21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil02.06.2009

Kündigung bestätigt: Diebstahl geringer Einzelbeträge kann nicht als Bagatelle abgetan werdenAuch privater Ausnahmezustand rechtfertigt berechnend begangenen Diebstahl nicht

Dies entschied das Landes­a­r­beits­gericht Mecklenburg-Vorpommern. Die Richter bestätigten die Kündigung einer 43-jährigen allein­er­zie­henden Mutter zweier Kinder. Diese war als Hausarbeiterin in einer Berufsschule gekündigt worden, nachdem sie dabei beobachtet worden war, wie sie sechs Ein-Euro-Münzen aus der Tierspen­denkasse in der Schulcafeteria entnommen hatte. Sie gestand, bereits zweimal etwas aus der Spendenkasse entnommen zu haben, aber nicht mehr als sechs bis sieben Euro insgesamt.

Die Klägerin hatte sich jeweils nach Betriebsschluss mit ihrem General­sch­lüssel Zugang zu der Cafeteria verschafft. Vor Gericht begründete sie ihre Klage gegen die Kündigung damit, dass sie aus einer Notsituation heraus gehandelt habe, weil sie kein Geld mehr gehabt habe, um Brot zu kaufen.Die Richter gaben jedoch ihrem Arbeitgeber - der die Schule betreibenden Stadt - Recht.

Klägerin handelte berechnend

Sie führten aus, dass das Verhalten der Klägerin nicht als Bagatelle abgetan werden könne. Denn die Umstände ihres Falls zeigten ein berechnendes Element in ihrem Handeln. Dies ergebe sich schon aus der Anzahl der nachweisbaren Verstöße. Da sie keinen dienstlichen Anlass zum Aufenthalt in der Kantine gehabt habe, habe sie den ihr anvertrauten General­sch­lüssel dazu verwendet, sich vertragswidrig Zugang zu den Räumen zu verschaffen, um dort Bargeld oder andere Vermö­gens­ge­gen­stände zu suchen.

Angestellte des öffentlichen Dienstes müssen über Grundmaß an Anständigkeit und Rechtstreue verfügen

Die Tat habe auch in Zusammenhang mit dem Arbeits­ver­hältnis gestanden - auch wenn der Arbeitgeber durch die Tat nicht geschädigt worden sei. Denn die anderen Mitarbeiter müssten sich darauf verlassen können, dass von der Klägerin keine Gefahren für die eigenen eingebrachten Vermö­gens­ge­gen­stände ausgehen. Auch entlaste es sie nicht, dass das Geld, welches sie entwendete, in der Tierspen­denkasse offen gelagert worden war. Denn von ihr als Angehöriger des öffentlichen Dienstes könne und müsse erwartet werden, dass sie fremdes Vermögen respektiere, auch wenn es unvorsichtig zum freien und unbeobachteten Zugriff im Haus vorgefunden werde. Wenn dieses Grundmaß an Anständigkeit und Rechtstreue nicht gegeben sei, könne ihr auch kein Schlüssel mehr ausgehändigt werden.

Wirtschaftliche Not nur vorgeschoben - Klägerin hatte vergleichsweise gutes Einkommen

Die Richter bezeichneten die behauptete wirtschaftliche Not als vorgeschobenes Argument. Mit einem Bruttolohn von 2.056,15 Euro habe die behinderte Klägerin als Angehörige des öffentlichen Dienstes für ihre Tätigkeit ein anständiges Entgelt erhalten, das im Vergleich zu den Einkom­mens­mög­lich­keiten für ähnliche Tätigkeiten in der Privat­wirt­schaft in Mecklenburg-Vorpommern als "geradezu luxuriös" bezeichnet werden müsse. Auch habe sie nicht dargelegt, worin ihre vorgetragene Notlage konkret bestanden haben soll. Das berechnende Element in ihrem Handeln zeige schließlich, dass dieses Handeln nicht durch ihre privaten Probleme bedingt gewesen sei. Ein privater Ausnahmezustand könne eine Augenblickstat erklären, nicht aber ein berechnendes und zielgerichtetes Suchen nach Vermö­gens­ge­gen­ständen in Räumen, in denen die Klägerin nichts zu suchen hatte.

Quelle: ra-online (we)

der Leitsatz

Der Diebstahl von Bargeld durch den Arbeitnehmer in drei Fällen rechtfertigt an sich den Ausspruch einer Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses. Dass es sich um kleine Bargeldbeträge gehandelt hat (3 EUR, 4 EUR und 6 EUR) rechtfertigt eine andere Bewertung nicht. Selbst wenn man diese Beträge als geringwertig ansehen würde, ist die Kündigung hier gerechtfertigt, da der Arbeitnehmer den Diebstahl nur ausführen konnte, weil er sich mit dem ihm anvertrauten General­sch­lüssel Zugang zu dem Raum verschafft hat, in dem das Bargeld aufbewahrt war und in dem er keine dienstlichen Verrichtungen zu erledigen hatte. Für die Bewertung spielt es auch keine Rolle, dass nicht die Arbeitgeberin geschädigt wurde, sondern die Pächterin der Kantine bzw. der Tierschutz­verein zu dessen Gunsten in der Kantine das Spendenkörbchen aufgestellt war, aus dem das Bargeld entwendet wurde.

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