Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2014 erhielt ein Rechtsanwalt von einem Mitbewerber eine Abmahnung. Der Mitbewerber beanstandete darin, dass der Rechtsanwalt auf der Internet-Plattform "kanzlei-seiten.de" kein den Anforderungen des § 5 TMG genügendes Impressum unterhielt. Der abgemahnte Rechtsanwalt war sich jedoch keiner Schuld bewusst. Abgesehen davon, dass nicht er, sondern der Plattformbetreiber für die Seite verantwortlich sei, wies der Rechtsanwalt darauf, dass alle erforderlichen Angaben über ein Link zu erreichen gewesen seien. Er gab daher die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab. Daraufhin verfolgte der Mitbewerber seinen Unterlassungsanspruch im Wege einer einstweiligen Verfügung weiter.
Der abgemahnte Rechtsanwalt setzte sich gegen das Unterlassungsbegehren mit der Begründung zur Wehr, dass der Mitbewerber rechtsmissbräuchlich handle. Denn er habe die Abmahnung aus sachfremden Gründen ausgesprochen. So habe eine unzulässige Mehrfachabmahnung vorgelegen. Denn der Mitbewerber habe ihm gegenüber im April 2013 weitere Abmahnungen für identische Verstöße auf den Plattformen "McAdvo, "Foris" und "123recht" ausgesprochen. Dadurch sollten seine personellen und finanziellen Kräfte in unzulässiger Weise gebunden werden. Ohnehin habe der Mitbewerber eine Vielzahl von Abmahnungen ausgesprochen. Er habe damit ausschließlich finanzielle Interessen verfolgt. Zudem sei es ihm um eine gewisse Medienbekanntheit gegangen. Dies belegen von ihm geführte Interviews mit der Presse.
Das Landgericht Stuttgart bejahte einen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG und erließ daher die einstweilige Verfügung. Denn der abgemahnte Rechtsanwalt habe gegen § 5 TMG und damit gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG verstoßen. So habe er weder angegeben von welchem Staat ihm die Berufsbezeichnung "Rechtsanwalt" verliehen wurde, noch welche berufsrechtlichen Regelungen gelten und wie diese zugänglich sind. Dies habe einen Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 5 b und c TMG begründet.
Der Mitbewerber habe zudem nach Ansicht des Landgerichts nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG gehandelt. Denn er habe sich bei seiner Abmahnung nicht von sachfremden Motiven leiten lassen. Dies habe sich zunächst nicht daraus ergeben, dass er gegenüber mehreren Anwälten Abmahnungen ausgesprochen hatte. Denn werden zahlreiche Wettbewerbsverstöße begangen, rechtfertige dies grundsätzlich auch zahlreiche Abmahnungen.
Auch der Umstand, dass der Mitbewerber sich gegenüber Medien äußerte, sei unbedenklich gewesen. Denn es sei im öffentlichen Interesse, dass Medien über Wettbewerbsverstöße berichten. Dies gelte vor allem dann, wenn sie von Rechtsanwälten begangen werden. So können die Verstöße effektiv verfolgt und unterbunden werden.
Der Mitbewerber habe darüber hinaus nicht überwiegend finanzielle Interessen verfolgt. Dafür habe bereits der Umstand gesprochen, dass er bis auf einen Fall nicht die Zahlung der Abmahnkosten verlangte. Die Geltendmachung seines Unterlassungsbegehrens im gerichtlichen Verfahren und der damit verbundenen etwaigen Kostenlast seines Gegners könne ihm nicht angelastet werden.
Außerdem sei dem Mitbewerber keine rechtsmissbräuchliche Mehrfachverfolgung gleichartiger Wettbewerbsverstöße anzulasten gewesen. Denn die ausgesprochenen Abmahnungen gegenüber dem Rechtsanwalt haben unterschiedliche veröffentlichte Beiträge auf unterschiedlichen Internet-Portalen betroffen. Dies rechtfertige ein jeweiliges rechtliches Vorgehen gegen jeden einzelnen Verstoß. Im Übrigen sei zu berücksichtigen gewesen, dass bei Rechtsanwälten ausgeschlossen werden kann, dass der Erhalt von drei bis vier Abmahnungen, dessen personelle und finanzielle Kapazitäten in gewichtigem Umfang beeinträchtigen.
Das TMG sei nach Auffassung des Landgerichts auf den abgemahnten Rechtsanwalt anwendbar gewesen. Denn er sei Dienstanbieter im Sinne des Gesetzes gewesen. Denn bei Internet-Portalen sei nicht nur der Plattformbetreiber, sondern auch der einzelne Anbieter Dienstanbieter, wenn er eine eigene Veröffentlichung ins Portal stellt, selbst über den Inhalt und das Bereithalten des Dienstes bestimmen kann sowie das Unterangebot für einen Dritten als eigenständiger Auftritt des Anbieters darstellt. Dies sei neben dem vorliegenden Portal auch bei folgenden Plattformen der Fall:
- "car TV" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.12.2012 - I-20 U 147/11 -)
- "facebook" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.08.2013 - I-20 U 75/13 -)
- "mobile.de (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2007 - I-20 U 17/07 -)
- "eBay" (OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.04.2006 - 4 U 119/04 -)
Aus Sicht des Landgerichts sei das Angebot des abgemahnten Rechtsanwalts geschäftsmäßig gewesen. Nicht erforderlich sei ein entgeltliches Anbieten von Leistungen. Vielmehr genüge bereits die bloße Werbung oder die Nutzung der Plattform als Einstiegsmedium für später entgeltliche Leistungen. Beides sei hier der Fall gewesen.
Zwar sei das Impressum des Rechtsanwalts durch einen Link, welcher auf die Internetseite seiner Partnergesellschaft verwies, erreichbar gewesen, so das Landgericht weiter. Dies sei aber nicht leicht erkennbar gewesen. Denn der Link sei nicht mit dem Begriff "Kontakt" oder "Impressum" versehen worden. Dies werde aber vorausgesetzt (BGH, Urt. v. 20.07.2006 - I ZR 228/03 -).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.06.2014
Quelle: Landgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)