Bundesgerichtshof Urteil18.07.2012
Gewerberäume: Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Flächen rechtfertigt eine MietminderungMinderungsbetrag bemisst sich nach der Differenz der Flächenabweichung und dem Gebrauchswert der Flächen
Weicht die vertraglich zugesicherte Fläche von der tatsächlichen Fläche ab, so stellt dies einen Grund für eine Mietminderung dar. Die Höhe der Minderungsquote richtet sich unter Beachtung des Gebrauchswerts der Fläche nach der Differenz der Flächenabweichung. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall wurden durch einen Mietvertrag Geschäftsräume vermietet. Dazu gehörten neben einen Laden (ca. 87 qm) auch Kellerräume (ca. 110 qm). In dem Vertrag hieß es, dass die vermietete Fläche mit ca. 197 qm als vereinbart galt. Tatsächlich betrug die Fläche des Ladens 85,68 qm und die des Kellers 53,93 qm. Was eine Gesamtfläche von nur 139,61 qm ergab. Aufgrund der geringen Fläche minderte der Mieter seine Miete und verlangte Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete. Da der Vermieter sich weigerte zu zahlen, erhob der Mieter Klage. Das Landgericht Berlin gab der Klage statt. Die Berufung des Vermieters vor dem Kammergericht Berlin blieb erfolglos. Er legte daher Revision ein.
Minderungsrecht bestand
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Mieters. Ihm habe wegen der Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Fläche ein Minderungsrecht gemäß § 536 Abs. 1 BGB zugestanden. Der BGH habe bereits in früheren Urteilen hinsichtlich von Wohnraummietverträgen ein solches Recht zur Minderung anerkannt. Da die Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Fläche von der tatsächlichen Fläche einen Mangel der Mietsache darstelle (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.2004 - VIII ZR 295/03, BGH, Urt. v. 10.03.2010 - VIII ZR 144/09 und BGH, Urt. v. 10.11.2010 - VIII ZR 306/09). Dies gelte auch für die Miete von Geschäftsräumen (vgl. BGH, Urt. v. 04.05.2005 - XII ZR 254/01). Zudem müsse der Mieter nicht nachweisen, dass durch die Flächendifferenz die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch gemindert sei.
Flächenangabe war vertraglich vereinbart
Im vorliegenden Fall haben nach Ansicht des BGH die Flächenangaben nicht nur der Beschreibung des Mietobjekts gedient. Vielmehr sei sie vertraglich vereinbart worden. Dies habe sich aus dem Mietvertrag ergeben, in dem es ausdrücklich hieß, dass die vermietete Fläche mit ca. 197 qm als vereinbart gelte. Die Circa-Angabe habe der Mietminderung auch nicht entgegengestanden, da die tatsächliche Fläche mehr als 10 % unter der vereinbarten Quadratmeterzahl gelegen habe. Außerdem sei es nicht darauf angekommen, in welcher Weise der Mieter die betreffende Fläche nutzen wollte und in welchem Umfang er konkret beeinträchtigt gewesen sei.
Gebrauchswert des Kellers war bei der Minderungsquote zu berücksichtigen
Das Kammergericht hatte den Minderungsbetrag entsprechend der Differenz der Flächenabweichung auf rund 29 % festgelegt, so der BGH weiter. Dies sei grundsätzlich eine zulässige Berechnungsmethode gewesen. Das Kammergericht habe jedoch den geringeren Gebrauchswert der Kellerräume nicht berücksichtigt. Hier sei nämlich zu beachten gewesen, dass die Flächenabweichung sich ganz überwiegend auf die Kellerräume bezogen habe. Eine Gleichsetzung der Kellerfläche mit der Fläche des Ladenlokals wäre aber allenfalls dann gerechtfertigt gewesen, wenn die Kellerräume hinsichtlich ihrer Nutzung mit dem hauptsächlichen vertraglichen Nutzungszwecks gleichwertig gewesen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 16.09.2009 - VIII ZR 275/08). Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Kellerräume seien laut Mietvertrag als Lager gemietet worden. Daher haben sie gegenüber der Ladenfläche einen deutlich niedrigeren Gebrauchswert aufgewiesen. Eine Gleichsetzung habe sich daher verboten.
Rechtsstreit wurde ans Kammergericht zurückverwiesen
Der Rechtsstreit wurde ans Kammergericht zurückverwiesen. Dieses habe feststellen müssen, wie hoch der Gebrauchswert der Kellerfläche gewesen sei. Nur so könne der Minderungsbetrag beziffert werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.01.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
der Leitsatz
BGB § 536
Lässt sich im Fall einer Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Fläche bei der Geschäftsraummiete die Minderfläche eindeutig Nebenräumen (hier: Kellerräume) zuordnen, so darf die Minderung nicht pauschal nach dem prozentualen Anteil der fehlenden Fläche an der vertraglich vereinbarten Gesamtfläche berechnet werden. Vielmehr muss eine angemessene Herabsetzung des Mietzinses den geringeren Gebrauchswert dieser Räume in Rechnung stellen (Abgrenzung zu BGH Urteil vom 24. März 2004 - VIII ZR 295/03 - NJW 2004, 1947 und vom 10. März 2010 - VIII ZR 144/09 - NJW 2010, 1745).