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- jM 2015, 64 (Holger Radke)juris - Die Monatszeitschrift (jM), Jahrgang: 2015, Seite: 64, Entscheidungsbesprechung von Holger Radke
- MDR 2015, 46Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 46
- NJW 2014, 3713Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 3713
- Amtsgericht Mönchengladbach, Urteil21.03.2013, 3 C 600/12
- Landgericht Mönchengladbach, Urteil04.09.2013, 13 S 127/13
- Amtsgericht Stuttgart, Urteil24.07.2013, 13 C 2949/13
- Landgericht Stuttgart, Urteil18.12.2013, 13 S 127/13
- Allgemeine Geschäftsbedingungen über ein Bearbeitungsentgelt für Privatkredite unwirksamBundesgerichtshof, Urteil13.05.2014, XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13
- Bank darf Bearbeitungsentgelt für Ratendarlehen erhebenAmtsgericht München, Urteil11.07.2013, 223 C 9261/13
- Postbank AG zur Rückzahlung von Gebühren wegen unwirksamer Klausel zum Bearbeitungsentgelt verpflichtetLandgericht Bonn, Urteil16.04.2013, 8 S 293/12
Bundesgerichtshof Urteil28.10.2014
Formularmäßig vereinbarte Darlehensbearbeitungsentgelte in Verbraucherkreditverträgen zwischen den Jahren 2004 und 2011 können zurückverlangt werdenVereinbarung von Bearbeitungsentgelten in AGBs für Verbraucherkreditverträge unwirksam
Der Bundesgerichtshof hatte in zwei Entscheidungen erstmals über die Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten zu entscheiden. Danach begann die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB* i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB** für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar war.
In den beiden zugrunde liegenden Verfahren begehren die Kläger von den jeweils beklagten Banken die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die die Beklagten im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen formularmäßig berechnet haben.
Bank berechnet für Darlehensverträge jeweils Bearbeitungsgebühr
Im Verfahren XI ZR 348/13 schloss der dortige Kläger mit der dortigen Beklagten im Dezember 2006 einen Darlehensvertrag über 7.164,72 Euro ab. Die Beklagte berechnete eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt" von 189,20 Euro. Im Oktober 2008 schlossen die Parteien einen weiteren Darlehensvertrag über 59.526,72 Euro ab. Die Beklagte berechnete wiederum eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt", die sich in diesem Falle auf 1.547,10 Euro belief. Im Juni/Juli 2011 wurde ein dritter Darlehensvertrag über 12.353,04 Euro geschlossen, wobei die Beklagte eine 3,5 prozentige "Bearbeitungsgebühr" in Höhe von 343 Euro berechnete.
Kläger verlangt Erstattung der von ihm gezahlten Bearbeitungsentgelte
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung dieser Bearbeitungsentgelte. Mit seiner im Dezember 2012 bei Gericht eingereichten Klage hat er ursprünglich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von insgesamt 2.079,30 Euro erstrebt. Die Beklagte hat die Klageforderung in Höhe eines Teilbetrages von 1.015,96 Euro - darin enthalten das Bearbeitungsentgelt für das im Jahre 2011 gewährte Darlehen sowie ein Teil des Bearbeitungsentgelts für das im Jahr 2008 aufgenommene Darlehen - anerkannt; im Übrigen erhebt sie die Einrede der Verjährung. Wegen des von der Beklagten nicht anerkannten Restbetrags der Klageforderung ist die Klage in den Vorinstanzen, die vom Verjährungseintritt ausgegangen sind, erfolglos geblieben.
Auch Kläger des Verfahrens XI ZR 17/14 verlangt Erstattung der Bearbeitungsentgelte
Im Verfahren XI ZR 17/14 schloss der dortige Kläger mit der dortigen Beklagten im Februar 2008 einen Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 18.500 Euro ab. Die Beklagte berechnete ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 555 Euro, das der Kläger mit seiner im Jahre 2013 erhobenen Klage zurückfordert; die Beklagte erhebt ebenfalls die Verjährungseinrede. Die Rückforderungsklage war hier in beiden Vorinstanzen erfolgreich.
Verfahren XI ZR 348/13: BGH verurteilt Bank zur Rückzahlung der Bearbeitungsentgelte
Der Bundesgerichtshof hat im Verfahren XI ZR 348/13 auf die Revision des klagenden Kreditnehmers das Berufungsurteil aufgehoben und die beklagte Bank zur Zahlung auch des von ihr nicht anerkannten Restbetrags der Klageforderung verurteilt.
Im Verfahren XI ZR 17/14 ist die Revision der dort beklagten Bank erfolglos geblieben.
Streitige Bearbeitungsentgelte wurden ohne rechtlichen Grund erlangt
In beiden Rechtsstreiten sind die Berufungsgerichte im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die jeweilige Beklagte die streitigen Bearbeitungsentgelte durch Leistung der Klagepartei ohne rechtlichen Grund erlangt hat, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB***. Die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verbraucherkreditverträge ist, wie der Bundesgerichtshof mit seinen beiden Urteilen vom 13. Mai 2014 entschieden hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB**** unwirksam. Diese Rechtsprechung gilt auch für die hier streitgegenständlichen Entgeltregelungen.
BGH verneint Verjährung der Rückzahlungsansprüche
Die Rückzahlungsansprüche beider Kläger sind zudem nicht verjährt; die gegenteilige Annahme der Vorinstanzen in der Sache XI ZR 348/13 ist unzutreffend. Bereicherungsansprüche verjähren nach § 195 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in "banküblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2 % von der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebilligt worden waren, war Darlehensnehmern vorliegend die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil v. 03.05.2011 - 17 U 192/10; OLG Dresden, Urteil v. 29.09.2011 - 8 U 542/11). Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs künftig versagt werden würde.
Nur vor oder im Jahr 2004 entstandene Rückforderungsansprüche sind verjährt
Ausgehend hiervon sind derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 oder im Jahr 2004 vor mehr als 10 Jahren entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten - kenntnisunabhängigen - 10jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.
* § 195 BGB
Erläuterungen
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.** § 199 BGB
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
1.der Anspruch entstanden ist und
2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) [...]
(3) [...]
(3a) [...]
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) [...]
*** § 812 BGB
1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. [...]
(2) [...]
**** § 307 BGB
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. [...]
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.10.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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