18.10.2024
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Dokument-Nr. 233

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Entscheidung19.10.2004Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg1 S 681/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • VBlBW 2005, 141Zeitschrift: Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (VBlBW), Jahrgang: 2005, Seite: 141
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Entscheidung19.10.2004

Angehöriger muss Bestat­tungs­kosten übernehmen

Ein volljähriges (nichteheliches) Kind eines Verstorbenen ist auch bei gestörten Familien­verhältnissen zur Übernahme der Bestat­tungs­kosten verpflichtet. Dies hat der 1. Senat des Verwaltungs­gerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in einem Berufungs­ver­fahren mit Urteil vom 19.10.2004 bestätigt.

Der 45-jährige Kläger war von der Stadt Karlsruhe als nichteheliches Kind seines im Januar 2003 ohne weitere Angehörige verstorbenen Vaters herangezogen worden, die Bestat­tungs­kosten in Höhe von EUR 1.646,60 zu tragen. Gegen diesen Kostenbescheid hatte der Kläger eingewandt, er habe zu seinem „Erzeuger“ seit seiner Geburt weder schriftlich noch mündlich Kontakt gehabt. Weder er noch seine Mutter hätten von ihm irgendwelche Unterstützung in Form von Unterhalt oder Ähnlichem erhalten. Da er nach der im Zeitpunkt seiner Geburt geltenden Rechtslage mit seinem Vater auch nicht verwandt gewesen sei und er die Erbschaft ausgeschlagen habe, halte er die Heranziehung zu den Bestat­tungs­kosten für „menschen­un­würdig“. Das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat die Klage mit Urteil vom 12.12.2003 abgewiesen. Diese Entscheidung hat der VGH auf die Berufung des Klägers mit folgenden Gründen bestätigt:

Der Kläger sei als volljähriger Sohn und einziger ermittelbarer Angehöriger verpflichtet, für die Bestattung seines Vaters zu sorgen. Da diese nicht rechtzeitig, d.h. grundsätzlich spätestens innerhalb 96 Stunden nach Eintritt des Todes erfolgt sei, habe die Beklagte zu Recht die Bestattung veranlasst und den Kläger zur Koste­n­er­stattung herangezogen (§ 31 Abs. 2 Bestat­tungs­gesetz). Die Inanspruchnahme des Klägers scheitere auch nicht daran, dass dieser kein eheliches Kind des Verstorbenen war. Zwar sei er im Zeitpunkt seiner Geburt nicht mit seinem Erzeuger verwandt gewesen (vgl. § 1589 Abs. 2 BGB a.F.). Seit dem 01.07.1970 unterscheide das Gesetz bei der Verwandtschaft jedoch nicht mehr zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung. Auch der Einwand des Klägers, er habe die Erbschaft ausgeschlagen, sei rechtlich unbeachtlich. Denn bei der Bestat­tungs­pflicht handele es sich um eine öffentlich-rechtliche Pflicht, die nicht mit der zivil­recht­lichen Pflicht identisch sei, die Beerdi­gungs­kosten zu tragen. Dass die Bestat­tungs­pflicht im Gegensatz zur familiären Unter­halts­pflicht keine Beschränkung oder einen Wegfall der Verpflichtung in Fällen grober Unbilligkeit vorsehe, sei verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bestat­tungs­pflicht diene in erster Linie der Gefahrenabwehr und knüpfe zudem an die den nächsten Angehörigen gewohn­heits­rechtlich obliegende Totenfürsorge an. Sie sei daher kein von dem Verstorbenen ererbtes Recht, sondern Ausfluss des famili­en­recht­lichen Verhältnisses, das über den Tod hinaus fortdauere und gegenüber dem toten Famili­en­mitglied Pietät und Pflege seines Andenkens gebiete. Der Kläger bleibe auch nicht in jedem Fall mit den Kosten belastet, sondern habe einen Ausgleichs­an­spruch gegenüber den Erben. Sofern der Verstorbene völlig mittellos gewesen sei, könne der Kläger die erforderlichen Kosten der Bestattung vom Sozia­l­hil­fe­träger verlangen, soweit ihm nicht zugemutet werden könne, die Kosten selbst zu tragen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit komme es nicht darauf an, ob der Kläger selbst bedürftig sei, vielmehr könne die Zumutbarkeit insbesondere von der Nähe und der Beziehung zum Verstorbenen abhängen.

Die Entscheidung ist seit dem 07.12.2004 rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 03.02.2005

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