23.11.2024
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Dokument-Nr. 12001

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Beschluss21.07.2011BundesgerichtshofI ZR 162/10, I ZR 30/11, I ZR 28/11 und I ZR 29/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • CR 2011, 713Zeitschrift: Computer und Recht (CR), Jahrgang: 2011, Seite: 713
  • MMR 2011, 751Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 751
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
vorhergehende Entscheidungen zu I ZR 162/10:
Vorausgehende Entscheidungen zu I ZR 30/11:
Vorausgehende Entscheidungen zu I ZR 28/11:
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil25.01.2006, 12 O 110/05
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil23.01.2007, 20 U 38/06
  • Bundesgerichtshof, Beschluss14.08.2008, I ZR 17/07
  • Bundesverfassungsgericht, Beschluss21.12.2010, 1 BvR 2760/08
Vorausgehende Entscheidungen zu I ZR 29/11:
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil29.11.2006, 12 O 8/06
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil13.11.2007, 20 U 186/06
  • Bundesgerichtshof, Beschluss14.08.2008, I ZR 208/07
  • Bundesverfassungsgericht, Beschluss21.12.2010, 1 BvR 2742/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss21.07.2011

Bundes­ge­richtshof legt Europäischem Gerichtshof Fragen zur Vergü­tungs­pflicht von Druckern und PCs vorBGH erbittet Vorab­ent­scheidung zur Auslegung der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der Schutzrechte in der Informations­gesellschaft

Der Bundes­ge­richtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur urheber­recht­lichen Vergü­tungs­pflicht von Druckern und PCs vorgelegt und eine Vorab­ent­scheidung des Gerichtshofs erbeten.

Der Urheber eines Werkes hatte nach dem bis Ende 2007 geltenden und in den zu entscheidenden Fällen noch anzuwendenden Recht einen Vergü­tungs­an­spruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten, wenn diese Geräte dazu bestimmt sind, ein derartiges Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen (§ 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF). Dieser Vergü­tungs­an­spruch soll dem Urheber einen Ausgleich dafür verschaffen, dass Verviel­fäl­ti­gungen seines Werkes zum eigenen Gebrauch unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne seine Zustimmung zulässig sind.

Uneinigkeit über urheber­rechtliche Vergü­tungs­pflicht in den Vorinstanzen

Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist die VG Wort. Sie nimmt die urheber­recht­lichen Befugnisse von Wortautoren und Verlegern wahr. Die Beklagten vertreiben in Deutschland Drucker und PCs, die sie selbst herstellen oder importieren. Die Klägerin nimmt die unter­schied­lichen Beklagten in vier verschiedenen Verfahren auf Zahlung einer Vergütung für diese Geräte in Anspruch. Das OLG Stuttgart und das OLG München haben den dort erhobenen Klagen weitgehend stattgegeben. Der BGH hat diese Urteile aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das OLG Düsseldorf hat in zwei weiteren Verfahren die dort erhobenen Klagen abgewiesen. Der BGH hat die Revision gegen diese Urteile zurückgewiesen. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat sämtliche Entscheidungen des Bundes­ge­richtshofs aufgehoben und die Sachen an den BGH zurückverwiesen. Der Bundes­ge­richtshof hat die Verfahren nunmehr ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union einige Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Infor­ma­ti­o­ns­ge­sell­schaft zur Vorab­ent­scheidung vorgelegt.

BGH: Verwendete Geräteketten zur Vornahme von Verviel­fäl­ti­gungen für urheber­rechtliche Vergü­tungs­pflicht ausschlaggebend

Nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs stellt sich zunächst im Blick darauf, dass nach § 54 a Abs. 1 Satz 1 UrhG aF eine Vergü­tungs­pflicht nur für Geräte besteht, die dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen, die Frage, ob es sich bei Verviel­fäl­ti­gungen mittels Druckern und PCs um derartige Verviel­fäl­ti­gungen "mittels beliebiger fotome­cha­nischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung" im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie handelt. Bei der Beantwortung dieser Frage dürfte es - so der Bundes­ge­richtshof - darauf ankommen, innerhalb welcher Geräteketten Drucker und PCs zur Vornahme von Verviel­fäl­ti­gungen verwendet werden. Mit einer aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Gerätekette können Verviel­fäl­ti­gungen wie mit einem herkömmlichen Fotokopiergerät hergestellt werden. Bei einer nur aus PC und Drucker bestehenden Funkti­o­ns­einheit ist dies nicht der Fall, weil damit nur digitale Vorlagen vervielfältigt werden können.

Nur das am deutlichsten zur Verviel­fäl­tigung eingesetztes Gerät ist vergü­tungs­pflichtig

Für den Fall, dass diese Frage zu bejahen ist, hat der Bundes­ge­richtshof dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die Anforderungen der Richtlinie an einen gerechten Ausgleich für Ausnahmen oder Beschränkungen in Bezug auf das Verviel­fäl­ti­gungsrecht (Art. 5 Abs. 2 und 3 der Richtlinie) unter Berück­sich­tigung des Grundrechts auf Gleich­be­handlung (Art. 20 der EU-Grund­recht­echarta) auch dann erfüllt sein können, wenn nicht die Hersteller, Importeure und Händler der Drucker oder der PCs, sondern die Hersteller, Importeure und Händler eines anderen Geräts oder mehrerer anderer Geräte einer zur Vornahme entsprechender Verviel­fäl­ti­gungen geeigneten Gerätekette den gerechten Ausgleich der Rechtsinhaber zu finanzieren haben. Der Bundes­ge­richtshof hat bislang die Auffassung vertreten, es sei grundsätzlich nur dasjenige Gerät einer solchen Funkti­o­ns­einheit nach § 54 a Abs. 1 UrhG vergü­tungs­pflichtig, das am deutlichsten dazu bestimmt ist, zusammen mit den anderen Geräten wie ein Verviel­fäl­ti­gungsgerät eingesetzt zu werden; in der aus Scanner, PC und Drucker bestehenden Funkti­o­ns­einheit sei dies der Scanner.

BGH erbittet Entscheidung zur Bemessung der Höhe der Vergütung

Soweit Drucker und PCs dem Grunde nach zu den vergü­tungs­pflichtigen Verviel­fäl­ti­gungs­geräten gehören sollten, stellen sich nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs im Zusammenhang mit der Bemessung der Höhe der Vergütung weitere Fragen zur Auslegung der Richtlinie. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Mitgliedstaaten auch dann für Einschränkungen des Verviel­fäl­ti­gungs­rechts einen im Sinne der Richtlinie gerechten Ausgleich zugunsten der Rechtsinhaber vorsehen müssen oder dürfen, wenn die Rechtsinhaber einer Verviel­fäl­tigung ihrer Werke ausdrücklich oder konkludent zugestimmt haben.

Vergü­tungs­an­spruch seit 2008 nicht mehr von Bestimmung des Geräts zur Verviel­fäl­tigung abhängig

Nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Regelung, die in den in Rede stehenden Fällen noch nicht anzuwenden ist, besteht ein Vergü­tungs­an­spruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Verviel­fäl­ti­gungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Vergü­tungs­an­spruch hängt danach nicht mehr davon ab, dass die Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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