Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen verschickte über eine Anwaltskanzlei zwischen dem 8. und 16. August 2012 mindestens 199 Abmahnungen wegen angeblicher Verstöße der Impressumspflicht im Rahmen von Facebook. Nachdem einer der Abgemahnten auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen wurde und sich weigerte dem Begehren nachzukommen, musste sich das Oberlandesgericht Köln mit dem Fall beschäftigen.
Das Oberlandesgericht Köln entschied, dass die Unterlassungsklage wegen missbräuchlichen Verhaltens des klägerischen Unternehmens als unzulässig abzuweisen war. Denn nach § 8 Abs. 4 UWG sei die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist.
Von einem missbräuchlichen Verhalten könne insbesondere gesprochen werden, so das Oberlandesgericht weiter, wenn die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung oder Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen entstehen zu lassen.
Ein Indiz für ein solch missbräuchliches Verhalten liege nach Einschätzung des Oberlandesgerichts nicht schon in einer umfangreichen Abmahntätigkeit. Vielmehr sei eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. So könne ein Missbrauch dann angenommen werden, wenn die Abmahntätigkeit sich verselbständigt, also in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung der Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen kann. Dies könne vor allem angenommen werden, wenn es sich um geringfügige bzw. leicht zu ermittelnde Verstöße handelt, wenn der Mitbewerber, obwohl er finanziell schwach ist, Abmahnungen ausspricht oder trotz umfangreicher Abmahntätigkeit in keinem Fall den Anspruch gerichtlich durchzusetzen versucht.
Davon ausgehend vertrat das Oberlandesgericht die Ansicht, dass der Kläger rechtsmissbräuchlich gehandelt habe. Dabei berücksichtigte das Gericht insbesondere, dass der Kläger, obwohl er finanziell schwach war, Abmahnungen in großer Zahl aussprach. So habe das Stammkapital des Klägers 25.000 € ausgewiesen. Zudem habe er bis zu den Abmahnungen einen Gewinn von 41.000 € erzielt. Demgegenüber haben für die Abmahnungen Rechtsanwaltskosten von etwa 53.000 € (199 x 265,70 €) gestanden. Dies habe schon für sich genommen auf einen Rechtsmissbrauch geschlossen. Hinzu sei aber noch das Prozesskostenrisiko gekommen. Dieses Risiko sei für eine einzige Unterlassungsklage mit mindestens 1.250 € zu bewerten gewesen. Bei fast 200 Verfahren wären dies 250.000 € gewesen.
Darüber hinaus haben noch weitere Umstände für das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs gesprochen, so das Oberlandesgericht. So wurden, bis auf eine, keine Unterlassungsansprüche gerichtlich geltend gemacht, es wurde innerhalb eines kurzen Zeitraums eine erhebliche Anzahl von Abmahnungen verschickt und bei den Wettbewerbsverstößen habe es sich lediglich um Formalverstöße gehandelt. Zudem habe der Einsatz einer Software zum massenhaften Durchsuchen von Facebookseiten auf einen Rechtsmissbrauch hingedeutet.
Die Klage auf Zahlung der Abmahnkosten sei zwar nach Auffassung des Oberlandesgerichts zulässig gewesen. Ein Anspruch darauf habe aber angesichts des Rechtsmissbrauchs dennoch nicht bestanden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.12.2013
Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (vt/rb)