21.11.2024
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Dokument-Nr. 16298

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Urteil18.12.2012Landgericht Bochum9 S 166/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2013, 264Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2013, Seite: 264
  • MMR 2013, 443Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2013, Seite: 443
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Bochum, Urteil14.08.2012, 65 C 227/11
ergänzende Informationen

Landgericht Bochum Urteil18.12.2012

Mängel am Fahrzeug berechtigten zum vorzeitigen Abbruch einer eBay-AuktionKaufvertrag kommt mit Höchstbietendem nicht zustande

Stellt sich nach dem Beginn einer Internetauktion heraus, dass das Fahrzeug über einen Mangel verfügt, so kann die Auktion vorzeitig abgebrochen werden. Ein Kaufvertrag kommt in diesem Fall nicht mit dem Höchstbietendem zustande. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Bochum hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Fahrzeug­be­sitzer stellte im Juli 2011 seine A-Klasse von Mercedes Benz (Wert: 4.200 €) zur Auktion mit einem Startpreis von 1 € bei eBay ein. Einen Tag später beendete der Verkäufer jedoch die Auktion, da sich ein Mangel am Fahrzeug zeigte. Die Zentra­l­ver­rie­gelung funktionierte plötzlich nicht mehr. Der zu dieser Zeit mit einem Euro Höchstbietende meinte, trotz vorzeitiger Beendigung der Auktion, dass ein Kaufvertrag zustanden gekommen sei und klagte auf Herausgabe des Autos.

Amtsgericht Bochum wies Klage ab

Das Amtsgericht Bochum wies die Klage ab. Denn nach § 10 der AGB von eBay komme ein Vertrag zwischen Anbieter und Bieter nicht zustande, wenn der Anbieter gesetzlich berechtigt war, das Angebot zurückzunehmen. Eine solche Berechtigung liege vor, wenn sich nach Auktionsbeginn ein Fehler zeigt, der den Käufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen würde. Denn zum einen müsse sich der Verkäufer nicht Gewähr­leis­tungs­ansprüchen mit für ihn nicht vorhersehbaren finanziellen Folgen aussetzen. Zum anderen habe auch der Käufer regelmäßig kein Interesse an einem Vertragsschluss, wenn weitere Mängel auftreten. Es sei daher inter­es­sens­gerecht, wenn der Anbieter die Auktion vorzeitig beenden kann. Gegen das Urteil legte der Höchstbietende Berufung ein.

Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugs bestand nicht

Das Landgericht Bochum entschied gegen den Höchstbietenden. Denn das Amtsgericht habe zu Recht einen Anspruch auf Übereignung des Fahrzeugs gemäß § 433 Abs. 1 BGB verneint. Ein Kaufvertrag sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Zwar habe der Anbieter durch das Einstellen des PKW in der Internetauktion ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags abgegeben (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.2001 - VIII ZR 13/01). Dieses Angebot habe er hingegen wirksam durch die vorzeitige Beendigung der Auktion zurückgenommen.

Grundsätzlich besteht Bindungswirkung an Angebot

Das Landgericht betonte zwar, dass grundsätzlich der Antragende an sein Angebot gebunden ist (§ 145 BGB). Dies gelte jedoch dann nicht, wenn das Verkaufsangebot unter dem Vorbehalt einer berechtigten Angebots­rü­cknahme steht. Ein Verstoß gegen die Bindungswirkung eines Angebots liege in einem solchen Fall nicht vor. Vielmehr sei es zulässig, dass der Antragende die Bindungswirkung ausschließen (§ 145 BGB) oder durch einen Wider­rufs­vor­behalt einschränken kann. Auf einen solchen Wider­rufs­vor­behalt habe sich der Anbieter berufen können.

Rücknahme des Angebots bei gesetzlicher Berechtigung

Nach § 10 Abs. 1 der AGB von eBay könne ein Anbieter sein Angebot zurücknehmen, so das Landgericht weiter, wenn er gesetzlich dazu berechtigt sei. Dies sei nicht als eine Verweisung auf die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung zu verstehen. Vielmehr begründen nach den Hinweisen von eBay auch der Verlust, die Beschädigung und die anderweitige nicht mehr Verfügbarkeit des Artikels die Angebots­be­en­digung. Für jeden Aukti­o­ns­teil­nehmer sei daher ersichtlich, dass das Verkaufsangebot aus einem dieser Gründe zurückgezogen werden kann und dass das Angebot unter diesem Vorbehalt steht (vgl. BGH, Urt. v. 08.06.2011 - VIII ZR 305/10 und AG Nürtingen, Urt. v. 16.01.2012 - 11 C 1881/11).

Recht zur Rücknahme auch bei Feststellung eines Mangels

Nach Auffassung des Landgerichts gelte das Rücknahmerecht auch dann, wenn sich nach Beginn der Auktion ein Mangel am Verkaufs­ge­genstand zeigt, den der Anbieter nicht zu verschulden hat (vgl. LG Bonn, Urt. v. 05.06.2012 - 18 O 314/11). Zwar ergebe sich dieses Recht nicht aus dem Wortlaut der Hinweise. Denn unter einer "Beschädigung" sei ein von außen kommendes Ereignis zu verstehen. Daher sei ein in dem zu verkaufenden Gegenstand liegender Mangel nicht davon erfasst. Eine solch enge Auslegung nimmt das Landgericht jedoch nicht vor. Denn ein durch­schnittlich, juristisch ungeschulter eBay-Nutzer unterscheide nicht zwischen einer Beschädigung von außen und einem anderen Defekt. Es komme ihn einzig und allein darauf an, ob der Gegenstand eine Verschlech­terung aufweist, die die Gebrauch­s­taug­lichkeit ausschließt oder zumindest einschränkt.

Besonderheiten einer Internetauktion waren zu berücksichtigen

Zudem dürfe nach Ansicht des Landgerichts nicht außer Betracht bleiben, dass bei einer Internetauktion die Besonderheit eines nicht unerheblichen zeitlichen Ausein­an­der­fallens zwischen Angebot und Annahme besteht. Diese Besonderheit mache es nötig, dass die Möglichkeiten zur wirksamen Beendigung einer Auktion großzügig auszulegen sind.

Mangel musste nicht erheblich sein

Das Landgericht führte schließlich aus, dass der zur Beendigung der Auktion berechtigende Mangel nicht eine gewisse Erheblichkeit aufweisen muss. Zwar könne der Systematik der Aufzählung in den eBay-Hinweisen entnommen werden, dass die Beschädigung mit dem Verlust bzw. der Nicht­ver­füg­barkeit des Gegenstands vergleichbar sein und somit eine gewisse Intensität aufweisen muss. Gegen das Merkmal der Erheblichkeit spreche aber, dass weder das Gewähr­leis­tungsrecht im Kaufrecht einen "erheblichen Mangel" erfordert, noch setzen die Hinweise bei eBay eine "erhebliche Beschädigung" voraus.

Erheblicher Mangel lag ohnehin vor

Es habe aus Sicht des Landgerichts ohnehin ein erheblicher Mangel vorgelegen. Denn die Zentra­l­ver­rie­gelung gehöre heutzutage nahezu zur Standa­rd­ausstattung und sei daher ein maßgeblicher Grund zur Kaufent­scheidung. Zudem wies die Artikel­be­schreibung auf das Vorhandensein einer Zentra­l­ver­rie­gelung gesondert hin. Der erhebliche Mangel werde darüber hinaus nicht dadurch unerheblich, dass er mit relativ geringem Kostenaufwand vom Anbieter selbst beseitigt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2008 - VIII ZR 166/07).

Quelle: Landgericht Bochum, ra-online (vt/rb)

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