15.11.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 13879

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Urteil26.05.2012Landesarbeitsgericht Nürnberg2 Sa 574/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BB 2012, 2824Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB), Jahrgang: 2012, Seite: 2824
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Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Nürnberg, Urteil01.08.2011, 3 Ca 1010/11
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil26.05.2012

Formulierung "junges motiviertes Team" in einer Stelle­n­aus­schreibung stellt keine Alters­dis­kri­mi­nierung darFormulierung ist reine Selbst­dar­stellung

Bietet ein Arbeitgeber in einer Stellenanzeige einen "zukunfts­si­cheren Arbeitsplatz in einem jungen motivierten Team", ist dies nicht alters­dis­kri­mi­nierend. Es handelt sich vielmehr um eine werbende Selbst­dar­stellung des Unternehmens und nicht um eine Suche nach einem "jungen" Stellenbewerber. Dies hat das Landes­a­r­beits­gericht Nürnberg entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall bewarb sich ein 59-jähriger Mann auf eine Stellenanzeige eines Autohauses als Finanz­buch­halter. Die Bewerbung war äußerst kurz und beinhaltete 38 DIN A4 Seiten als Anlagen. Inhalt und Zahl der Anlagen erwähnter der Mann nicht. Im Betreff bezeichnete der Mann die Stelle als diejenige eines Bilanz­buch­halters, obwohl nach der Stellenanzeige ein Finanz­buch­halter gesucht wurde. Weiterhin enthielt das Schreiben bis auf die Anrede keinen Bezug zum Unternehmen.

In der Stellenausschreibung hieß es: "Unser Autohaus ist Teil einer innovativen, mehrfach im Bereich Kunden­zu­frie­denheit ausgezeichneten Unter­neh­mens­gruppe. Wir bieten einen zukunfts­si­cheren Arbeitsplatz in einem jungen und motivierten Team.". Nach Absage forderte der Mann eine Entschädigung, da er sich wegen seines Alters diskriminiert fühlte. Die Formulierung "jungen Team" schließe ältere Bewerbe wie ihn aus. Weiterhin berief er sich auf ein Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richtes Hamburg.

Worte "junges Team" ist werbende Selbst­dar­stellung

Das Landes­a­r­beits­gericht entschied gegen den Mann. Die Verwendung des Adjektivs "jung" habe sich in der Anzeige nicht auf die Anforderungen und Eigenschaften des Stellen­be­werbers bezogen, sondern beschreibt die momentane Struktur der Belegschaft des Arbeitgebers. Zwar liegt eine diskri­mi­nierende Stelle­n­aus­schreibung im Sinne von § 11 AGG vor, wenn in einer Stellenanzeige "junge" Bewerbe gesucht werden und damit das Alter als Einstel­lungs­vor­aus­setzung genannt ist (BAG v. 19.08.2010 - 8 AZR 530/09). Dies ist hier aber nicht der Fall.

Auch der vom Landes­a­r­beits­gericht Hamburg entschiedener Fall (Urt. v. 23.06.2010 - 5 Sa 14/10) unterscheidet sich in rechtlich erheblicher Weise von dem vorliegenden Fall. Das Landes­a­r­beits­gericht entschied, dass das Merkmal "junges Team" in einer Stelle­n­aus­schreibung auch dann eine Diskriminierung darstellt, wenn es unter der Überschrift "wir bieten ihnen" erfolgt. Der dort verwendete Text war jedoch nicht eingebettet in eine Form pauschaler Selbst­dar­stellung des Arbeitgebers. Im vorliegenden Fall ist der Satz, " Wir bieten ihnen einen zukunfts­si­cheren Arbeitsplatz in einem jungen und motivierten Team", Teil eines gesamten Absatzes, welcher ersichtlich nur der allgemeinen Selbst­dar­stellung des Arbeitgebers dient. Das Unternehmen präsentiert sich in dem Absatz ersichtlich losgelöst von der konkreten Stelle. Es handelt sich um einen "Werbeblock" innerhalb der Stelle­n­aus­schreibung. Das Unternehmen will sich lediglich in abstrakter Weise positiv darstellen. Das Anfor­de­rungs­profil der Stelle ist erkennbar nicht mehr betroffen. Im Fall des LAG Hamburg wurde hingegen ein klarer Bezug zu gewünschten Anforderungen und Eigenschaften des Bewerbers hergestellt, da dieser eigene Vorstellungen und Ideen in dieses junge erfolgreiche Team einbringen sollte.

Indizwirkung für Benachteiligung durch Bewer­bungs­schreiben entkräftet

Selbst wenn man in der Verwendung der Worte "junges Team" in der Stelle­n­aus­schreibung ein Indiz für die mögliche Benachteiligung wegen des Alters sähe, so wird diese Indizwirkung jedenfalls durch das eigene Bewer­bungs­schreiben wieder entkräftet. Die vom Bewerber vorgetragenen unstreitigen Tatsachen sind einer Gesamt­be­trachtung zu unterziehen (BAG v. 24.04.2008 - 8 AZR 257/07; BAG v. 27.01.2011 - 8 AZR 483/09). Gegenläufige Gesichtspunkte können die Indizwirkung wieder beseitigen (LAG Köln v. 10.02.2010 - 5 Ta 408/09). So lag es in diesem Fall. Das Landes­a­r­beits­gericht Nürnberg hatte aufgrund des Bewer­bungs­schreibens den Eindruck gewonnen, dass der Bewerber eher wegen des Inhalts seiner Bewerbung, als wegen seines Alters, nicht zum Bewer­bungs­ge­spräch eingeladen wurde.

Wenn einer Bewerbung eine Vielzahl von Anlagen beigefügt wird, wobei weder der Inhalt noch die Anzahl der Anlagen erwähnt wird, erscheint die Bewerbung unstrukturiert. Ein strukturiertes Arbeiten ist somit fraglich. Wird weiterhin im Betreff die Stelle als Bilanz­buch­halter bezeichnet, obwohl ein Finanz­buch­halter gesucht wird, so deutet dies auf mangelnde Sorgfalt hin. Dies steht jedoch im Widerspruch zur ausge­schriebenen Stelle als Finanz­buch­halter. Verwendet außerdem der Bewerber den Konjunktiv und das Wort gegebenenfalls, insbesondere abgekürzt, wird der Eindruck vermittelt die Bewerbung sei nicht ernst gemeint. Auch sollte neben der Anrede zumindest noch ein kleiner Teil der Bewerbung einen individuellen Bezug aufweisen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Nürnberg, ra-online (vt/rb)

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