18.10.2024
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Hessisches Landessozialgericht Urteil06.10.2011

Bestat­tungs­kosten sind vorrangig von Angehörigen zu zahlenKostenübernahme auch bei nur geringem familiären Kontakt zumutbar

Bestat­tungs­kosten werden nur dann vom Sozia­l­hil­fe­träger übernommen, wenn die Kostentragung den bestat­tungs­pflichtigen Verwandten aus wirtschaft­lichen oder persönlichen Gründen nicht zugemutet werden kann. Je weiter das Verwandt­schafts­ver­hältnis ist, um so eher kann dies der Fall sein. Fehlende Nähe zwischen Geschwistern allein führt allerdings nicht zur Unzumutbarkeit. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall veranlasste die Klägerin die Bestattung ihres mit 64 Jahren verstorbenen Bruders, der im Saarland lebte und Hartz IV bezog. Gegenüber dem Sozialamt beantragte die Frau die Übernahme der Bestattungskosten in Höhe von knapp 2.550 Euro. Es lägen zerrüttete Famili­en­ver­hältnisse vor. Ihr zwölf Jahre älterer Bruder sei das „schwarze Schaf“ der Familie gewesen und habe bereits mit 14 Jahren den elterlichen Haushalt verlassen. Als damals 2-Jährige habe sie mit ihrem Bruder praktisch nicht zusammengelebt, eine persönliche Bindung habe daher von Anfang an gefehlt. Das Sozialamt lehnte den Antrag ab. Die Bestat­tungs­kosten seien der Klägerin, die sich auch an ihre beiden anderen ausgleichs­pflichtigen Geschwister halten könne, zumutbar.

Übernahme der Bestat­tungs­kosten wirtschaftlich und persönlich zumutbar

Sowohl die Richter des Sozialgerichts als auch des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts gaben dem Sozia­l­hil­fe­träger Recht. Die Klägerin - sowie die weiteren Geschwister des Verstorbenen - seien als nächste Verwandte bestat­tungs­pflichtig und hätten damit auch die insoweit anfallenden Kosten zu tragen. Der Klägerin sei dies auch wirtschaftlich und persönlich zumutbar. Bei der Gewichtung der wirtschaft­lichen Auswirkungen seien rechtliche und soziale Nähe sowie zwischen­menschliche Beziehungen zum Verstorbenen zu berücksichtigen.

Kostentragung nur bei schweren Verfehlungen unzumutbar

Der Verstorbene habe gegenüber seiner Schwester keine schweren Verfehlungen - wie Körper­ver­let­zungen, sexueller Missbrauch oder grobe Verletzung von Unter­halts­ver­pflich­tungen – begangen. Ein zerrüttetes Verhältnis oder fehlende Nähe zwischen Geschwistern mache hingegen die Kostentragung nicht unzumutbar. Andernfalls hätte bei den vielfach gelockerten familiären Verhältnissen der heutigen Zeit die Allgemeinheit häufig die Bestat­tungs­kosten zu tragen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Geschwister sich bei der Beerdigung ihrer Eltern gesehen hätten, die Klägerin bereits zwei Tage nach dem Tod ihres Bruders hiervon erfahren habe und der Verstorbene im Familiengrab beigesetzt worden sei.

Hinweise zur Rechtslage

Erläuterungen

§ 74 Sozial­ge­setzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)

Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.

§ 26 Saarländisches Bestat­tungs­gesetz

(1) Für die Bestattung haben die volljährigen Angehörigen in folgender Reihenfolge zu sorgen:

1. die Ehefrau/der Ehemann

2. die Partnerin/der Partner einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft

3. die Kinder

4. die Eltern

5. die Partnerin/der Partner einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebens­ge­mein­schaft (…)

6. die Geschwister

7. die Großeltern

8. die Enkelkinder

(…)

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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