21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Regionalzug der Deutschen Bahn Region auf einer Leerfahrt.
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Oberlandesgericht Celle Urteil31.01.2023

Zusammenstoß von PKW mit Bahn wegen Ausfalls der Bahn­übergangs­sicherungs­anlagen begründet grundsätzlich Alleinhaftung des BahnbetreibersMit Herannahen eines Zuges muss grundsätzlich nicht gerechnet werden

Kommt es zu einem Zusammenstoß zwischen einem PKW und einer Bahn, weil die Bahn­übergangs­sicherungs­anlagen ausgefallen sind, begründet dies grundsätzlich die Alleinhaftung des Bahnbetreibers. Mit einem Herannahen eines Zuges muss in einem solchen Fall grundsätzlich nicht gerechnet werden. Eine Mithaftung kommt nur in Betracht, wenn der herannahender Zug erkennbar war. Dies hat das Oberlan­des­gericht Celle entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Vormittag im August 2019 kam es an einem Bahnübergang in Niedersachsen zu einer Kollision zwischen einem PKW und einer Regionalbahn. Dabei wurde die Fahrerin des PKW schwer verletzt. Grund für den Unfall war, dass sowohl die Schranken als auch die Lichtanlage wegen eines Defekts nicht funktionierten. Da die Sicht auf die Bahnstrecke wegen Bewuchses eingeschränkt war, hatte die PKW-Fahrerin den herannahenden Zug nicht bemerkt. Der Zugführer hatte noch gebremst als er bemerkte, dass die Schranken oben waren. Die Bahn bestritt jede Verantwortung an den Unfall, zahlte aber an die PKW-Fahrerin ein Schmer­zens­geld­betrag in Höhe von 4.000 €. Dieser war der Betrag zu wenig und erhob daher Klage.

Landgericht gab Schmer­zens­geldklage statt

Das Landgericht Bückeburg hielt die Beklagte für allein verantwortlich an dem Unfall und gab der Schmer­zens­geldklage daher statt. Es sprach der Klägerin weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 56.000 € zu. Dagegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

Oberlan­des­gericht bejaht ebenfalls vollständige Haftung des Bahnbetreibers

Das Oberlan­des­gericht Celle bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Die Beklagte hafte allein für die Unfallfolgen. Grundsätzlich könne ein Kraftfahrer bei straßenseitig ausgeschalteten technischen Siche­rungs­anlagen an Bahnübergängen darauf vertrauen, dass sich kein Zug nähert. Bei einem Zusammenstoß infolge geöffneter Schranken sei deshalb im Grundsatz von der Alleinhaftung des Bahnbetreibers auszugehen. Eine Mithaftung des Kraftfahrers komme in Betracht, wenn der herannahender Zug für den Kraftfahrer erkennbar war. So lag der Fall hier nicht.

Hohes Verschulden der Bahn

Der Beklagten sei ein hohes Verschulden anzulasten, so das Oberlan­des­gericht. Der Beklagte sei die Störan­fäl­ligkeit des Bahnübergangs bekannt gewesen, da in weniger als einem Monat die Siche­rungs­anlagen 15mal ausgefallen waren. Die Beklagte hätte daher Siche­rungs­maß­nahmen ergreifen müssen bis die Ursache der Störungsserie ermittelt und behoben wurde. So wäre eine Sperrung des Bahnübergangs, die Einsetzung von Streckenposten oder eine erhebliche Reduzierung der Geschwindigkeit der Züge in Betracht gekommen.

Schmerzensgeld von insgesamt 60.000 €

Das Oberlan­des­gericht erachtete ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 60.000 € für angemessen. Es berücksichtigte dabei, dass die Klägerin ein Polytrauma mit gedecktem Schäde­l­hirn­trauma und multiple Kontu­si­ons­blu­tungen rechts frontal und temporal, eine Rippen­se­ri­en­fraktur rechts, mit traumatischem Pneumo­hä­ma­to­thorax rechts, eine ausgedehnte Rissquetschwunde am distalen Oberarm rechts, eine Radius­köpf­chen­fraktur mit Gelenk­be­tei­ligung und knöcherne Absprengung am Olekranon rechts und eine Milzkontusion erlitt. Zudem musste sie am großen Zeh des linken Fußes operiert werden, da der Zeh durch den Unfall starke Risse enthielt und diese sich entzündet hatten. Ferner verlor sie beim Unfall drei Zähne im Unterkiefer, musste ein Gebiss tragen und litt unter einer Rückentwicklung des Kiefers. Schmer­zens­gel­der­höhend wurde zudem berücksichtigt, dass die Beklagte jegliche Mitver­ant­wortung abstritt.

Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)

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