21.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil29.09.2009

Sozia­l­hil­fe­träger muss trotz leistungs­fähiger Verwandter Bestat­tungs­kosten übernehmenBundes­so­zi­al­gericht zur Übernahme von Bestat­tungs­kosten durch den Sozia­l­hil­fe­träger

Einer ALG-II-Empfängerin kann nicht unter Verweis auf die leistungsfähige Schwiegermutter zugemutet werden, die Bestat­tungs­kosten für ihren verstorbenen Ehemann zu übernehmen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Der Ehemann der Klägerin verstarb im Jahre 2007 im Alter von 58 Jahren; zu diesem Zeitpunkt bezog die Klägerin Leistungen nach dem Sozial­ge­setzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Auf Grund einer landes­recht­lichen Regelung war sie, obwohl sie wie die Mutter des Verstorbenen das Erbe ausgeschlagen hatte, verpflichtet, für die Bestattung des Verstorbenen zu sorgen. Der beklagte Sozia­l­hil­fe­träger lehnte die Übernahme der Kosten für die von der Klägerin in Auftrag gegebene Bestattung (insgesamt 1.394,12 Euro einschließlich der Kosten für die Einäscherung) ab, weil der Klägerin vorrangige Ausgleichs­ansprüche gegen die über 80 jährige Mutter des Verstorbenen zustünden, die diesem zum Todeszeitpunkt unter­halts­ver­pflichtet gewesen sei und damit die Bestattungskosten zu tragen habe. Sozialgericht und Landes­so­zi­al­gericht haben der Klage stattgegeben, weil es sich bei dem Ausgleichs­an­spruch der Klägerin gegen die nicht zahlungsbereite Schwiegermutter nicht um eine präsente Hilfemög­lichkeit handele.

Verweis auf Ausgleichs­an­spruch nicht zumutbar

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat entschieden, dass die Klägerin als nach Landesrecht zur Bestattung Verpflichtete nicht zumutbar auf einen Ausgleichs­an­spruch gegen ihre Schwiegermutter verwiesen werden kann, wenn sie zum Zeitpunkt, in dem die Kosten für die Bestattung angefallen sind, und gegenwärtig noch bedürftig im Sinne des Sozia­l­hil­fe­rechts (Sozial­ge­setzbuch Zwölftes Buch Sozialhilfe ) bzw des SGB II war bzw ist. Sie muss dann nicht vorrangig einen unsicheren Ausgleichs­an­spruch gegen ihre Schwiegermutter, die sich geweigert hat, die Kosten zu übernehmen, bzw gegen das Land als möglichen Erben durchzusetzen versuchen. Ob das Land überhaupt bei Ausschlagung des Erbes durch alle sonstigen in Betracht kommenden Erben (§ 1936 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB) für die Erstat­tungs­kosten haftet (§ 1968 BGB), ist zweifelhaft. Gleiches gilt für die Haftung der Mutter des Verstorbenen (§ 1615 Abs. 2 BGB), die eine Unter­halts­pflicht zum Zeitpunkt des Todes trotz des Alters des Verstorbenen voraussetzen würde. Diese ist zwar rechtlich nicht ausgeschlossen, jedoch nach den Umständen des Falles eher unwahr­scheinlich. Bei dieser Sachlage hat der Sozia­l­hil­fe­träger jedenfalls bei durchgehender Bedürftigkeit der Klägerin dieser die Kosten für die Bestattung zu zahlen (§ 74 SGB XII); evtl Ausgleichs­ansprüche gegen Dritte kann er auf sich überleiten. Wegen fehlender Feststellungen zur Einkommens- und Vermö­gens­si­tuation schon zum Zeitpunkt des Anfalls der Kosten wurde die Sache an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen.

Quelle: ra-online, Bundessozialgericht

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