Im vorliegenden Fall kam es zu einem Brand, nachdem ein Mann eine Kerzenpyramide unbeaufsichtigt im Wohnzimmer zurückgelassen hatte. Der Mann war nach dem Gang zur Toilette durch ein Telefongespräch aufgehalten und anschließend von seiner Frau zum Essen in die Küche gerufen worden. Nachdem er schließlich nach 45 Minuten in das Wohnzimmer zurückkehrte, brannte bereits der Schrank, auf dem die Kerzenpyramide ihren Platz hatte, sowie ein Teil des Fußbodens und der Zimmerwand. Ohne Hilfe der Feuerwehr konnte der Brand gelöscht werden. Es entstand jedoch Sachschaden, den der Mann jetzt aus seiner Hausrats- und Gebäudeversicherung ersetzt haben wollte. Die Versicherung verweigerte jedoch die Zahlung mit der Begründung, der Mann habe den Schaden grob fahrlässig verschuldet.
Das Gericht stellte fest, dass die Versicherung den Schaden gemäß § 49 Versicherungsvertrags-Gesetz zu ersetzen habe, da dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen war. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit unterscheide sich im Versicherungsrecht nicht von demjenigen im übrigen Zivilrecht. Demnach habe der Mann die gebotene Sorgfalt nicht in besonders hohem Maße dadurch außer Acht gelassen, dass er die Kerzen nicht ununterbrochen im Blick behalten und sich nicht in ihrer Nähe aufgehalten habe (BGH, Urteil v. 02.04.1986 - IVa ZR 187/84 - = BGH VersR 1986, 671).
Dem Kläger konnte lediglich objektiv grob fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden. Als objektiv grob fahrlässig wurde in der Rechtsprechung das Einnehmen des Essens in der Küche gewertet, während ein Adventskranz im Wohnzimmer brannte. In einem anderen Fall wurde das Verlassen des Hauses, um Freunde zu besuchen, als objektiv grob fahrlässig bezeichnet (OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.1985 - 4 U 259/84 - = OLG Düsseldorf VersR 1986, 780; LG Düsseldorf, Urteil vom 22.11.1966 - 16 O 337/66 - = LG Düsseldorf VersR 1967, 365). Jedoch reiche objektiv grob fahrlässiges Handeln nicht aus, die Verweigerung des Schadensersatzes zu begründen. Dazu müsse vielmehr subjektive grobe Fahrlässigkeit vorliegen. Dies sei der Fall, wenn jemand beispielsweise mit anderweitigen Besorgungen beschäftigt ist und den Kopf voll anderer Dinge hat und über diesen Zustand die brennenden Kerzen vergisst (AG Fürth, Urteil vom 22.11.1984 - 1 C 415/84 - = AG Fürth VersR 1985, 773). Anderes gelte jedoch, wenn infolge einer Ablenkung ein subjektives Verschulden in Form einer erheblichen Leichtfertigkeit fehle (BGH, Urteil v. 04.12.1985 - IVa ZR 130/84 - = BGH VersR 1986, 254). Dies entspreche dem vorliegenden Fall. Der Mann hatte ursprünglich vor, in das Wohnzimmer zurück zu kehren als ihn das Telefonklingeln und anschließend die Bitte seiner Frau, zum Essen in die Küche zu kommen, von seinem Vorhaben ablenkte. Alleine das Vergessen trage den Vorwurf der subjektiv grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles nicht.
Somit bestehe nach Auffassung des Gerichts kein Grund, dem Kläger seinen Anspruch auf Schadensersatz nicht zuzusprechen. Die Versicherung müsse den Brandschaden somit ersetzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.01.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Wuppertal (vt/st)