Im zugrunde liegenden Fall verlangte die Klägerin von der Beklagten Schadenersatz wegen Anbietens des Musikalbums "Große Freiheit" per Filesharing-Software. Die Klägerin war Rechteinhaberin des Albums. Sie behauptete, dass Album sei über den Anschluss der Beklagten zugänglich gemacht worden. Sie war der Meinung, die Beklagte hafte als Täterin, als Teilnehmerin und hilfsweise aus einer Verkehrssicherungspflichtverletzung. Die Beklagte behauptete, ihr Ehemann habe auch Zugang zum Anschluss und habe ihm mitgeteilt, er solle keine Musik herunterladen. Weitere Überwachungsmaßnahmen seien ihr nicht zuzumuten.
Das Amtsgericht Frankfurt a.M. entschied gegen die Klägerin. Ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG stand ihr nicht zu.
In der Rechtsprechung wird zwar überwiegend vertreten, dass das bloße Bestreiten der Täterschaft unter Hinweis auf die Zugangsmöglichkeit anderer dann unbeachtlich ist, wenn nicht gesagt wird, wer stattdessen die Rechtsverletzung begangen haben soll. Dieser Ansicht schloss sich das Amtsgericht jedoch nicht an. Es ist dem Anschlussinhaber nicht abzuverlangen, dass er Nachforschungen über die Täterschaft bei den seinen Anschluss mitbenutzenden Personen anstellt und das Ergebnis mitteilt. Der Anschlussinhaber kommt seiner Darlegungslast nach, wenn er die ernsthafte Möglichkeit eines eine Täterschaft oder Teilnahme ausschließenden Geschehensablaufs schildert. Sollten nämlich alle befragten Personen eine Tatbegehung in Abrede stellen, würde dadurch das Bestreiten seiner eigenen Tatbeteiligung nicht unplausibel. Es bestünde die lebensnahe Möglichkeit, dass der wahre Täter die von ihm begangene Rechtsverletzung wegen der erwartenden Konsequenzen nicht zugegeben hat.
Für eine Teilnahmehandlung bestanden auch keine Anhaltpunkte. Insoweit wäre erforderlich gewesen, dass die Beklagte Kenntnis von der konkreten Rechtsverletzung hatte (vgl. OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012 - 6 U 239/11).
Nach Auffassung des Amtsgerichts traf der Beklagten in Bezug auf ihren Ehemann keine Verkehrssicherungspflicht. Eine solche gegenseitige Überwachungspflicht wäre im Hinblick auf die gesetzlich geregelten Verhältnisse zwischen Ehegatten unzumutbar. Das gilt selbst dann, wenn Anhaltpunkte für eine Rechtsverletzung bestehen. Verfügen die Eheleute nur über einen einzigen Internetanschluss und ist nur ein Ehepartner Vertragspartner des Internetproviders, so begreifen beide Ehegatten diesen dennoch als gemeinsamen. Daraus lassen sich nach Ansicht des Amtsgerichts keine gegenseitigen Kontrollpflichten herleiten (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.2004 - III ZR 213/03 = NJW 2004, 1593).
Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. (Beschl. v. 20.12.2007 - 11 W 58/07) in einem Fall entschied, in dem es keine vorherigen Anhaltpunkte gab, dass bei konkreten Anhaltpunkten unter Umständen eine andere Bewertung zu treffen sei, waren diese Ausführungen nicht tragend (vgl. auch OLG Köln, Urt. v. 16.05.2012 - 6 U 239/11).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.10.2012
Quelle: Amtsgericht Frankfurt a.M., ra-online (vt/rb)