18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 16382

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Bundesgerichtshof Urteil31.07.2013

BGH zur Unwirksamkeit von Klauseln zur Änderung des Gaspreises in Sonder­kunden­verträgenGasprei­s­än­de­rungs­klauselen müssen Anforderungen der EU-Richtlinien an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügen

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich unter anderem mit der Frage zu befassen, ob eine in Sonder­kunden­verträgen eines Gas­versorgungs­unternehmens enthaltene Preis­änderungs­klausel, die sich auf eine Inbezugnahme von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV* beschränkt, wirksam ist. Dabei hat der Bundes­ge­richtshof ein auf Vorlage ergangenes Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union umgesetzt.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger, die Verbrau­cher­zentrale Nordrhein-Westfalen e.V., verlangt von der Beklagten, einem Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen, die Rückzahlung von Gasprei­s­ent­gelten, die in der Zeit vom Januar 2003 bis Oktober 2005 auf Gaspreis­er­hö­hungen gezahlt worden sind. Dazu sind ihm die Rechte von 25 Kunden in den Gasver­trie­bs­re­gionen "Ost-Südwestfalen" und "Ruhr-Lippe" abgetreten worden. Im betreffenden Zeitraum erhöhte die Beklagte die Gaspreise insgesamt vier Mal. Die 25 Kunden bezahlten - zum Teil unter dem Vorbehalt der Rückforderung - die ihnen für das gelieferte Gas in Rechnung gestellten Entgelte einschließlich der Erhöhungs­beträge. Der Kläger hält die Gaspreis­er­hö­hungen für unwirksam und fordert die Beträge, die über den Ende 2002 von der Beklagten verlangten Preis hinausgehen, von der Beklagten zurück. Das Landgericht hat der auf Zahlung von insgesamt 16.128,63 Euro gerichteten Klage stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

BGH legt EuGH Fragen zur Auslegung bestimmter Vorschriften der Klausel- und der Gasrichtlinie vor

Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hatte zunächst mit Beschluss vom 9. Februar 2011 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zwei Fragen zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt. Hierbei ging es um die Auslegung bestimmter Vorschriften der Klausel- und der Gasrichtlinie. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 21. März 2013 entschieden, dass es für die Frage, ob eine Gasprei­s­än­de­rungs­klausel den Anforderungen der genannten Richtlinien an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügt, insbesondere darauf ankommt,

- ob der Anlass und der Modus der Änderung dieser Entgelte in dem Vertrag so transparent dargestellt werden, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann, und dass das Fehlen der betreffenden Information vor Vertrags­ab­schluss grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann, dass der Verbraucher während der Durchführung des Vertrags mit angemessener Frist im Voraus über die Änderung der Entgelte sowie über sein Recht unterrichtet wird, den Vertrag zu kündigen, wenn er diese Änderung nicht hinnehmen will, und

- ob von der dem Verbraucher eingeräumten Kündi­gungs­mög­lichkeit unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann.

Preis­an­pas­sungs­klauseln unwirksam

Der Bundes­ge­richtshof hat nunmehr unter Zugrundelegung dieser für die Gerichte der Mitgliedstaaten verbindlichen Auslegung entschieden, dass Preis­än­de­rungs­klauseln in Sonder­kun­den­ver­trägen, die sich darauf beschränken, das für Tarif­kun­den­ver­hältnisse vorgesehene Änderungsrecht des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV* in Bezug zu nehmen, diesen Anforderungen nicht genügen und deshalb unwirksam sind. Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

* § 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (in der bis zum 7. November 2006 geltenden Fassung): Art der Versorgung

Erläuterungen
(1) Das Gasver­sor­gungs­un­ter­nehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. [...]

(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

[...]

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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