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Amtsgericht Waren (Müritz) Urteil06.11.2013
DeMa Debitoren Management unterliegt mit Klage auf Zahlung für Eintrag bei branchen-local.com: Kein Anspruch auf jährliches Entgelt wegen Unwirksamkeit des VertragsVorliegen einer unangemessenen Benachteiligung und überraschenden Klausel wegen versteckter Kostenpflicht
Fordert ein Schreiben eines Branchenbuchanbieters zur Überprüfung von bereits eingetragenen Daten auf und enthält das Schreiben eine versteckte Kostenpflicht, so kommt kein Vertrag zustande. Denn dieser ist wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners und wegen Vorliegens einer überraschenden Klausel unwirksam. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Waren (Müritz) hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Firma erhielt von dem Anbieter des Internetbranchenbuchs www.branchen-local.com ein Schreiben. Dieses forderte dazu auf, bereits eingetragene Daten zu überprüfen. Nachdem der Firmeninhaber dem nachkam und das Schreiben zurücksandte, verlangte der Branchenbuchanbieter ein jährliches Entgelt von 960 €. Denn seiner Meinung nach, sei durch die Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens ein Vertrag über einen kostenpflichtigen sogenannten Premiumeintrag zustande gekommen. Da sich der Firmeninhaber weigerte zu zahlen, erhob der Branchenbuchanbieter Klage.
Kein wirksamer Vertrag über kostenpflichtigen Premiumeintrag
Das Amtsgericht Waren entschied gegen den Branchenbuchanbieter. Diesem habe kein Anspruch auf Zahlung des jährlichen Entgelts zugestanden. Denn der Vertrag über den Premiumeintrag sei wegen unangemessener Benachteiligung des Firmeninhabers (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie wegen Vorliegens überraschender Klauseln (§ 305 c BGB) nicht zustande gekommen. Das Gericht wertete die Bestimmungen im Schreiben des Branchenbuchanbieters als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 BGB.
Unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners
Die Bestimmungen des Schreibens haben nach Auffassung des Amtsgerichts den Firmeninhaber als Vertragspartner unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 BGB). Denn aus dem Schreiben habe sich nicht klar und verständlich ergeben, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte. Vielmehr habe es den Eindruck erweckt, dass eine Aufnahme seiner Unternehmensdaten in ein Branchenverzeichnis bereits erfolgt war und dass er lediglich die Richtigkeit der Daten überprüfen sollte. Hinzu sei gekommen, dass das Schreiben in hervorgehobener Stellung auf die Kostenfreiheit der erfolgten Eintragung hingewiesen hatte. Diesen Umstand wertete das Gericht als maßgeblich. Die Benachteiligung des Firmeninhabers habe sich daher daraus ergeben, dass die Mitteilung der Berichtigung eine Entgeltpflicht auslösen sollte, obwohl der Eintrag an sich kostenfrei war und der Firmeninhaber zur Überprüfung dieses kostenfreien Eintrages aufgefordert wurde.
Vorliegen von überraschenden Klauseln
Darüber hinaus habe aus Sicht des Amtsgerichts das Schreiben Bestimmungen enthalten, die als überraschende Klauseln unwirksam waren (§ 305 c BGB). Dies habe die Hinweise auf die Entgeltpflicht und auf die Höhe des Entgelts betroffen, die sich rechts oben im Schreiben in kleinerer Schrift befanden. Das Überraschungsmoment habe sich daraus ergeben, dass nach dem Inhalt des Schreibens die Überprüfung einer bereits unentgeltlich erbrachten Leistung suggeriert wurde, obwohl dies eine auf mindestens drei Jahre angelegte Kostenpflicht auslösen sollte. Zudem seien Klauseln in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung überraschend, wenn sie eine Entgeltpflicht für Leistungen begründen, die üblicherweise unentgeltlich erbracht werden (LG Berlin, Urt. v. 21.10.2011 - 50 S 143/10 = NJW-RR 2012, 424).
Ungewöhnlichkeit der die Kostenpflicht auslösenden Bestimmungen
Die Bestimmungen zur Kostenpflicht seien auch ungewöhnlich gewesen, so das Amtsgericht weiter. Dies habe sich aus dem äußeren Erscheinungsbild des Schreibens ergeben (vgl. BGHZ 101, 33). Das Gericht qualifizierte das Schreiben des Branchenbuchanbieters nach seiner Gestaltung als einen Brief. Bei solchen Schreiben befinden sich im rechten oberen Bereich nicht die maßgeblichen Informationen, wie etwa eine Kostenpflicht. Vielmehr erwarte der Empfänger eines Briefs dort Angaben über den Absender sowie Begleitdaten, wie beispielsweise das Datum des Briefs oder das Aktenzeichen. Sofern der Empfänger sich über diese Informationen keine Kenntnis verschaffen will, werde er sich den Teil des Briefs nicht genauer anschauen. Dieser Umstand sei zudem durch den aufgedruckten Barcode unterstützt worden.
Klauseln zur Entgeltpflicht im Fließtext ungewöhnlich
Schließlich seien nach Einschätzung des Amtsgerichts auch Klauseln zur Entgeltpflicht, die sich in einem kleingedruckten Bereich unterhalb des Schreibens befinden, ungewöhnlich. Soll nämlich durch einen Vertrag eine Kostenpflicht begründet werden, gehören sowohl die Entgeltpflicht als auch die Höhe des Entgelts nicht in einen Vertragsteil, von dem bereits durch seine Gestaltung der Eindruck erweckt wird, sein Inhalt gehe nicht über das hinaus, was regelmäßig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt wird. Es sei zu beachten gewesen, dass es sich bei einer Kostenpflicht um einen wesentlichen Vertragsbestandteil handelt (sogenannte essentialia negotii).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.11.2013
Quelle: Amtsgericht Waren (Müritz), ra-online (vt/rb)
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