21.11.2024
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Dokument-Nr. 8182

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Beschluss03.06.2009Oberlandesgericht Koblenz5 U 429/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2010, 49Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2010, Seite: 49
  • MDR 2009, 1412Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2009, Seite: 1412
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss03.06.2009

Ersteigerung eines Porsche für 5,50 Euro bei eBay nicht rechtmäßigKlage auf Schadensersatz bleibt erfolglos – Vorgehensweise ist rechts­miss­bräuchlich

Ein Käufer, der bei einer – vom Verkäufer nach kurzer Zeit abgebrochenen – Internetauktion ein hochwertiges Fahrzeug für 5,50 Euro ersteigert, das Fahrzeug dann jedoch nicht erhält, kann vom Verkäufer nicht ohne Weiteres Schadensersatz verlangen. Diesem Anspruch kann der Einwand des Rechts­miss­brauchs entgegenstehen. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Koblenz.

Der Beklagte aus Koblenz bot am 12. August 2008 über das Internet-Auktionshaus eBay einen am 16. April 2007 erstmals zugelassenen Porsche 911/997 Carrera 2 S Coupé, der einen Neuwert von mehr als 105.000,- Euro hatte, zu einem Mindestgebot von 1,- Euro zur Versteigerung an. Nach wenigen Minuten beendete der Beklagte, dem nach seinem Vorbringen bei der Einstellung des Angebots im Internet ein Fehler unterlaufen war, die Auktion vorzeitig. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger, ein Mann aus dem Raum Tübingen, ein Kaufangebot in Höhe von 5,50 Euro für das Fahrzeug abgegeben.

Landgericht Koblenz weist Klage auf Schadensersatz ab

Der Beklagte lehnte den Vollzug des Kaufvertrags zum Preis von 5,50 Euro ab und veräußerte das Fahrzeug anderweitig zu einem Preis von 73.450 Euro. Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 75.000,- Euro nebst Zinsen und vorge­richt­lichen Anwaltskosten verlangt; er hat den Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Auktion auf mindestens 75.005,50 Euro beziffert. Das Landgericht Koblenz hat die Klage durch Urteil vom 18. März 2009 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung des Urteils hat die Kammer ausgeführt, zwar sei der Beklagte dem Kläger grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet, weil er die Erfüllung des Kaufvertrags verweigert habe. Der Schaden­s­er­satz­an­spruch sei jedoch nicht durchsetzbar, weil ihm der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenstehe (§ 242 BGB).

Klage hat keine Aussicht auf Erfolg

Gegen das Urteil des Landgerichts hat der Kläger Berufung zum Oberlan­des­gericht Koblenz eingelegt. Der zuständige 5. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts hat den Kläger durch Beschluss darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg habe. Daraufhin hat der Kläger seine Berufung zurückgenommen. Das Urteil des Landgerichts Koblenz ist damit rechtskräftig.

Keine willkürliche Vorgehensweise des Beklagten

Das Gericht hat in seinem Beschluss die Auffassung des Landgerichts bestätigt, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten ein Kaufvertrag zustande gekommen ist und der Beklagte dadurch, dass er die Erfüllung des Kaufvertrags verweigert hat, dem Kläger grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet ist. Jedoch sei das Bestehen des Klägers auf der Durchführung des Vertrages und die Geltendmachung eines Schaden­s­er­satz­an­spruches im konkreten Einzelfall rechts­miss­bräuchlich im Sinne des § 242 BGB. Nach dieser Vorschrift ist der Schuldner verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben es mit Rücksicht auf die Verkehrssitte erfordern. Wie der Senat ausgeführt hat, muss die Annahme eines Rechts­miss­brauchs aus Gründen der Rechts­si­cherheit auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Ein solcher Ausnahmefall liege hier vor. Der Beklagte habe die Auktion bereits nach einem kurzen Zeitraum abgebrochen. Eine willkürliche Vorgehensweise des Beklagten bei einem gleichzeitig besonderen Schutzbedürfnis des Klägers sei nicht zu erkennen. Es sei auch nicht erkennbar, dass dem Beklagten ein Abbruch der Auktion möglich gewesen wäre, noch bevor ein Angebot abgegeben worden sei. Der Kaufpreis von 5,50 EUR bei einem vom Kläger selbst angegebenen Wert des Fahrzeuges von zumindest 75.005,50 EUR bewege sich nicht mehr im Bereich eines „Schnäppchens”, d.h. eines besonders günstigen aber doch noch im erwartbaren Rahmen liegenden Preises. Vielmehr liege für den verständigen Betrachter ein nur noch als extrem zu bezeichnendes Missverhältnis zwischen dem gebotenen Preis und dem Wert der Sache vor. Bei der Durchführung der Auktion über die gesamte Bietezeit wäre ein Erlös erzielt worden, der das Höchstgebot des Klägers von 5,50 EUR und auch sein Maximalgebot von 1.100,00 EUR bei weitem überschritten hätte. Dies zeige sich auch daran, dass der Beklagte das Fahrzeug sofort erneut eingestellt und zehn Tage später einen Erlös von 73.450,00 EUR erzielt habe. Der Kläger könne deshalb nach den Umständen des konkreten Einzelfalls keinen Schadensersatz vom Beklagten verlangen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 21.07.2009

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