21.11.2024
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Oberlandesgericht Hamm Urteil11.06.2015

Zur Haftungsfrage bei Zusammenstoß von Pkw und Privatbahn auf unzureichend gesichertem BahnübergangDeutsche Bahn und Privatbahn müssen sich Fehlverhalten des Schran­ken­wärters zurechnen lassen

Stößt ein Pkw auf einem unzureichend gesicherten Bahnübergang mit dem Zug einer Privatbahn zusammen, kann eine für den Unfall ursächliche Nachlässigkeit des Schran­ken­wärters sowohl der Privatbahn als auch dem für die Bahnstrecke verant­wort­lichen Unternehmen der Deutschen Bahn zuzurechnen sein, so dass alle Beteiligten in vollem Umfang für den Fahrzeugschaden haften. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Hamm und bestätigte damit das erstin­sta­nzliche Urteil des Landgerichts Detmold.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2012 stieß das Fahrzeug des klagenden Autohauses aus Münster, ein Audi Avant 2,7 TDI, auf dem Bahnübergang der Orbker Straße in Detmold mit einem Zug der beklagten Privatbahn aus Bielefeld zusammen. Das ebenfalls verklagte Unternehmen der Deutschen Bahn (im Folgenden: Deutsche Bahn) ist Eigentümerin der Infra­s­truk­tu­r­anlagen der Bahnstrecke, auf der die Privatbahn den Bahnbetrieb betreibt. Bei dem im Regelfall durch Andreaskreuz, Licht­zei­che­n­anlage und automatische Schrankenanlage gesicherten Bahnübergang lag zum Unfallzeitpunkt ein technischer Defekt vor. Deswegen wurde der Bahnübergang durch den drittbeklagten Schrankenwärter gesichert. Trotz telefonischer Zugankündigung hatte es dieser vor dem Unfall versäumt, das Warnlicht einzuschalten und die Schranke herunter zu lassen. Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs leitete eine Vollbremsung ein, nachdem der sich nähernde Zug Warnsignale abgegeben hatte, ohne die Kollision verhindern zu können. Am klägerischen Fahrzeug entstand ein Totalschaden, den die Klägerin mit ca. 26.000 Euro beziffert hat, und den sie einschließlich weiterer entstandener Kosten von allen drei Beklagten ersetzt verlangt.

Schrankenwärter und Deutsche Bahn bilden Haftungseinheit

Das Schaden­s­er­satz­be­gehren der Klägerin war erfolgreich. Das Oberlan­des­gericht Hamm hat der Klägerin insgesamt ca. 28.000 Euro Schadensersatz zugesprochen, den ihr die Beklagten als Gesamtschuldner zu zahlen haben. § 1 des Haftpflicht­ge­setzes verpflichte die Deutsche Bahn und die Privatbahn zum Schadensersatz, so das Oberlan­des­gericht. Die Deutsche Bahn betreibe die Infrastruktur der Strecke, die Privatbahn den Eisen­bahn­verkehr. Sie seien selbständig organisierte Teile eines einheitlichen Eisen­bahn­un­ter­nehmens und jeder für sich haftender Betrie­bs­un­ter­nehmer im Sinne des Haftpflicht­ge­setzes. Das für den Unfall ursächliche Versäumnis des drittbeklagten Schran­ken­wärters müssten sich die Deutsche Bahn und die Privatbahn betrie­bs­ge­fah­rer­höhend zurechnen lassen. Der mit der Sicherung der Gleisanlagen betraute Schrankenwärter und die für die Infrastruktur verantwortliche Deutsche Bahn bildeten eine Haftungseinheit. Diese wirke auch zu Lasten der Privatbahn, die mit der Deutschen Bahn eine gemeinsame Betriebseinheit bilde. Hinzu komme, dass sich das Versäumnis des Schran­ken­wärters in gleicher Weise gefahrerhöhend auf die Bahnanlage der Deutschen Bahn und den Betrieb des Schie­nen­fahr­zeuges der Privatbahn ausgewirkt habe.

Mitverschulden des Fahrzeugführers nicht feststellbar

Demgegenüber sei ein Mitverschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs nicht feststellbar, die Betriebsgefahr des Fahrzeugs trete hinter den Verschul­dens­beitrag auf Seiten der Beklagten zurück.

Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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