Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Mitarbeiterin eines Altenheims nicht nur "3 bis 4" sondern 6 Maultaschen aus den Resten der am 21. April 2009 ausgegebenen Bewohnerverpflegung genommen und diese auch nicht etwa sofort verzehrt, sondern wollte diese vielmehr in einer Stofftasche verborgen mit nach Hause nehmen. Die Frau verstieß damit gegen eine Regelung, wonach Essensreste nicht vom Personal mitgenommen werden dürften. Am 30. April 2009 erhielt die Frau, die fristlose Kündigung. Hiergegen erhob sie eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Lörrach / Kammern Radolfzell.
Das Gericht wies ihre Kündigungsschutzklage ab. Nach Ansicht des Gerichts hat sie in das Eigentum des Arbeitgebers rechtswidrig eingegriffen und ohne entlastende Begründung gegen ein bestehendes Verbot des Arbeitgebers in seiner Einrichtung verstoßen. Dieses schriftlich bekannt gemachte generelle Verbot zur Verwendung von Resten der Bewohnerverpflegung war der Klägerin auch bekannt. Die pauschale und nicht näher belegte Behauptung der Klägerin, es sei gang und gäbe, dass MitarbeiterInnen Reste der Personalverpflegung verzehrten und das Küchenpersonal fordere sogar dazu auf, konnte nicht bewiesen werden. Gesondert hergerichtete Personalverpflegung zu einem Preis von 3,35 € hätte zur Verfügung gestanden, wäre sie von der Klägerin bestellt worden. Diese Art der Verpflegung wird durch Mitarbeiter auch genutzt.
Es handelt sich auch bei 6 Maultaschen noch um eine geringwertige Sache; der materielle Wert liegt zwischen 3,00 und 4,00 Euro. Dennoch bestimmt allein der Arbeitgeber darüber, wie mit seinem Eigentum verfahren wird und zwar selbst dann, wenn er die Reste der Entsorgung zuführt. Der einzelne Arbeitnehmer kann nicht seinen Willen nach Gutdünken und gegen ein bestehendes Verbot über denjenigen des Arbeitgebers stellen.
Zur Abweichung von der bisherigen, gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, Urteil v. 11.12.2003 - 2 AZR 36/03 -), das die rechtswidrige und vorsätzliche Verletzung des Eigentums oder Vermögens des Arbeitgebers auch dann, wenn die Sachen nur geringen Wert besitzen, als wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich für geeignet erachtet, bestand nach Ansicht der Kammer keine Veranlassung.
Die Umstände des vorliegenden Einzelfalles waren in Abwägung der Interessen beider Parteien nach Ansicht des entscheidenden Gerichts geeignet, die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Die lange Betriebszugehörigkeit der Klägerin und ihr Alter sowie die mit der Kündigung verbundene soziale Härte wurden ebenso gewürdigt wie der Vertrauensverlust auf Seiten des Arbeitgebers und die Präventivfunktion einer Kündigung. Die Klägerin ist tariflich ordentlich unkündbar, als milderes Mittel im Verhältnis zur außerordentlichen Kündigung erschien der Kammer eine Abmahnung nicht ausreichend. Das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung wurde höher eingestuft als das der Klägerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Dies unter anderem auch, weil die Kammer als erwiesen ansah, dass die Klägerin das bestehende Verbot kannte und wissen musste, dass ein Verstoß Konsequenzen auch ernster Art nach sich ziehen kann.
Die außerordentliche Kündigung vom 30. April 2009 ist somit wirksam.
Die Klägerin hat Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.10.2009
Quelle: ra-online, ArbG Lörrach