Im zugrunde liegenden Fall bot die Antragstellerin im Internet ein Online-Branchenbuch für Firmen an. Gab man den Namen der Antragstellerin als Suchbegriff bei Google ein, erschienen als Suchvorschläge im Rahmen der Autovervollständigung folgende Wörter: Betrug und Abzocke. Als Suchergebnisse wurde die Begriffe "Adressbuchschwindel" und "Adressbuchbetrug" angezeigt. Dagegen wehrte sich die Antragstellerin mit Unterlassungsansprüchen im Wege des einstweiligen Rechtschutzes. Das Landgericht München I erließ antragsgemäß eine einstweilige Verfügung. Die Antragsgegnerin legte daraufhin Berufung ein.
Das Oberlandesgericht München gab der Antragsgegnerin Recht. Der Antragstellerin habe keine wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche zugestanden. Die Antragsgegnerin habe durch die automatisierte Generierung und Anzeige der Suchergebniseinträge weder als Täterin noch als Teilnehmerin die Merkmale eines wettbewerbsrechtlichen Verstoßes erfüllt. Denn sie mache in einem vollständig automatisierten Verfahren lediglich fremde Inhalte im Internet auffindbar und fasse diese fremden Inhalte wiederum vollständig automatisiert als Orientierungshilfe für den Nutzer verkürzt zusammen. Dadurch mache sie sich die fremden Inhalte nicht zu eigen. Es sei weiterhin zu berücksichtigen, dass für den verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsnutzer der Suchmaschine bereits aufgrund des maschinellen Charakters der Suchmaschine klar sei, dass sich nicht Google selbst äußere, sondern lediglich fremde Inhalte wiedergegeben werden (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 26.05.2011 - 3 U 67/11).
Es sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts auch nicht erforderlich, dass sich die Antragsgegnerin inhaltlich von den angezeigten Suchergebnissen distanziere. Dies ergebe sich nämlich bereits aus der äußeren Form der Verbreitung im Rahmen von Suchergebnissen, denn die Suchmaschine durchsuche eine riesige Menge von Daten, welche sich ständig ändern und deren Umfang in hohem Tempo täglich immer weiter anwächst und welche inhaltlich nicht zur Disposition der Suchmaschine stehen (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 26.05.2011 - 3 U 67/11).
Ein Wettbewerbsverstoß wegen der angezeigten Suchvorschläge liege nach Auffassung des Oberlandesgerichts ebenso nicht vor, so dass Unterlassungsansprüche nicht bestehen. Die im Rahmen der Autocomplete-Funktion angezeigten Suchvorschläge seien auch nur Ergebnis eines vollständig automatisierten Verfahrens. Dieses knüpfe insbesondere an die Häufigkeit entsprechender Suchanfragen anderer Nutzer im Internet. Es werden wiederum nicht eigene Inhalte der Antragsgegnerin, sondern fremde Inhalte, angezeigt. Es finde lediglich eine zusammenhanglose Aneinanderreihung von Wörtern statt. Daraus entnehme der Durchschnittsnutzer keine inhaltliche Aussage der Antragsgegnerin.
Es habe der Antragstellerin die Unterlassungsansprüche auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der Verletzung des Persönlichkeitsrecht, der Kreditgefährdung und der sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung zugestanden. Denn zum einen habe die Antragsgegnerin als Täterin oder Teilnehmerin, wie oben erwähnt, keine unlauteren Handlungen vorgenommen.
Zum anderen scheide eine Verletzung etwaiger Prüfpflichten der Antragsgegnerin aus. Denn die Betreiber der Internetseiten, auf die Google durch die Suchergebnisse hinweise, habe die Rechte der Antragstellerin nicht verletzt. Den Betreibern der Internetseiten stehe das Recht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu. Es habe auch keine Schmähkritik vorgelegen. Denn die Auseinandersetzung mit einer Sachfrage und nicht die Diffamierung der Antragstellerin habe im Vordergrund gestanden. Es sei diesbezüglich zu beachten gewesen, dass bereits durch zwei Entscheidungen eines Oberlandesgerichts, der Antragstellerin ein unlauteres Geschäftsgebaren attestiert wurde.
Das Oberlandesgericht führte schließlich aus, dass kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche (§§ 15, 5 Abs. 2 MarkenG) sowie namensrechtliche Unterlassungsansprüche (§ 12 BGB) nicht bestanden.
Die Antragsgegnerin sei entsprechend der obigen Ausführungen nicht als Täterin oder Teilnehmerin einer rechtsverletzenden Handlung zu Lasten der Antragstellerin anzusehen. Außerdem werde das Unternehmenskennzeichen bzw. Namenskennzeichen der Antragstellerin in den Suchergebniseinträgen und in den Suchvorschlägen rein beschreibend verwendet. Überdies sei eine Verwechselungsgefahr ausgeschlossen gewesen. Denn auf den Internetseiten, auf die Google hingewiesen habe, finde offensichtlich eine ernst gemeinte, kritische Auseinandersetzung mit der Antragstellerin und ihren Geschäftsgebaren statt. Dass die Nutzer annehmen könnten, dass es sich um Internetseiten der Antragstellerin selbst gehandelt habe, sei daher ausgeschlossen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.12.2012
Quelle: Oberlandesgericht München, ra-online (vt/rb)