.04.2014

Impres­s­ums­pflicht für Werbeseite eines Rechtsanwalts in Online-Anwalts­ver­zeichnisVerstoß gegen Teleme­di­en­gesetz begründet Recht zur Abmahnung sowie Anspruch auf Unterlassung für konkurrierenden Rechtsanwalt

Wirbt ein Rechtsanwalt über ein Anwalts­ver­zeichnis im Internet mit seiner Leistung, so unterliegt er der Impres­s­ums­pflicht des § 5 TMG. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so steht einem konkurrierenden Rechtsanwalt das Recht zur Abmahnung sowie ein Unter­lassungs­anspruch zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Stuttgart hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2014 erhielt ein Rechtsanwalt von einem Mitbewerber eine Abmahnung. Der Mitbewerber beanstandete darin, dass der Rechtsanwalt auf der Internet-Plattform "kanzlei-seiten.de" kein den Anforderungen des § 5 TMG genügendes Impressum unterhielt. Der abgemahnte Rechtsanwalt war sich jedoch keiner Schuld bewusst. Abgesehen davon, dass nicht er, sondern der Platt­form­be­treiber für die Seite verantwortlich sei, wies der Rechtsanwalt darauf, dass alle erforderlichen Angaben über ein Link zu erreichen gewesen seien. Er gab daher die geforderte Unter­las­sungs­er­klärung nicht ab. Daraufhin verfolgte der Mitbewerber seinen Unter­las­sungs­an­spruch im Wege einer einstweiligen Verfügung weiter.

Abgemahnter Rechtsanwalt hielt Vorgehen für rechts­miss­bräuchlich und damit unzulässig

Der abgemahnte Rechtsanwalt setzte sich gegen das Unter­las­sungs­be­gehren mit der Begründung zur Wehr, dass der Mitbewerber rechts­miss­bräuchlich handle. Denn er habe die Abmahnung aus sachfremden Gründen ausgesprochen. So habe eine unzulässige Mehrfachab­mahnung vorgelegen. Denn der Mitbewerber habe ihm gegenüber im April 2013 weitere Abmahnungen für identische Verstöße auf den Plattformen "McAdvo, "Foris" und "123recht" ausgesprochen. Dadurch sollten seine personellen und finanziellen Kräfte in unzulässiger Weise gebunden werden. Ohnehin habe der Mitbewerber eine Vielzahl von Abmahnungen ausgesprochen. Er habe damit ausschließlich finanzielle Interessen verfolgt. Zudem sei es ihm um eine gewisse Medien­be­kanntheit gegangen. Dies belegen von ihm geführte Interviews mit der Presse.

Landgericht bejahte Unter­las­sungs­an­spruch

Das Landgericht Stuttgart bejahte einen Unter­las­sungs­an­spruch nach § 8 UWG und erließ daher die einstweilige Verfügung. Denn der abgemahnte Rechtsanwalt habe gegen § 5 TMG und damit gegen eine Markt­ver­hal­tensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG verstoßen. So habe er weder angegeben von welchem Staat ihm die Berufs­be­zeichnung "Rechtsanwalt" verliehen wurde, noch welche berufs­recht­lichen Regelungen gelten und wie diese zugänglich sind. Dies habe einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 5 b und c TMG begründet.

Kein Rechts­miss­brauch durch Mitbewerber

Der Mitbewerber habe zudem nach Ansicht des Landgerichts nicht rechts­miss­bräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG gehandelt. Denn er habe sich bei seiner Abmahnung nicht von sachfremden Motiven leiten lassen. Dies habe sich zunächst nicht daraus ergeben, dass er gegenüber mehreren Anwälten Abmahnungen ausgesprochen hatte. Denn werden zahlreiche Wettbe­wer­bs­verstöße begangen, rechtfertige dies grundsätzlich auch zahlreiche Abmahnungen.

Auch der Umstand, dass der Mitbewerber sich gegenüber Medien äußerte, sei unbedenklich gewesen. Denn es sei im öffentlichen Interesse, dass Medien über Wettbe­wer­bs­verstöße berichten. Dies gelte vor allem dann, wenn sie von Rechtsanwälten begangen werden. So können die Verstöße effektiv verfolgt und unterbunden werden.

Der Mitbewerber habe darüber hinaus nicht überwiegend finanzielle Interessen verfolgt. Dafür habe bereits der Umstand gesprochen, dass er bis auf einen Fall nicht die Zahlung der Abmahnkosten verlangte. Die Geltendmachung seines Unter­las­sungs­be­gehrens im gerichtlichen Verfahren und der damit verbundenen etwaigen Kostenlast seines Gegners könne ihm nicht angelastet werden.

Außerdem sei dem Mitbewerber keine rechts­miss­bräuchliche Mehrfach­ver­folgung gleichartiger Wettbe­wer­bs­verstöße anzulasten gewesen. Denn die ausgesprochenen Abmahnungen gegenüber dem Rechtsanwalt haben unter­schiedliche veröffentlichte Beiträge auf unter­schied­lichen Internet-Portalen betroffen. Dies rechtfertige ein jeweiliges rechtliches Vorgehen gegen jeden einzelnen Verstoß. Im Übrigen sei zu berücksichtigen gewesen, dass bei Rechtsanwälten ausgeschlossen werden kann, dass der Erhalt von drei bis vier Abmahnungen, dessen personelle und finanzielle Kapazitäten in gewichtigem Umfang beeinträchtigen.

Anwendbarkeit des TMG auf abgemahnten Rechtsanwalt

Das TMG sei nach Auffassung des Landgerichts auf den abgemahnten Rechtsanwalt anwendbar gewesen. Denn er sei Dienstanbieter im Sinne des Gesetzes gewesen. Denn bei Internet-Portalen sei nicht nur der Platt­form­be­treiber, sondern auch der einzelne Anbieter Dienstanbieter, wenn er eine eigene Veröf­fent­lichung ins Portal stellt, selbst über den Inhalt und das Bereithalten des Dienstes bestimmen kann sowie das Unterangebot für einen Dritten als eigenständiger Auftritt des Anbieters darstellt. Dies sei neben dem vorliegenden Portal auch bei folgenden Plattformen der Fall:

- "car TV" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.12.2012 - I-20 U 147/11 -)

- "facebook" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.08.2013 - I-20 U 75/13 -)

- "mobile.de (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2007 - I-20 U 17/07 -)

- "eBay" (OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.04.2006 - 4 U 119/04 -)

Angebot auf Plattform war geschäftsmäßig

Aus Sicht des Landgerichts sei das Angebot des abgemahnten Rechtsanwalts geschäftsmäßig gewesen. Nicht erforderlich sei ein entgeltliches Anbieten von Leistungen. Vielmehr genüge bereits die bloße Werbung oder die Nutzung der Plattform als Einstiegsmedium für später entgeltliche Leistungen. Beides sei hier der Fall gewesen.

Unzureichende Erreichbarkeit des Impressums durch Link

Zwar sei das Impressum des Rechtsanwalts durch einen Link, welcher auf die Internetseite seiner Partner­ge­sell­schaft verwies, erreichbar gewesen, so das Landgericht weiter. Dies sei aber nicht leicht erkennbar gewesen. Denn der Link sei nicht mit dem Begriff "Kontakt" oder "Impressum" versehen worden. Dies werde aber vorausgesetzt (BGH, Urt. v. 20.07.2006 - I ZR 228/03 -).

Quelle: Landgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

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