21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss10.06.2013

Fahrerlaubnis darf nach akuter Nötigung im Straßenverkehr entzogen werdenForderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei offen­sicht­lichen Anhaltspunkten für hohes Aggressions­potenzial des Fahrers gerechtfertigt

Einem Autofahrer, der nach einer Verurteilung wegen Nötigung im Straßenverkehr das von ihm geforderte medizinisch-psychologische Gutachten zur Feststellung seiner Fahrtaug­lichkeit nicht beigebracht hat, darf zu Recht die Fahrerlaubnis entzogen werden. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Neustadt.

Im zugrunde liegenden Streitfall war der Fahrer eines BMW Z 4 am 2. Oktober 2010 auf dem Heimweg von Mannheim nach Frankenthal. Er fuhr mit der zulässigen Höchst­ge­schwin­digkeit von 70 km/h auf der linken Richtungsspur der Hochstraße Nord (B 44) in Ludwigshafen in Fahrtrichtung A 650, als der Antragsteller mit seinem Pkw mit weit überhöhter Geschwindigkeit so dicht auf den Z 4 auffuhr, dass dessen Fahrer nicht mehr die Lampen des Fahrzeugs des Antragstellers erkennen konnte. Kurz danach überholte der Antragsteller den Fahrer des Z 4 auf einer durchgezogenen Linie, schnitt ihn absichtlich und bremste ihn sowie die dahinter fahrenden Kfz ohne Anlass von 70 km/h auf 20 km/h herunter. In dieser Geschwindigkeit fuhr der Antragsteller dann weiter und verhinderte durch entsprechende Schlen­ke­ran­deu­tungen ein Überholen. Schließlich setzte der Fahrer des Z 4 doch zu einem Überholvorgang an. Der Antragsteller versuchte daraufhin, diesen zu rammen, was aber misslang. Nach einer Weile - inzwischen war eine Höchst­ge­schwin­digkeit von 90 km/h erlaubt - holte der Antragsteller den Fahrer des Z 4 wieder ein. Er versuchte den Fahrer des Z 4 auf den Seitenstreifen zu drängen und bremste ihn auf 30 km/h ab. Dieser ging auf die Provokationen des Antragstellers jedoch nicht ein.

Stadt entzieht mangels Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die Fahrerlaubnis

Der Fahrer des Z 4 brachte den Vorfall zur Anzeige. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Ludwigshafen vom 13. Mai 2011 wurde der Antragsteller wegen Nötigung im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 1.400 Euro sowie einem Fahrverbot von drei Monaten verurteilt. Die Stadt Ludwigshafen erlangte hiervon Kenntnis und forderte den Antragsteller im Februar 2013 auf, ein medizinisch-psychologischen Gutachten über seine Fahrtaug­lichkeit beizubringen. Dem kam der Antragsteller in der Folgezeit nicht nach, woraufhin die Stadt Ludwigshafen ihm am 22. April 2013 die Fahrerlaubnis unter Anordnung der sofortigen Vollziehung entzog.

Antragsteller hält Vorlage des Gutachtens und Entziehung der Fahrerlaubnis nach nur einmaligem Fehlverhalten für ausgeschlossen

Der Antragsteller suchte hiergegen um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz beim Verwal­tungs­gericht Neustadt nach und machte geltend, ein nur einmaliges Fehlverhalten vor mehr als zwei Jahren und ein danach unauffälliges Fahrverhalten schließe eine fehlende Fahreignung seiner Person aus. Er verfüge im Übrigen nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel, um das geforderte Gutachten erstellen zu lassen. Ferner befürchte er den Verlust seines Arbeitsplatzes, da er als bei einer Firma beschäftigter Dachdecker jeden Tag verschiedene Baustellen anfahren müsse.

Tatbegehung begründet offensichtlich Anhaltspunkte für hohes Aggres­si­ons­po­tenzial des Antragstellers

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führte das Verwal­tungs­gericht im Wesentlichen aus, dass die Behörde eine Fahrerlaubnis entziehen müsse, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Dies sei hier der Fall. Im Hinblick auf den Vorfall vom 2. Oktober 2010 habe die Stadt Ludwigshafen zu Recht von dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens fordern dürfen. Denn die genannte Tatbegehung begründe offensichtlich Anhaltspunkte für ein hohes Aggres­si­ons­po­tenzial des Antragstellers.

Einholung des Gutachtens nicht unver­hält­nismäßig

Die angeordnete Maßnahme sei auch verhältnismäßig gewesen. Die Einholung des Gutachtens sei erforderlich gewesen, um die Gesamt­per­sön­lichkeit des Antragstellers in den Blick zu nehmen und das Vorliegen von Erkrankungen, die für das aggressive Verhalten ursächlich sein könnten, zu prüfen. Der Stadt Ludwigshafen sei kein zögerliches oder verspätetes Handeln vorwerfbar. Sie sei bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den Antragsteller gehindert gewesen, Maßnahmen zur Klärung seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen einzuleiten. Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens sei ferner nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil von einer Bewährung des Antragstellers in der seit dem Vorfall verstrichenen Zeit ausgegangen werden müsste. Eine Bewährung des Betroffenen könne erst nach Ablauf der Tilgungsfristen des Straßen­ver­kehrs­ge­setzes - hier 5 Jahre - angenommen werden.

Gesetz verpflichtet Antragsteller zur Übernahme der Kosten für Gutachten

Der Antragsteller könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, er verfüge nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel, um das geforderte Gutachten erstellen zu lassen und befürchte den Verlust seines Arbeitsplatzes. Das Gesetz mute dem Betroffenen im Interesse der Verkehrs­si­cherheit zu, diese Kosten zu tragen.

Gericht verneint Vorliegen einer unzulässigen Doppel­be­strafung

Die Entziehung der Fahrerlaubnis stelle sich schließlich nicht nach der Verurteilung zu einer Geldstrafe und einem dreimonatigen Fahrverbot in dem Strafbefehl vom 13. Mai 2011 als eine unzulässige Doppel­be­strafung dar. Denn bei der Überprüfung der Fahreignung handele es sich nicht um eine strafrechtliche Sanktion, sondern um eine präventive Maßnahme im Interesse der Verkehrs­si­cherheit.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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