18.10.2024
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Sie sehen verschiedene Szenen aus der Wirtschaftswelt und ein zentrales Paragrafenzeichen.

Dokument-Nr. 12731

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Urteil06.04.2000BundesgerichtshofI ZR 75/98, I ZR 76/98, I ZR 67/98 und I ZR 114/98
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 144, 165Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 144, Seite: 165
  • GRUR 2000, 1089Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2000, Seite: 1089
  • MDR 2001, 227Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2001, Seite: 227
  • NJW 2000, 3566Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2000, Seite: 3566
  • WM 2000, 2197Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2000, Seite: 2197
  • WRP 2000, 1269Zeitschrift: Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP), Jahrgang: 2000, Seite: 1269
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil06.04.2000

BGH zur Zulässigkeit der Mehrfach­ver­folgung bei Wettbewerbs­verstößenGericht weist Wettbe­wer­bs­klagen von Media-Markt/Saturn-Gesellschaften als rechts­miss­bräuchlich ab

Der Bundes­ge­richtshof hat es in Auseinander­setzungen der zum Metro-Konzern gehörenden Media- und Saturn-Märkte mit Konkurrenten als rechts­miss­bräuchlich angesehen, dass mehrere Gesellschaften desselben Konzerns wegen desselben Wettbewerbs­verstoßes eines Mitbewerbers mehrere Prozesse anstrengen.

In den zugrunde liegenden Fällen handelt es sich um vier Entscheidungen, die auch für eine Fülle anderer beim Bundes­ge­richtshofs und bei den Insta­nz­ge­richten anhängigen Verfahren bedeutsam sein können, in denen sich die Frage des Rechts­miss­brauchs ebenfalls stellt.

BGH erklärt Mehrfach­ver­folgung für rechts­miss­bräuchlich

In zwei der entschiedenen Fälle ging es um die bundesweite Werbung eines Konkurrenten für einen Computer, der auf der Abbildung erkennbar mit einem CD-ROM-Laufwerk ausgestattet war, das aber im aufgedruckten Preis noch nicht enthalten war. Dies hatte 14 Gesellschaften des Media-Markt/Saturn-Konzerns, die – neben dem örtlichen Prozess­be­voll­mäch­tigten – alle vom selben Hamburger Rechtsanwalt vertreten waren, dazu veranlasst, gegen den Konkurrenten nach erfolgloser Abmahnung jeweils am eigenen Firmensitz eine einstweilige Verfügung zu beantragen und nachfolgend 14 Haupt­sa­che­klagen zu erheben. In den beiden in Nürnberg anhängig gemachten Klagen eines Media-Marktes und einer Saturn-Gesellschaft hat der Bundes­ge­richtshof die Ansicht des Oberlan­des­ge­richts Nürnberg bestätigt, dass die Mehrfach­ver­folgung in diesem Fall rechts­miss­bräuchlich sei.

BGH weist Unter­las­sungs­klagen wegen missbräuch­lichen Vorgehens als unzulässig ab

Die beiden anderen entschiedenen Fälle betrafen die Werbung eines Bielefelder Compu­ter­händlers, der auf wettbe­wer­bs­widrige Weise für eine Neueröffnung eines Geschäfts geworben hatte. Hier war der Bielefelder Media-Markt getrennt gegen den Händler und gegen dessen Franchisegeber vorgegangen, und zwar gleichzeitig mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und mit der Hauptsacheklage. Auf entsprechende Weise war der zum selben Konzern gehörende und vom selben Hamburger Anwalt vertretene Bielefelder Saturn-Händler gegen den Computer-Händler und seinen Franchisegeber vorgegangen, so dass dieselbe Werbung in acht getrennten Verfahren zu beurteilen war. Anders als das Oberlan­des­gericht Hamm hat der Bundes­ge­richtshof auch hier ein missbräuch­liches Vorgehen bejaht und die Unter­las­sungs­klagen als unzulässig abgewiesen.

Klagebefugnis darf nicht missbraucht werden, um Gegner mit möglichst hohen Prozesskosten zu belasten

Maßgebend für die Annahme eines Rechts­miss­brauchs war in allen vier Fällen die Überlegung, dass die Klagebefugnis, die im Interesse einer effizienten Verfolgung von Wettbe­wer­bs­ver­stößen einer Vielzahl von Anspruchs­be­rech­tigten zusteht, nicht zur Verfolgung sachfremder Ziele, insbesondere nicht dazu missbraucht werden darf, den Gegner durch möglichst hohe Prozesskosten zu belasten. Anhaltspunkte hierfür können sich aus verschiedenen prozessualen Situationen ergeben: So kann es missbräuchlich sein, dass ein Anspruchs­be­rech­tigter ohne Not neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Haupt­sa­che­ver­fahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird und der Gegner dies als endgültige Regelung akzeptiert. Ein Missbrauch kann ferner naheliegen, wenn konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt vertreten werden, nicht gemeinsam klagen, sondern ohne vernünftigen Grund getrennte Verfahren anstrengen oder wenn mehrere für einen Verstoß verantwortliche Personen jeweils gesondert in Anspruch genommen werden, sodass sich die von der unterliegenden Partei zu tragenden Kosten nahezu verdoppeln.

Geltendmachen eines Unter­las­sungs­an­spruchs wäre auch durch gemeinsame Klage möglich gewesen

Sowohl in den Nürnberger als auch in den Bielefelder Fällen war auf diese Weise das Prozessrisiko für den Gegner unnötig vervielfacht worden. Hierauf hat der Bundes­ge­richtshof die Annahme eines missbräuch­lichen Vorgehens gestützt. Darüber hinaus hat in dem Nürnberger Verfahren auch das abgestimmte parallele Vorgehen durch 14 verschiedene Konzern­un­ter­nehmen eine Rolle gespielt. In derartigen Fällen ist zu fragen, ob es nicht ausgereicht hätte, dass ein Konzern­un­ter­nehmen ein gerichtliches Verbot erstreitet, aus dem bei Zuwider­hand­lungen auch im Interesse anderer Konzern­un­ter­nehmen hätte vollstreckt werden können. Doch auch wenn jedes Konzern­un­ter­nehmen den ihm an sich zustehenden Unterlassungsanspruch geltend machen wollte, wäre dies durch eine gemeinsame Klage möglich gewesen, für die jedenfalls am Sitz der Beklagten eine Zuständigkeit gegeben gewesen wäre.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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