18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 17177

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Urteil21.10.2011Landgericht Berlin50 S 143/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2012, 95Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2012, Seite: 95
  • NJW 2012, 1157Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 1157
  • NJW-RR 2012, 424Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2012, Seite: 424
  • NZM 2012, 438Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2012, Seite: 438
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanz:
  • Amtsgericht Lichtenberg, Urteil29.07.2010, 4 C 93/10
ergänzende Informationen

Landgericht Berlin Urteil21.10.2011

Ungewollte kosten­pflichtige Anmeldung für eine Internetseite: Kein Anspruch auf jährliches Entgelt wegen versteckter KostenpflichtVersteckte Kostenpflicht begründet Unwirksamkeit des Abonne­ment­vertrags

Wer im Rahmen einer Anmeldung zu einer Internetseite nicht deutlich auf die Kostenpflicht hinweist, kann später das Entgelt nicht verlangen. Der Hinweis auf die Kostenpflicht in einen Fließtext oder den AGB genügt nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Berlin hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Frau meldete sich im September 2009 durch Übermittlung ihrer Daten und Bestätigen des Verifi­ka­ti­o­nslinks für eine Webseite an, in der sich Wohnge­mein­schafts­an­gebote und entsprechende Gesuche befanden. Durch Anmeldung entstand ein Abonne­ment­vertrag, der jährlich 96 € kostete und eine Mindest­ver­trags­laufzeit von zwölf Monaten hatte. Dementsprechend sandte die Betreiberin der Webseite der neuen Nutzerin eine Rechnung zu. Diese weigerte sich jedoch zu zahlen, da ihr gar nicht bewusst gewesen sei, dass die Anmeldung kostenpflichtig war. Jedenfalls sei darauf auf der Anmeldeseite und den AGB nicht hinreichend deutlich hingewiesen worden. Die Betreiberin der Webseite erhob schließlich Klage.

Amtsgericht gab Klage statt

Das Amtsgericht Lichtenberg gab der Klage mit der Begründung statt, dass die Klägerin in ausreichenden Umfang auf die Entgeltpflicht ihres Angebots hingewiesen habe. Zudem könne nicht grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Dienst­leis­tungen im Internet stets kostenlos seien. Gegen diese Entscheidung legte die beklagte Neukundin Berufung ein.

Kein Anspruch auf Zahlung der jährlichen Vergütung

Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten der Beklagten und hob das erstin­sta­nzliche Urteil auf. Der Klägerin habe kein Anspruch auf Zahlung der jährlichen Vergütung zugestanden. Denn die Anmeldung der Beklagten auf der Anmeldeseite der Webseite habe kein Angebot auf Abschluss eines kosten­pflichtigen Vertrages dargestellt. Dies habe sich daraus ergeben, dass die Anmeldeseite aufgrund ihrer Gestaltung nicht zwangsläufig bei einem Durch­schnitts­ver­braucher den Eindruck hervorgerufen habe, dass die Leistung der Klägerin kostenpflichtig sei.

Versteckte Kostenpflicht lag vor

Der Hinweis auf die Kostenpflicht habe sich in einem Fließtext so versteckt, so das Landgericht weiter, dass er von einem durch­schnitt­lichen surfenden Internetnutzer nicht ohne weiteres gesehen werden konnte. Der Fließtext habe sich nämlich auf der rechten Seite der Anmeldeseite befunden. Er befand sich unterhalb dreier extra anzuklickenden Kästchen über AGB und Widerruf, Daten­schutz­be­stim­mungen und den Wunsch nach Informationen durch einen Newsletter. Diese Kästchen seien durch ihre Gestaltung auffällig gewesen und haben durch die abnehmende Wichtigkeit der anzuklickenden Kästchen suggeriert, dass der folgende grau hinterlegte Text nur weitere übliche Hinweise enthielt.

Eindruck einer reinen Registrierung wurde vermittelt

Hinzu sei nach Ansicht des Landgerichts gekommen, dass in den Texten der Klägerin nicht zum Ausdruck gekommen war, dass überhaupt ein Vertrag abgeschlossen werden sollte. Vielmehr enthielten die Texte die Wörter "anmelden" und "Anmeldung abschließen". Damit sei der Eindruck einer reinen Registrierung erweckt worden.

Preisangabe in AGB überraschend

Die Preisangabe in den AGB der Klägerin sei nach Einschätzung des Landgerichts wegen des Überra­schungs­moments unwirksam gewesen (§ 305 c BGB). Denn ein durch­schnittlich informierter und verständiger Internetnutzer rechne nicht ohne weiteres damit, für die angebotene Leistung der Klägerin bezahlen zu müssen. Daher müsse entsprechend deutlich die Kosten­pflich­tigkeit gekennzeichnet werden. Als Maßstab dafür zog das Gericht den § 1 Abs. 6 Preis­an­ga­ben­ver­ordnung heran. Da der Preis im Fließtext der AGB versteckt war und nicht hervorgehoben wurde, sei die Kostenpflicht überraschend gewesen.

Keine still­schweigende Vergü­tungs­ver­ein­barung

Schließlich sei nach Auffassung des Landgerichts auch eine still­schweigende Vergü­tungs­ver­ein­barung gemäß § 612 Abs. 1 BGB ausgeschieden. Denn nach den Umständen sei nicht zu erwarten gewesen, dass die Dienstleistung der Klägerin kostenpflichtig war. Durch die Gestaltung der Internetseite sei gerade der Eindruck erweckt worden, die Leistungen seien unentgeltlich. Zudem habe nicht eine Leistung vorgelegen, die stets nur gegen Vergütung erbracht wird. Dies habe der Vergleich mit mehreren ähnlichen jedoch unentgeltlichen Webseiten gezeigt. Im Übrigen sei eine Kostenpflicht auch sinnlos gewesen. Denn wer eine Wohnge­mein­schaft sucht, brauche nach dem Fündigwerden keine Angebote mehr.

Quelle: Landgericht Berlin, ra-online (vt/rb)

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