21.11.2024
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Arbeitsgericht Stuttgart Urteil15.04.2010

Bewerber abgelehnt – Bezeichnung als “Ossi“ stellt keine entschä­di­gungs­würdige Diskriminierung dar"Ossis" sind keine eigene Ethnie

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer dessen Bewerbung bei einem Unternehmen mit dem Vermerk "(-) Ossi" abgelehnt wird, keinen Anspruch auf Entschädigung wegen geltend gemachter Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft als Ostdeutscher hat.

Im zugrunde liegenden Fall hatte sich die aus der ehemaligen DDR (Ostberlin) stammende und vor der Wende in die Bundesrepublik übergesiedelte Klägerin im Juli 2009 bei der Beklagten erfolglos auf ein Stellenangebot beworben. Auf dem zurück­ge­sendeten Lebenslauf befand sich unter anderem der Vermerk “(-)OSSI“. Die Klägerin verlangte daraufhin von der Beklagten, einem in Stuttgart ansässigen Unternehmen, die Zahlung einer auf das AGG gestützte Entschädigung. Die Beklagte, welche nach eigener Darstellung mehrere Mitarbeiter aus Ostdeutschland beschäftigt, hatte vorgebracht, die Stellenabsage sei nicht wegen der Herkunft der Klägerin erfolgt.

Keine Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft

Das Arbeitsgericht Stuttargt entschied, dass die Klägerin von dem beklagten Unternehmen keine Entschädigung wegen geltend gemachter Benachteiligung aus Gründen der ethnischen Herkunft als Ostdeutsche verlangen kann. Es hat hierzu ausgeführt, die Bezeichnung als “Ossi“ könne zwar diskriminierend gemeint sein und/oder so empfunden werden, sie erfülle jedoch nicht das Merkmal der ethnischen Herkunft im Sinne des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes (AGG).

§ 1 AGG lautet: „Ziel des Gesetzes ist es, Benach­tei­li­gungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“.

Bezeichnung “Ossi“ wird dem Begriff der Ethnie nicht gerecht

Bei Verstößen gegen das Benach­tei­li­gungs­verbot sieht das Gesetz in § 15 Abs. 1 und 2 Schadensersatz- und/oder Entschä­di­gungs­ansprüche vor. Selbst wenn davon ausgegangen werde, so das Gericht, dass mit dem Begriff “Ethnie“ Populationen von Menschen beschrieben werden, die durch ihre Herkunft, ihre Geschichte, ihre Kultur, durch ihre Verbindung zu einem spezifischen Territorium und durch ein geteiltes Gefühl der Solidarität verbunden sind, so werde die Bezeichnung “Ossi“ nicht dem Begriff der Ethnie als Gesamtgefüge dieser Elemente gerecht.

DDR nahm nur wenig mehr als eine Generation unter­schiedliche Entwicklung

Die Gemeinsamkeit ethnischer Herkunft könne sich in Tradition, Sprache, Religion, Kleidung oder in gleichartiger Ernährung ausdrücken. Außer der Zuordnung zum ehemaligen DDR-Territorium fehle es bei den “Ossis“ an diesen Merkmalen, zumal die DDR nur wenig mehr als eine Generation, nämlich 40 Jahre lang, eine von der Bundesrepublik unter­schiedliche Entwicklung genommen habe.

Quelle: ra-online, Arbeitsgericht Stuttgart

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