14.11.2024
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Dokument-Nr. 21332

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Urteil20.11.2014Bundesarbeitsgericht2 AZR 755/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2015, 1979Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2015, Seite: 1979
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Vorinstanzen:
  • Arbeitsgericht Fulda, Urteil02.10.2012, 1 Ca 471/11
  • Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil03.06.2013, 21 Sa 1456/12
ergänzende Informationen

Bundesarbeitsgericht Urteil20.11.2014

Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen häufiger Kurzer­kran­kungen bei unterlassenem betrieblichem Ein­gliederungs­manage­mentBetriebliches Ein­gliederungs­manage­ment kann mildere Mittel als Kündigung aufzeigen

Einem Arbeitnehmer kann unter bestimmten Voraussetzungen wegen häufiger Kurzer­kran­kungen gekündigt werden. Die Kündigung ist jedoch dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber die Durchführung eines betrieblichen Ein­gliederungs­manage­ments unterlässt. Denn ist diese nicht nutzlos, so kann sie mögliche mildere Mittel als eine Kündigung aufzeigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­arbeits­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein bei einem Hygie­ne­ar­ti­kel­her­steller beschäftigter Maschineführer war seit Beginn des Arbeits­ver­hält­nisses im Jahr 1991 wiederholt wegen unter­schied­licher Erkrankungen arbeitsunfähig. Nachdem sich die Kurzerkrankungen seit dem Jahr 2006 bis zum Jahr 2011 kontinuierlich steigerten, kündigte die Arbeitgeberin im November 2011 das Arbeits­ver­hältnis ordentlich. Ihrer Meinung nach haben die erheblichen Fehlzeiten für eine erhöhte Krank­heits­an­fäl­ligkeit gesprochen und daher eine negative Gesund­heits­prognose begründet. Dies habe die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigt. Der gekündigte Maschinenführer bemängelte unter anderem, dass ein betriebliches Einglie­de­rungs­ma­na­gement (bEM) nicht durchgeführt worden sei, um alternative Möglichkeiten zur Vermeidung oder Verringerung von künftigen Fehlzeiten aufzuzeigen. Er war deshalb mit der Kündigung nicht einverstanden und erhob Kündi­gungs­schutzklage. Das Arbeitsgericht Fulda und das Landes­a­r­beits­gericht Hessen gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision der Arbeitgeberin.

Häufige Kurzer­kran­kungen können ordentliche Kündigung rechtfertigen

Das Bundes­a­r­beits­gericht führte zum Fall zunächst aus, dass häufige Kurzer­kran­kungen eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können. Voraussetzung dafür sei zunächst, dass eine negative Gesund­heits­prognose vorliegt. Es müssen zum Kündi­gungs­zeitpunkt Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Zudem müssen die prognos­ti­zierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beein­träch­tigung der betrieblichen Interessen führen. Diese Beein­träch­ti­gungen können etwa in Betrie­b­s­ab­lauf­stö­rungen oder in zu erwartenden Entgelt­fort­zah­lungs­kosten liegen. Schließlich sei im Rahmen einer Inter­es­sen­s­ab­wägung zu prüfen, ob die Beein­träch­tigung vom Arbeitgeber gleichwohl hingenommen werden muss.

Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund Unver­hält­nis­mä­ßigkeit

Zwar seien die ersten beiden Voraussetzungen gegeben gewesen, so das Bundes­a­r­beits­gericht, die ordentliche Kündigung sei aber dennoch unwirksam gewesen. Sie habe nicht das letzte Mittel dargestellt, sondern sei vielmehr unverhältnismäßig gewesen. Es habe möglicherweise mildere Mittel als eine Kündigung gegeben.

Unterlassenes betriebliches Einglie­de­rungs­ma­na­gement hätte möglicherwiese mildere Mittel aufzeigen können

Nach Ansicht des Bundes­a­r­beits­ge­richts hätte die Durchführung eines bEM (§ 84 Abs. 2 SGB IX) möglicherweise mildere Mittel als die Kündigung aufzeigen können. Das Unterlassen dieser Maßnahmen habe daher die Kündigung unver­hält­nismäßig und somit unwirksam gemacht. Als mildere Mittel wären beispielsweise die Umgestaltung des Arbeitsbereichs oder die Weiter­be­schäf­tigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz in Betracht gekommen. Zudem biete eine bEM dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, gegebenenfalls spezifische Behand­lungs­maß­nahmen zu ergreifen, um dadurch die Wahrschein­lichkeit weiterer Fehlzeiten auszuschließen.

Kein Nachweis der Nutzlosigkeit eines bEM durch Arbeitgeberin

Zwar könne sich ein Arbeitgeber dadurch entlasten, so das Bundes­a­r­beits­gericht, dass er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass ein bEM nutzlos ist und künftige Fehlzeiten durch gesetzlich vorgesehen Hilfen oder Leistungen der Rehabi­li­ta­ti­o­ns­träger nicht in relevanten Umfang vermieden werden können. Dieser Nachweis sei der Arbeitgeberin aber nicht gelungen.

Quelle: Bundesarbeitsgericht, ra-online (vt/rb)

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