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Amtsgericht München Urteil03.02.2011
AG München zur möglichen Anfechtung einer Kostenübernahmeerklärung für eine EinäscherungHinterbliebene ist nicht Tochter des Verstorbenen – Mit Bestattungsinstitut geschlossener Vertrag kann im Nachhinein nicht angefochten werden
Die Auftraggeberin für eine Einäscherung hat auch dann deren Kosten zu tragen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie nicht die Tochter des Verstorbenen ist. Diese Tatsache berechtigt nicht zur Anfechtung des geschlossenen Vertrages. Dies entschied das Amtsgericht München.
Im zugrunde liegenden Fall beauftragte die spätere Klägerin Anfang März 2010 ein Bestattungsinstitut mit einer Feuerbestattung für ihren verstorbenen Vater. Die Einäscherung fand dann auch auftragsgemäß statt. Danach – bei Durchsicht der Unterlagen – stellte die vermeintliche Tochter jedoch fest, dass der Verstorbene nicht ihr Vater gewesen war. Anhand des Familienbuches konnte sie nämlich erkennen, dass zum Zeitpunkt ihrer Geburt ihre Mutter ihren „Vater“ noch gar nicht kannte. Diese heirateten erst Jahre später. Als erstes Kind beider war im Familienbuch ihr Bruder eingetragen.
Tochter fechtet geschlossenen Vertrag an
Die „Tochter“ focht daher den geschlossenen Vertrag an und weigerte sich zu zahlen. Das Bestattungsinstitut erhob darauf hin Klage vor dem Amtsgericht München auf Zahlung der vereinbarten 450 Euro.
Änderung der Familienverhältnisse stellt keinen Anfechtungsgrund dar
Die zuständige Richterin gab dem Bestattungsinstitut Recht. Die Beklagte habe unstreitig Anfang März eine Kostenübernahmeerklärung für die Einäscherung abgegeben. Diese Erklärung sei nicht wirksam angefochten worden. Die Tatsache, dass die Beklagte erst nach dem Tod des Vaters festgestellt habe, dass sie entgegen ihrer Annahme doch nicht seine Tochter gewesen sei, sei sicherlich für diese persönlich belastend, stelle jedoch keinen Anfechtungsgrund dar, insbesondere keinen Eigenschaftsirrtum. Die Stellung als Tochter sei in keinster Weise Gegenstand der vertraglich vereinbarten Leistung gewesen. Ein Irrtum über „ihre Eigenschaft als Tochter“ sei daher kein Eigenschaftsirrtum im Rechtssinne, sondern bloß ein unbeachtlicher Motivirrtum, der nicht zur Anfechtung berechtige.
Exkurs:
Grundsätzlich gilt „pacta sunt servanda“: einmal geschlossene Verträge sind einzuhalten. Eine Anfechtung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ein Anfechtungsgrund (neben der arglistigen Täuschung und der Drohung) ist dabei der Irrtum. Aber nicht jeder Irrtum ist dabei erheblich. Anfechten kann zum Beispiel jemand, der sich über die Bedeutung dessen, was er gesagt hat, nicht im Klaren war. Auch versprechen, verschreiben, vergreifen kann zur Anfechtung berechtigen. Ein Irrtum über eine Eigenschaft ist aber nur dann ein Anfechtungsgrund, wenn die Eigenschaft für den Vertrag (damit für beide Vertragspartner) wesentlich war. Im Übrigen gilt: Grundsätzlich hat der Erbe die Kosten der Beerdigung zu tragen. Existiert aber ein Vertrag mit dem Beerdigungsinstitut, ist es völlig unerheblich wer Erbe ist. Der vertragliche Anspruch besteht unabhängig davon.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.02.2011
Quelle: Amtsgericht München/ra-online
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