Die Angeschuldigten betrieben im Internet verschiedene kostenpflichtige Webseiten, die Routenplaner, Grußkarten-Archive, Rätsel- und Hausaufgabenangebote und Gehaltsrechner umfassten. Ihnen wurde vorgeworfen, die Kostenpflichtigkeit dieser Angebote durch das Layout und die Gestaltung der Seiten verschleiert zu haben.
Bei Aufruf der Seiten sei zunächst eine Anmeldemaske mit dem Hinweis erschienen, dass die angebotene Leistung der Webseite nach erfolgter Anmeldung in Anspruch genommen werden könne. Die Maske enthielt den weiteren Hinweis: "Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus!" Dieser Satz war mit einem Sternchen versehen, der auf einen Text am rechten Rand der Seite verwies. Folgte der Nutzer diesem Sternchenverweis und las er den sechszeiligen Text vollständig, so erhielt er im letzten Satz den Hinweis, dass mit Nutzung des Angebots der Webseite ein Nutzungsentgelt von 59,95 Euro zu zahlen sei. Unterhalb der Anmeldemaske befand sich ein Häkchenkästchen, durch das die Akzeptanz der AGBs bestätigt werden konnte. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hatten einen Umfang von 9 Seiten. Auf Seite 5 wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass ein Nutzungsentgelt von 59,95 Euro entstehe. Erst nach Setzen des Häkchens konnte das Angebot der Seite in Anspruch genommen werden.
Durch Betreiben der Websites besteht nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main eine Täuschungshandlung im strafrechtlichen Sinne gemäß § 263 StGB. Eine ausdrückliche Täuschung liege hier zwar nicht vor, da die Internetseiten keine Erklärung enthielten, die das Angebot als kostenlos bezeichneten. Und es werde auch an zwei Stellen auf die Kostenpflichtigkeit hingewiesen. Jedoch müsse von einer konkludenten Täuschung gesprochen werden, da die Hinweise auf die Kostenpflichtigkeit an versteckter Stelle untergebracht wären (vgl. die so gannannte "Offertenrechtsprechung" des Bundesgerichtshofes BGH, StV 2004, 535; BGH, Urteil v. 26.04.2001 - 4 StR 439/00 - = BGHSt 47, 1).
Nach § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV bestehe die Pflicht des Webseitenbetreibers darin, die Preise dem Angebot eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen. Dieser Verpflichtung seien die Angeschuldigten nicht nachgekommen, da der Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit aufgrund der Gestaltung der Webseite nicht sofort sichtbar sei. Der Nutzer könne von der Kostenpflicht nur erfahren, wenn er entweder dem Sternchenhinweis folge oder die AGBs lese. Zwischen dem Aufruf der Seite und der Information über die Kostenpflicht müsse der Umweg über den Aufruf der AGBs und anschließend der Lektüre dieses längeren Textes gemacht werden. Es entspreche nicht der Verkehrssitte, wenn wesentliche Pflichten wie die Zahlungsverpflichtung in einem Vertrag nur an versteckter Stelle mitgeteilt werde.
Bei der Beurteilung, ob das Angebot auf eine Täuschung angelegt sei, müsse darauf abgestellt werden, welches Bild sich dem durchschnittlichen Internetnutzer biete. Dieser müsse nicht erwarten, dass die angebotene Leistung kostenpflichtig sei, denn die gleichen Angebote wären im Internet überwiegend unentgeltlich erhältlich. Erhebe der Webseitenbetreiber entgegen der Erwartung jedoch ein Entgelt, so müsse er darauf deutlich an hervorgehobener Stelle hinweisen. Aufgrund des unzureichend deutlichen Hinweises auf die Entgeltlichkeit der Leistung sei daher im vorliegenden Fall ein konkludentes Miterklären der Unentgeltlichkeit zu bejahen. Hierbei könne von einer bewussten Täuschung gesprochen werden, da die Gestaltung der Websites darauf angelegt war, die Kostenpflicht und die vertragliche Bindung zu verschleiern. Die Betreiber hätten aufgrund der generellen Unauffälligkeit eines Sternchenhinweises und eines Seitentextes sowie dem Hinweis auf Seite 5 der AGBs darauf hoffen können, dass ein überwiegender Teil der Nutzer diese Details überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen würde. Eine Täuschung könne grundsätzlich auch dann gegeben sein, wenn der Erklärungsempfänger bei sorgfältiger Prüfung den wahren Charakter der Erklärung hätte erkennen können (vgl. BGH, Urteil v. 26.04.2001 - 4 StR 439/00 - = BGHSt 47, 1, 5).
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass sich die Beschuldigten nicht ernsthaft an Verbraucher wendeten, die die Entgeltlichkeit erkennen. Das Ziel habe vielmehr darin bestanden, Verbraucher über die Vergütungspflichtigkeit in die Irre zu führen und diesen Irrtum wirtschaftlich auszunutzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.03.2012
Quelle: ra-online, Oberlandesgericht Frankfurt am Main (vt/st)