23.11.2024
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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Vergleich30.03.2010

Widerruflicher Vergleich im "Maultaschenfall"Maultaschen wären als Abfall entsorgt worden

Die Altenpflegerin aus einer Klinik in Konstanz, die wegen des "Diebstahls" von sechs Maultaschen ihren Job verlor, hat vor dem Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg mit ihrem Arbeitgeber einen Vergleich geschlossen. Sie erhält eine Abfindung und eine Gehalts­nach­zahlung.

Die Arbeitsgerichte aller Instanzen sind nach dem Arbeits­ge­richts­gesetz gehalten, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Dazu hat die Kammer des Landes­a­r­beits­ge­richts den Parteien einen Vorschlag unterbreitet, der vorsieht, dass das Arbeits­ver­hältnis einvernehmlich erst am 31. Dezember 2009 - was der Frist für eine ordentliche Kündigung entspricht - geendet hat und die Klägerin zudem eine Abfindung in der üblichen Größenordnung (wie § 1 a KSchG) erhält.

Rechtmäßigkeit der außer­or­dent­lichen Kündigung nicht eindeutig

Für das Gericht war für diesen Vergleichs­vor­schlag maßgeblich, dass die Frage der Berechtigung der außer­or­dent­lichen fristlosen Kündigung wegen des Diebstahls von Maultaschen nicht eindeutig war. Zwar ist der Diebstahl auch von geringwertigen Sachen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts grundsätzlich ein Grund, der für eine fristlose Kündigung herangezogen werden kann. Der Wert der Sache spielt zunächst keine Rolle. Das Gesetz (§ 626 BGB) verlangt aber darüber hinaus, dass das Gericht die Umstände des konkreten Einzelfalls umfassend würdigt. Die Entscheidung über die Berechtigung einer fristlosen Kündigung ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls.

Fall hatte besondere Umstände, die Rechtmäßigkeit der außer­or­dent­lichen Kündigung fraglich erscheinen lassen

Im „Maultaschenfall“ gab es besondere Umstände, die trotz des unbestrittenen Diebstahls der Maultaschen durch die Klägerin eine fristlose Kündigung nicht ohne weiteres gerechtfertigt erscheinen lassen. Neben der langen Betrie­bs­zu­ge­hö­rigkeit und dem Lebensalter der Klägerin war das die Tatsache, dass bei der beklagten Arbeitgeberin das übrig gebliebene Essen - auch die gestohlenen Maultaschen - als Abfall entsorgt wird, zu beachten. Der beklagten Arbeitgeberin ist durch den Diebstahl kein messbarer Schaden entstanden. Das ist auch nach der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts (Beschluss vom 16. Dezember 2004 - 2 ABR 7/04) ein Umstand, der in der Inter­es­se­n­ab­wägung zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ist. Das bedeutet nicht, dass ein solches Verhalten erlaubt ist. Es ist aber nicht „automatisch“ ein Grund für eine fristlose Kündigung.

Für den Fall, dass die Beklagte den Vergleich widerrufen sollte, ist Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 3. Mai 2010, 12.00 Uhr bestimmt.

Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

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