21.11.2024
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Dokument-Nr. 18436

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Urteil03.07.2014BundesgerichtshofI ZR 28/11, I ZR 29/11, I ZR 30/11 und I ZR 162/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2014, 760Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 760
  • MMR 2014, 763Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2014, Seite: 763
  • NJW 2015, 349Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 349
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Vorausgegangene Entscheidungen zu I ZR 28/11:
Vorausgegangene Entscheidungen zu I ZR 29/11:
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil03.07.2014

Drucker und PCs sind ver­gütungs­pflichtige Ver­viel­fältigungs­geräteVG Wort hat Anspruch auf Vergütung für Drucker und PCs

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass Drucker und PCs zu den ver­gütungs­pflichtigen Ver­viel­fältigungs­geräten nach §§ 54, 54a Urheber­rechts­gesetz in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung (UrhG aF) gehören.

Der Urheber eines Werkes hatte nach dem bis Ende 2007 geltenden und in den zu entscheidenden Fällen noch anzuwendenden Recht einen Vergü­tungs­an­spruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten, wenn diese dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen (§ 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF). Darüber hinaus hatte er einen Vergü­tungs­an­spruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten und von Bild- und Tonträgern, wenn diese dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Übertragungen von einem Bild- und Tonträger auf einen anderen" zu vervielfältigen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF). Diese Vergü­tungs­ansprüche sollen dem Urheber einen Ausgleich dafür verschaffen, dass Verviel­fäl­ti­gungen seines Werkes zum eigenen Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne seine Zustimmung zulässig sind.

Vergü­tungs­an­spruch besteht für sämtliche zur Verviel­fäl­tigung benutzter Geräte und Speichermedien

Nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Regelung, die in den in Rede stehenden Fällen noch nicht anzuwenden ist, besteht ein Vergü­tungs­an­spruch hinsichtlich sämtlicher Geräte und Speichermedien, deren Typ zur Vornahme von bestimmten Verviel­fäl­ti­gungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Vergü­tungs­an­spruch hängt danach nicht mehr davon ab, dass die Geräte oder Speichermedien dazu bestimmt sind, ein Werk auf eine bestimmte Weise zu vervielfältigen.

Sachverhalt

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist die VG Wort. Sie nimmt die urheber­recht­lichen Befugnisse von Wortautoren und Verlegern wahr. Sie ist in den hier in Rede stehenden Verfahren auch im Auftrag der Verwer­tungs­ge­sell­schaft Bild-Kunst tätig. Deren Aufgabe besteht in der Wahrnehmung der urheber­recht­lichen Nutzungsrechte an Fotografien, Bildwerken und Grafiken aller Art. Die Beklagten vertreiben in Deutschland Drucker und PCs, die sie selbst herstellen oder importieren. Die Klägerin nimmt die unter­schied­lichen Beklagten in vier verschiedenen Verfahren auf Zahlung einer Vergütung für diese Geräte in Anspruch.

Verfahrensgang

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart und das Oberlan­des­gericht München haben den dort erhobenen Klagen weitgehend stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht Düsseldorf hat in zwei weiteren Verfahren die dort erhobenen Klagen abgewiesen. Der Bundes­ge­richtshof hat mit Beschlüssen jeweils vom 21. Juli 2011 die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat hierüber durch Urteil vom 27. Juni 2013 befunden.

Am deutlichsten zur Verviel­fäl­tigung eingesetztes Gerät innerhalb einer Gerätekette ist vergü­tungs­pflichtig

Der Bundes­ge­richtshof hat nunmehr entschieden, dass Drucker, nicht aber PCs zu den vergü­tungs­pflichtigen Verviel­fäl­ti­gungs­geräten nach § 54 a UrhG aF gehören. Diese Bestimmung erfasst bei richt­li­ni­en­kon­former Auslegung nur Verviel­fäl­ti­gungs­ver­fahren, bei denen analoge Verviel­fäl­ti­gungs­stücke entstehen; dabei kommt es nicht darauf an, ob ein analoges oder ein digitales Werkstück als Verviel­fäl­ti­gungs­vorlage diente. Erfasst werden auch Verviel­fäl­ti­gungs­ver­fahren mittels verschiedener Geräte, wenn diese Geräte miteinander verbunden sind und es sich um ein einheitliches Verviel­fäl­ti­gungs­ver­fahren handelt, das unter der Kontrolle derselben Person steht und auf die Herstellung analoger Verviel­fäl­ti­gungs­stücke abzielt. Unter dieser Voraussetzung sind Verviel­fäl­ti­gungs­ver­fahren nicht nur mit einer aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Gerätekette, sondern auch mit einer nur aus PC und Drucker bestehenden Gerätekette vergü­tungs­pflichtig. Innerhalb einer solchen Gerätekette ist allerdings nur das Gerät vergü­tungs­pflichtig, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Verviel­fäl­ti­gungsgerät eingesetzt zu werden. Innerhalb der aus Scanner, PC und Drucker gebildeten Funkti­o­ns­einheit ist dies der Scanner; innerhalb der aus PC und Drucker gebildeten Funkti­o­ns­einheit ist dies der Drucker. Verviel­fäl­ti­gungs­ver­fahren mit einem PC als Endgerät sind nicht nach § 54 a UrhG aF vergü­tungs­pflichtig, weil dabei digitale Verviel­fäl­ti­gungs­stücke entstehen.

Auch zur Herstellung digitaler Verviel­fäl­ti­gungs­stücke verwendete PCs sind vergü­tungs­pflichtig

Der Bundes­ge­richtshof hat weiter entschieden, dass PCs zu den vergü­tungs­pflichtigen Verviel­fäl­ti­gungs­geräten nach § 54 UrhG aF gehören. Diese Bestimmung erfasst Verviel­fäl­ti­gungen durch Übertragungen von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen. Unter einem Bild- oder Tonträger ist nach § 16 Abs. 2 UrhG eine Vorrichtung zur wiederholbaren Wiedergabe von Bild- oder Tonfolgen zu verstehen. Dazu zählen auch digitale Speichermedien wie Festplatten. Durch Übertragungen von einem digitalen Speichermedium auf ein anderes können nicht nur Filme und Musik, sondern auch "stehende" Texte oder "stehende" Bilder der von der Klägerin und der Verwer­tungs­ge­sell­schaft Bild-Kunst vertretenen Urheber von Sprachwerken, Fotografien, Bildwerken und Grafiken vervielfältigt werden; derartige Texte oder Bilder können beispielsweise über das Internet von der Festplatte eines Servers auf die Festplatte eines Computers heruntergeladen werden. Soweit PCs auf diese Weise als Endgeräte in einem einheitlichen Verviel­fäl­ti­gungs­ver­fahren zur Herstellung digitaler Verviel­fäl­ti­gungs­stücke verwendet werden, sind sie nach § 54 UrhG aF vergü­tungs­pflichtig.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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