Dokument-Nr. 14507
Permalink https://urteile.news/
- Sächsisches Finanzgericht äußert Zweifel an Verfassungsmäßigkeit der Regelung zur getrennten bzw. gemeinsamen Veranlagung von Ehegatten und LebenspartnernSächsisches Finanzgericht, Beschluss09.05.2012, 3 V 1829/11
- Eintragungen von Lebenspartnern sind auf Lohnsteuerkarten vorläufig wie bei Verheirateten vorzunehmenFinanzgericht Bremen, Beschluss13.02.2012, 1 V 113/11 (5)
Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil20.12.2012
Eingetragene Lebenspartner haben vorläufig Anspruch auf Eintragung der Lohnsteuerklasse IIIFG Schleswig-Holstein äußert ernstliche Zweifel an Verfassungsmäßigkeit der Regelungen im Einkommensteuergesetz zur Lohnsteuerklasseneinteilung
Für eingetragene Lebenspartner ist vorläufig die nach dem Gesetzeswortlaut nur für Ehegatten geltende Lohnsteuerklasse III - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen - auf der Lohnsteuerkarte einzutragen. Das gilt zumindest bis zu einer Klärung der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner von Ehegatten begünstigenden Regelungen im Lohn- und Einkommensteuerrecht (so genanntes Ehegattensplitting) durch das Bundesverfassungsgericht in dort bereits anhängigen Verfahren. Dies geht aus einer Entscheidung des Finanzgerichts Schleswig-Holstein hervor.
In den zugrunde liegenden Fällen wollte jeweils eine Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auf ihrer Lohnsteuerkarte für das Jahr 2011 die nach dem Gesetzeswortlaut Ehegatten vorbehaltene günstigere Lohnsteuerklasse III eintragen lassen. Dies hatte das Finanzamt abgelehnt. Dagegen beantragten die betroffenen Frauen vorläufigen Rechtsschutz bei dem Finanzgericht.
FG nimmt Bezug auf Entscheidung des BVerfG zur verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften
Das Finanzgericht Schleswig- Holstein ordnete die vorläufige Eintragung der begehrten Lohnsteuerklasse auf der Lohnsteuerkarte an. Dabei ging das Gericht davon aus, dass ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner von den Regelungen im Einkommensteuergesetz zur Lohnsteuerklasseneinteilung, die Ehegatten begünstigen, bestehen. Diese Zweifel ergaben sich nach Auffassung des Gerichts insbesondere aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 zur Erbschaftsteuer. In dieser Entscheidung war eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften angenommen worden. Darüber hinaus begründeten aber auch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Mai 2011 (C -147/08) sowie diverse in jüngerer Zeit ergangene finanzgerichtliche Entscheidungen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der bestehenden gesetzlichen Regelung.
Öffentliches Interesse an geordneter Haushaltsführung steht vorläufiger Gewährung der günstigeren Lohnsteuerklasse nicht entgegen
Angesichts der relativ geringen Anzahl betroffener Fälle stand für das Gericht schließlich das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung einer vorläufigen Gewährung der günstigeren Lohnsteuerklasse für eingetragene Lebenspartner bis zur abschließenden Klärung durch das Bundesverfassungsgericht nicht entgegen.
FG erklärt § 3 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes in der bis zum 13. Dezember 2010 geltenden Fassung für verfassungswidrig
Bereits mit Entscheidung vom 28. Juni 2011 (Az. 3 K 217/08) hatte das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht - seinerzeit vor dem Hintergrund des Grunderwerbsteuerrechts - erkannt, dass eingetragene Lebenspartner grundsätzlich Ehegatten gleichzustellen seien. Aus diesem Grund ist nach Auffassung des Finanzgerichts § 3 Nr. 4 Grunderwerbsteuergesetz in der bis zum 13. Dezember 2010 geltenden Fassung verfassungswidrig. Diese Vorschrift sah vor, dass Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten grunderwerbsteuerfrei bleiben, solche zwischen eingetragenen Lebenspartnern aber nicht. Mit der genannten Entscheidung hatte das Finanzgericht das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.11.2012
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil14507
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.