18.10.2024
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Dokument-Nr. 14211

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Oberlandesgericht München Beschluss26.07.2011

"Filesharing": Angebot einer Datei auf einer Online-Tauschbörse kommt grundsätzlich gewerbliches Ausmaß zuEs bedarf keiner weiteren erschwerenden Umstände

Einer Rechts­ver­letzung, die im Angebot einer Datei mit urheber­recht­lichen geschütztem Inhalt auf einer Internet-Tauschbörse liegt, kommt grundsätzlich gewerbliches Ausmaß zu. Dies hat das Oberlan­des­gericht München entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hielt ein Filmver­lei­hun­ter­nehmen die ausschließ­lichen Nutzungsrechte an dem als DVD vertriebenen Spielfilm "Die Friseuse". Der Film wurde auf der Internet-Tauschbörse BitTorrent von einem Inter­net­zu­gangs­provider vergebenen dynamischen IP-Adresse der Öffentlichkeit zum Herunterladen angeboten. Das Landgericht München I gab dem Inter­net­zu­gangs­provider durch Beschluss auf, Auskunft darüber zu erteilen, wer diese IP-Adresse verwendet hatte. Er legte daraufhin gegen den landge­richt­lichen Beschluss Beschwerde ein. Er begründete dies damit, dass ein Auskunftsanspruch nicht bestehe, da ein gewerbliches Ausmaß der Rechts­ver­letzung nicht vorgelegen habe.

Bereitstellen einer Datei genügt zu Annahme einer Rechts­ver­letzung in gewerblichem Ausmaß

Das Oberlan­des­gericht erachtete die Beschwerde als unbegründet, da eine Rechts­ver­letzung in gewerblichem Ausmaß vorlag.

Ein Auskunfts­an­spruch erfordert sowohl, dass der Auskunfts­pflichtige in gewerblichem Ausmaß für recht­ver­letzende Tätigkeiten genutzte Dienst­leis­tungen erbracht hat (§ 101 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG) als auch, dass eine Rechts­ver­letzung in gewerblichem Ausmaß vorliegt. Nach § 101 Abs. 1 Satz 2 UrhG kann sich das gewerbliche Ausmaß sowohl aus der Anzahl der Rechts­ver­let­zungen als auch aus der Schwere der Rechts­ver­let­zungen ergeben. Letzteres ist, nach Auffassung des Gerichtes, dann zu bejahen, wenn eine besonders Umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm, Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröf­fent­lichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird.

Weitere erschwerende Umstände nicht erforderlich

Das Oberlan­des­gericht führte weiter aus, dass es weiterer erschwerender Umstände nicht bedarf. Das öffentliche Angebot einer Datei mit urheber­rechtlich geschütztem Inhalt auf einer Online-Tauschbörse zum Herunterladen ist keine private Nutzung. Wer eine solche Datei anbietet, handelt nicht altruistisch oder im guten Glauben. Er stellt sie einer nahezu unbegrenzten Vielzahl von Personen zur Verfügung. Er kann und will nicht mehr kontrollieren, in welchem Umfang von seinem Angebot Gebrauch gemacht wird, und greift damit in die Rechte des Rechteinhabers in einem Ausmaß ein, das einer gewerblichen Nutzung entspricht. Er strebt auch zumindest mittelbar einen wirtschaft­lichen Vorteil an, weil er eigene finanzielle Aufwendungen durch das kostenfreie Herunterladen von Dateien anderer Tauschpartner erspart (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 17.02.2010 - 5 U 60/09). Einem derartigen Angebot kommt gewerbliches Ausmaß zu.

Merkmal der "relevanten Auswer­tungsphase" unbeachtlich

Nach Ansicht des Gerichtes kann nicht davon ausgegangen werden, dass urheber­rechtlich geschützte Inhalte nach Ablauf einer relevanten Auswer­tungsphase der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt würden. Daher bestehe kein Anlass, den Begriff des gewerblichen Ausmaßes bei Angeboten auf Internet-Tauschbörsen auf Rechts­ver­let­zungen innerhalb einer Auswer­tungsphase zu beschränken (anders OLG Köln, Beschluss v. 05.10.2010 - 6 W 82/10; Beschl. v. 09.02.2009 - 6 W 182/08).

Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)

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