21.11.2024
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Landgericht Stuttgart Urteil07.08.2014

Kanzleiauftritt bei foris.de: Bei fehlender Eigen­stän­digkeit eines Inter­ne­t­auf­tritts sowie bei bloßer Angabe von neutralen Standard­informationen zur anwaltlichen Tätigkeit besteht keine Impres­s­ums­pflicht nach § 5 TMGPortalbetreiber ist Diensteanbieter und daher impres­s­ums­pflichtig

Vermittelt ein Platt­form­be­treiber den Eindruck, dass der Kanzleiauftritt eines Rechtsanwalts eine Informations­dienstleistung seitens des Platt­form­be­treibers ist, so fehlt es an der Eigen­stän­digkeit des Kanzlei­auf­tritts. Dies werde zudem dadurch unterstützt, wenn der Auftritt nicht werbend ist, sondern lediglich neutrale Standard­informationen zur anwaltlichen Tätigkeit enthält. In diesem Fall ist nicht der Rechtsanwalt, sondern der Platt­form­be­treiber ein Diensteanbieter im Sinne des Teleme­di­en­ge­setzes und daher impres­s­ums­pflichtig. Dies hat das Landgericht Stuttgart entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt betrieb auf der Internetseite foris.de ein Kanzleiauftritt. Da er in diesem Zusammenhang kein Impressum angab, wurde er von einem Mitbewerber im April 2014 abgemahnt und später auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Rechtsanwalt gab an, er habe nicht gegen die Impres­s­ums­pflicht verstoßen. Denn sein Auftritt sei nicht über eine schlichte "Web-Visitenkarte" hinausgegangen. Zudem habe er nur in begrenzten Umfang auf die Gestaltung des Auftritts einen Einfluss gehabt. Der Fall kam schließlich vor Gericht.

Kein Anspruch auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen Impres­s­ums­pflicht

Das Landgericht Stuttgart entschied gegen den Mitbewerber. Ihm habe kein Anspruch auf Unterlassung nach § 8 Abs. 1 UWG zugestanden. Denn der Rechtsanwalt habe durch seinen Auftritt auf der Internetplattform nicht gegen die Impres­s­ums­pflicht aus § 5 TMG verstoßen.

Platt­form­be­treiberin war Diensteanbieter und daher impres­s­ums­pflichtig

Die Impres­s­ums­pflicht treffe nur denjenigen, so das Landgericht, der eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Dies sei hier die Betreiberin der Plattform gewesen. Diese habe einen Kommunikations- und Infor­ma­ti­o­ns­dienst bereitgehalten. Folglich sei sie Diens­tean­bieterin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 TMG und daher impres­s­ums­pflichtig gewesen.

Keine Impres­s­ums­pflicht aufgrund Eigen­stän­digkeit des Kanzlei­auf­tritts

Zwar könne nach Auffassung des Landgerichts auch der Betreiber eines einzelnen Auftritts auf einer Plattform ein Diensteanbieter sein. Dies setzte aber voraus, dass er selbst über den Inhalt und das Bereithalten der Veröf­fent­lichung bestimmen kann und sich sein Auftritt für einen Dritten als eigenständiger Auftritt darstellt. Die Veröf­fent­lichung müsse sich für den Nutzer der Plattform erkennbar vom Rest der Webseite abheben. Dies sei in folgenden Fällen angenommen worden:

- "carTV" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.12.2012 - I-20 U 147/11 -)

- "facebook" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.08.2013 - I-20 U 75/13 -)

- "mobile.de" (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2007 - I-20 U 17/07 -)

- "ebay" (OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.04.2006 - 4 U 119/04 -, OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.05.2006 - 1 W 29/06 - und OLG Brandenburg, Urt. v. 13.06.2006 - 6 U 121/05 -)

Ein solcher Fall habe hier aber nicht vorgelegen.

Kanzleiauftritt fehlte es an Eigen­stän­digkeit

Dem Kanzleiauftritt des Rechtsanwalts habe es nach Ansicht des Landgerichts an Eigen­stän­digkeit gefehlt. Er habe sich vielmehr für einen außenstehenden Dritten als unselbständiger Teil des Infor­ma­ti­o­ns­dienstes der Platt­form­be­treiberin dargestellt. Es sei der Eindruck entstanden, dass das Anwalts­ver­zeichnis Teil des umfassenden Leistungspakets der Platt­form­be­treiberin war. Zudem seien ausschließlich neutrale Standa­r­d­in­for­ma­tionen zur anwaltlichen Tätigkeit des Rechtsanwalts angegeben worden. Diese seien in einer schlichten Liste in der Art eines neutralen Verzeichnisses aufgeführt worden. Der Rechtsanwalt habe seine Kanzlei daher nicht werbend darstellen wollen. Die Angabe des Kanzleilogos und des Fotos des Anwalts sei dabei unerheblich gewesen, da diese lediglich eine zusätzliche sachliche Information dargestellt haben.

Quelle: Landgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

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