Im vorliegenden Fall forderte ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Abänderung der Schlussformel in seinem Arbeitszeugnis. Der nach Meinung des Klägers zu kurze Satz "Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute" sollte umgeändert werden in "Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute". In seiner Klagebegründung erklärte der ehemalige Marktleiter eines Baumarktes, er habe Anspruch auf eine vollständige Schlussformulierung im Zeugnistext, da eine fehlende oder unzureichende "Wunschformel" regelmäßig ein besonders gutes Zeugnis entwerte. Aus dem vollständigen oder teilweisen Fehlen von Schlussformulierungen im Arbeitszeugnis zögen viele potentielle Arbeitgeber regelmäßig negative Schlüsse. Jedenfalls aber entwerte der vorliegend knapp formulierte Schlusssatz deutlich die aus dem übrigen Zeugnistext zuvor hervorgehende gute Leistungs- und Führungsbeurteilung seiner Person.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg erkannte jedoch keinen rechtlichen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer positiven Schlussformel. Zur Entscheidungsbegründung führte das Gericht aus, dass ein Arbeitnehmer, sobald er mit dem ihm erteilten Zeugnis unzufrieden sei, vom Arbeitgeber gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen könne. Mit einer solchen Klage mache er jedoch weiterhin die Erfüllung seines Zeugnisanspruchs geltend und keinen dem Gesetz fremden Berichtigungsanspruch (BAG vom 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03). Entspreche das dem Arbeitnehmer ausgestellte Zeugnis nach Form und Inhalt nicht den gesetzlichen Anforderungen, so sei der Arbeitgeber verpflichtet, ein neues Zeugnis zu erteilen (BAG vom 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04).
Der Anspruch an ein korrektes Zeugnis sei die allgemeine Verständlichkeit. In diesem Rahmen sei der Arbeitgeber jedoch frei in seiner Formulierung. Als "falsch" gelte ein Zeugnis erst dann, wenn es Merkmale enthalte, die den Zweck hätten, den Arbeitnehmer in einer nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen oder aus denen eine Distanzierung des Arbeitgebers vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung hervorgehe und damit eine Abwertung des Zeugnisinhalts vorgenommen werde. Ein unzulässiges Geheimzeichen könne auch im Auslassen eines an sich erwarteten Zeugnisinhalts bestehen (BAG vom 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00). Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu unzulässigem Auslassen, dem sogenannten "beredten Schweigen", betreffe den gesetzlich geschuldeten Zeugnisinhalt, also die Leistungs- und Führungsbeurteilung des Arbeitnehmers. Diese Rechtsprechung sei jedoch auf das Fehlen von Schlussformulierungen nicht zu übertragen. Da in der vorliegenden Schlussformel lediglich eine Höflichkeitsbekundung zu sehen sei, könne der Kläger eine Korrektur dieses Teils des Zeugnisses nicht einfordern.
Wie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 03.11.2010 (Az: 12 Sa 974/10) zu Recht ausführe, sei Höflichkeit neben anderen Werten wie Disziplin, Pünktlichkeit und Rücksichtnahme ein kultureller Wert und manifestiere sich in freundlicher Konzilianz. Eine freundliche Schlussformel sei mithin, sofern kein Bezug zum privaten und/oder beruflichen Werdegang erfolge, nicht die Kundgabe wirklicher oder vorgeblicher Empfindungen, sondern wahre, anders als eine Leistungsbewertung oder Verhaltensbewertung nach einer Zufriedenheitsskala, nur allgemeine Standards der Höflichkeitsform. Daher habe der Arbeitgeber keine Verpflichtung, auf die Gesamtnote abgestimmte Formulierungen zu verwenden.
Auf die Frage einer bestehenden Üblichkeit eines Verwendens von Schlussformulierungen beziehungsweise einer Erwartung potentieller Arbeitgeber dahingehend, dass eine Schlussformel in einem qualifizierten Zeugnis enthalten sei, komme es nicht an (Az: 9 AZR 44/00). Entgegen dem Landesarbeitsgerichts Köln in seiner Entscheidung vom 29.02.2008 (4 Sa 1315/07) stehe jedoch die von der Beklagten gewählte Schlussformulierung im streitgegenständlichen Zeugnis auch nicht in Widerspruch zum sonstigen Zeugnisinhalt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.07.2012
Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (vt/st)