21.11.2024
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Dokument-Nr. 17359

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Urteil03.12.2013Oberlandesgericht Nürnberg3 U 348/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2014, 202Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2014, Seite: 202
  • K&R 2014, 123Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2014, Seite: 123
  • MMR 2014, 257Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 257
  • ZUM 2014, 589Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht (ZUM), Jahrgang: 2014, Seite: 589
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Vorinstanz:
  • Landgericht Regensburg, Urteil31.01.2013, 1 HK O 1884/12
ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Nürnberg Urteil03.12.2013

199 Abmahnungen wegen angeblicher Wettbe­wer­bs­verstöße in 8 Tagen: Klage auf Unterlassung und Zahlung von Abmahnkosten wegen Rechts­miss­brauchs unzulässig bzw. unbegründetZweck der Abmahnungen war vorwiegend Erhalt von Erstattungs­ansprüchen

Wer 199 Abmahnungen wegen angeblicher Wettbe­wer­bs­verstöße innerhalb von 8 Tagen verschickt, muss damit rechnen, dass seine Klage auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten wegen missbräuch­lichen Verhaltens als unzulässig bzw. unbegründet abgewiesen wird. Denn es ist anzunehmen, dass die Abmahnungen nur dem Erhalt von Erstattungs­ansprüchen dienen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts Nürnberg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen verschickte über eine Anwaltskanzlei zwischen dem 8. und 16. August 2012 mindestens 199 Abmahnungen wegen angeblicher Verstöße der Impres­s­ums­pflicht im Rahmen von Facebook. Nachdem einer der Abgemahnten auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch genommen wurde und sich weigerte dem Begehren nachzukommen, musste sich das Oberlan­des­gericht Köln mit dem Fall beschäftigen.

Abweisung der Unter­las­sungsklage

Das Oberlan­des­gericht Köln entschied, dass die Unter­las­sungsklage wegen missbräuch­lichen Verhaltens des klägerischen Unternehmens als unzulässig abzuweisen war. Denn nach § 8 Abs. 4 UWG sei die Geltendmachung eines Unter­las­sungs­an­spruchs unzulässig, wenn sie unter Berück­sich­tigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist.

Erhalt von Erstat­tungs­ansprüchen begründet missbräuch­liches Verhalten

Von einem missbräuch­lichen Verhalten könne insbesondere gesprochen werden, so das Oberlan­des­gericht weiter, wenn die Geltendmachung des Unter­las­sungs­an­spruchs vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwider­han­delnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechts­ver­folgung oder Ansprüche auf Zahlung von Vertragsstrafen entstehen zu lassen.

Gesamtwürdigung aller Einzel­fa­l­lum­stände erforderlich

Ein Indiz für ein solch missbräuch­liches Verhalten liege nach Einschätzung des Oberlan­des­ge­richts nicht schon in einer umfangreichen Abmahntätigkeit. Vielmehr sei eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. So könne ein Missbrauch dann angenommen werden, wenn die Abmahntätigkeit sich verselbständigt, also in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung der Wettbe­wer­bs­verstöße kein nennenswertes wirtschaft­liches Interesse außer dem Gebüh­ren­er­zie­lungs­in­teresse bestehen kann. Dies könne vor allem angenommen werden, wenn es sich um geringfügige bzw. leicht zu ermittelnde Verstöße handelt, wenn der Mitbewerber, obwohl er finanziell schwach ist, Abmahnungen ausspricht oder trotz umfangreicher Abmahntätigkeit in keinem Fall den Anspruch gerichtlich durchzusetzen versucht.

Kläger handelte wegen Abmahnwelle missbräuchlich

Davon ausgehend vertrat das Oberlan­des­gericht die Ansicht, dass der Kläger rechts­miss­bräuchlich gehandelt habe. Dabei berücksichtigte das Gericht insbesondere, dass der Kläger, obwohl er finanziell schwach war, Abmahnungen in großer Zahl aussprach. So habe das Stammkapital des Klägers 25.000 € ausgewiesen. Zudem habe er bis zu den Abmahnungen einen Gewinn von 41.000 € erzielt. Demgegenüber haben für die Abmahnungen Rechts­an­walts­kosten von etwa 53.000 € (199 x 265,70 €) gestanden. Dies habe schon für sich genommen auf einen Rechtsmissbrauch geschlossen. Hinzu sei aber noch das Prozess­kos­ten­risiko gekommen. Dieses Risiko sei für eine einzige Unter­las­sungsklage mit mindestens 1.250 € zu bewerten gewesen. Bei fast 200 Verfahren wären dies 250.000 € gewesen.

Weitere Umstände sprachen für Vorliegen eines Rechts­miss­brauchs

Darüber hinaus haben noch weitere Umstände für das Vorliegen eines Rechts­miss­brauchs gesprochen, so das Oberlan­des­gericht. So wurden, bis auf eine, keine Unter­las­sungs­ansprüche gerichtlich geltend gemacht, es wurde innerhalb eines kurzen Zeitraums eine erhebliche Anzahl von Abmahnungen verschickt und bei den Wettbe­wer­bs­ver­stößen habe es sich lediglich um Formalverstöße gehandelt. Zudem habe der Einsatz einer Software zum massenhaften Durchsuchen von Facebookseiten auf einen Rechts­miss­brauch hingedeutet.

Kein Anspruch auf Abmahnkosten

Die Klage auf Zahlung der Abmahnkosten sei zwar nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts zulässig gewesen. Ein Anspruch darauf habe aber angesichts des Rechts­miss­brauchs dennoch nicht bestanden.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, ra-online (vt/rb)

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