18.10.2024
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Dokument-Nr. 3035

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Verwaltungsgericht Aachen Urteil21.03.2006

Beerdi­gungs­kosten werden nicht immer vom Sozialamt erstattetOhne rechtliche Verpflichtung keine Koste­n­er­stattung für Beerdigung eines Sozia­l­hil­fe­emp­fängers an eine Privatperson

Das Verwal­tungs­gericht Aachen hatte über die Erstattung von Beerdi­gungs­kosten eines Sozia­l­hil­fe­emp­fängers zu entscheiden, die zu tragen sich zunächst aus einer empfundenen moralischen Verpflichtung heraus ein Freund verpflichtet hatte.

Der Kläger und der Verstorbene waren früher Nachbarn. Sie unterhielten, auch nachdem der Verstorbene in ein Altenwohnheim umgezogen war, weiterhin freund­schaftliche Beziehungen; der Kläger kümmerte sich um den Verstorbenen. Da die Renteneinkünfte des Verstorbenen und das ihm gewährte Pflegegeld und Pflegewohngeld zur Kostendeckung nicht ausreichten, wurden die ungedeckten Heimkosten aus Mitteln der Sozialhilfe getragen. Im Februar 2003 verstarb er kinderlos und ohne sonstige unter­halts­pflichtige Angehörige, die geschiedene Ehefrau war bereits im Jahr 2000 verstorben. Zur Begründung seines Antrages an den Sozia­l­hil­fe­träger auf Übernahme der Bestat­tungs­kosten gab der Kläger folgende Schilderung: Er sei vom Heimträger über das Ableben seines Freundes unterrichtet worden. Er sei dann in das Heim gefahren. Auf Wunsch des Heimträgers habe er ein Bestat­tungs­in­stitut mit der Durchführung der Beerdigung beauftragt und das Zimmer des Verstorbenen leergeräumt. Da er - der Kläger - an diesem Tag der einzige Ansprechpartner für das Bestat­tungs­un­ter­nehmen gewesen sei, habe er auch die Formalitäten für Bestattung, Krankenkasse und Renten­ver­si­cherung unterschrieben. Das Beerdi­gungs­un­ter­nehmen habe jetzt die Rechnung für die Bestattung an seine - des Klägers - Privatadresse übersandt. Die Gesamtkosten einschließlich der Fried­hofs­ge­bühren beliefen sich auf 2.039,50 €.

Der Beklagte lehnte die beantragte Übernahme ab, da der Kläger nicht zu dem Personenkreis gehöre, der einen Antrag auf Übernahme der Bestat­tungs­kosten nach § 15 des Bundes­so­zi­a­l­hil­fe­gesetz - BSHG - stellen könne. Er sei weder Erbe noch aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur Bestattung verpflichtet. Dieser Auffassung musste sich im Ergebnis auch die Kammer anschließen. Ein Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Kosten einer Bestattung nach § 15 BSHG gegen den örtlich zuständigen Sozia­l­hil­fe­träger setze voraus, dass dem "hierzu Verpflichteten", d.h. demjenigen der verpflichtet ist, die Bestat­tungs­kosten zu tragen, nicht zugemutet werden könne, die Kosten zu tragen. Die Bestat­tungs­pflicht könne erbrechtlich (§ 1968 BGB) oder unter­halts­rechtlich (§ 1615 BGB) begründet sein oder aus landes­recht­lichen Bestat­tungs­pflichten herrühren. Der Kläger gehöre nach diesen Grundsätzen nicht zu den zur Bestattung Verpflichteten im Sinne des § 15 BSHG. Er ist und war dem Verstorbenen nicht zum Unterhalt verpflichtet und ist nach seinem eigenen Vortrag auch nicht sein Erbe. Der Kläger sei auch nicht aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur Bestattung verpflichtet gewesen, denn nach § 2 Abs. 1 der "Ordnungs­be­hörd­lichen Verordnung über das Leichenwesen" habe die Verpflichtung zur Bestattung nur der Ehegattin, den Abkömmlingen, den Eltern und den Geschwistern oblegen, einem Personenkreis zu dem der Kläger unstreitig nicht gehöre. Seine aus Gründen einer empfundenen moralischen Verpflichtung eingegangene zivilrechtliche Bindung durch - schriftlich bestätigte - Beauftragung des Bestat­tungs­un­ter­nehmens mit der Beerdigung des Verstorbenen reiche zur Geltendmachung eines Erstat­tungs­an­spruchs nach § 15 BSHG nicht aus. Sie könne, so die Kammer abschließend, zwar die Verärgerung des Klägers nachvollziehen, der sich sowohl durch das Altenheim als auch das Bestat­tungs­un­ter­nehmen am Todestag des Verstorbenen über die zu diesem Zeitpunkt sinnvoller Weise zu treffenden Maßnahmen unzureichend informiert oder gar hintergangen gefühlt habe. Dies könne aber nicht dazu führen, von der geltenden Rechtslage abzusehen. Insoweit sei zunächst der Gesetzgeber aufgerufen hinsichtlich der Erstattung von Bestat­tungs­kosten in vergleichbaren Fällen zukünftig über andere Lösungs­mög­lich­keiten nachzudenken.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Aachen vom 08.05.2006

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