21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil03.02.2011

Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf Berichtigung der Schlussformel im ArbeitszeugnisDie Rechtsprechung des sogenannten "beredten Schweigens" ist auf das Fehlen von Schluss­for­mu­lie­rungen nicht zu übertragen

Der Arbeitgeber schuldet dem Arbeitnehmer eine Beurteilung von dessen Leistungs- und Führungs­qua­litäten in Form eines Arbeits­zeug­nisses. In der Schlussformel ist jedoch lediglich eine Höflich­keits­be­kundung zu sehen, so dass der Kläger eine Korrektur dieses Teils des Zeugnisses nicht einfordern kann. Dies geht aus einem Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richts Baden-Württemberg hervor.

Im vorliegenden Fall forderte ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Abänderung der Schlussformel in seinem Arbeitszeugnis. Der nach Meinung des Klägers zu kurze Satz "Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute" sollte umgeändert werden in "Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute". In seiner Klagebegründung erklärte der ehemalige Marktleiter eines Baumarktes, er habe Anspruch auf eine vollständige Schluss­for­mu­lierung im Zeugnistext, da eine fehlende oder unzureichende "Wunschformel" regelmäßig ein besonders gutes Zeugnis entwerte. Aus dem vollständigen oder teilweisen Fehlen von Schluss­for­mu­lie­rungen im Arbeitszeugnis zögen viele potentielle Arbeitgeber regelmäßig negative Schlüsse. Jedenfalls aber entwerte der vorliegend knapp formulierte Schlusssatz deutlich die aus dem übrigen Zeugnistext zuvor hervorgehende gute Leistungs- und Führungs­be­ur­teilung seiner Person.

Arbeitnehmer kann gerichtlich Berichtigung oder Ergänzung des Zeugnisses verlangen

Das Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg erkannte jedoch keinen rechtlichen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer positiven Schlussformel. Zur Entschei­dungs­be­gründung führte das Gericht aus, dass ein Arbeitnehmer, sobald er mit dem ihm erteilten Zeugnis unzufrieden sei, vom Arbeitgeber gerichtlich dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen könne. Mit einer solchen Klage mache er jedoch weiterhin die Erfüllung seines Zeugnis­an­spruchs geltend und keinen dem Gesetz fremden Berich­ti­gungs­an­spruch (BAG vom 14. Oktober 2003 - 9 AZR 12/03). Entspreche das dem Arbeitnehmer ausgestellte Zeugnis nach Form und Inhalt nicht den gesetzlichen Anforderungen, so sei der Arbeitgeber verpflichtet, ein neues Zeugnis zu erteilen (BAG vom 21. Juni 2005 - 9 AZR 352/04).

Beredtes Schweigen ist eine unzulässige Auslassung von geschuldetem Zeugnisinhalt

Der Anspruch an ein korrektes Zeugnis sei die allgemeine Verständ­lichkeit. In diesem Rahmen sei der Arbeitgeber jedoch frei in seiner Formulierung. Als "falsch" gelte ein Zeugnis erst dann, wenn es Merkmale enthalte, die den Zweck hätten, den Arbeitnehmer in einer nicht ersichtlichen Weise zu kennzeichnen oder aus denen eine Distanzierung des Arbeitgebers vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung hervorgehe und damit eine Abwertung des Zeugnisinhalts vorgenommen werde. Ein unzulässiges Geheimzeichen könne auch im Auslassen eines an sich erwarteten Zeugnisinhalts bestehen (BAG vom 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00). Die Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richtes zu unzulässigem Auslassen, dem sogenannten "beredten Schweigen", betreffe den gesetzlich geschuldeten Zeugnisinhalt, also die Leistungs- und Führungs­be­ur­teilung des Arbeitnehmers. Diese Rechtsprechung sei jedoch auf das Fehlen von Schluss­for­mu­lie­rungen nicht zu übertragen. Da in der vorliegenden Schlussformel lediglich eine Höflich­keits­be­kundung zu sehen sei, könne der Kläger eine Korrektur dieses Teils des Zeugnisses nicht einfordern.

Arbeitgeber trifft keine Verpflichtung, eine auf die Gesamtnote abgestimmte Formulierung zu verwenden

Wie das Landes­a­r­beits­gericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 03.11.2010 (Az: 12 Sa 974/10) zu Recht ausführe, sei Höflichkeit neben anderen Werten wie Disziplin, Pünktlichkeit und Rücksichtnahme ein kultureller Wert und manifestiere sich in freundlicher Konzilianz. Eine freundliche Schlussformel sei mithin, sofern kein Bezug zum privaten und/oder beruflichen Werdegang erfolge, nicht die Kundgabe wirklicher oder vorgeblicher Empfindungen, sondern wahre, anders als eine Leistungs­be­wertung oder Verhal­tens­be­wertung nach einer Zufrie­den­heitsskala, nur allgemeine Standards der Höflich­keitsform. Daher habe der Arbeitgeber keine Verpflichtung, auf die Gesamtnote abgestimmte Formulierungen zu verwenden.

Kein Widerspruch zwischen Inhalt und Schlussformel

Auf die Frage einer bestehenden Üblichkeit eines Verwendens von Schluss­for­mu­lie­rungen beziehungsweise einer Erwartung potentieller Arbeitgeber dahingehend, dass eine Schlussformel in einem qualifizierten Zeugnis enthalten sei, komme es nicht an (Az: 9 AZR 44/00). Entgegen dem Landes­a­r­beits­ge­richts Köln in seiner Entscheidung vom 29.02.2008 (4 Sa 1315/07) stehe jedoch die von der Beklagten gewählte Schluss­for­mu­lierung im streit­ge­gen­ständ­lichen Zeugnis auch nicht in Widerspruch zum sonstigen Zeugnisinhalt.

Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (vt/st)

der Leitsatz

Auf eine allgemeine Höflich­keits­be­kundung am Ende eines qualifizierten Zeugnisses, die offensichtlich keinen Bezug zum Verhalten und/oder der Leistung des Arbeitnehmers im Arbeits­ver­hältnis hat, sind die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts zum beredten Schweigen nicht anzuwenden.

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