21.11.2024
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Amtsgericht Rüsselsheim Urteil23.11.2011

Anspruch auf Ausgleichs­zahlung: Fluggäste können bei Abflug­ver­spätung aufgrund technischen Defekts Schadensersatz fordernFlug muss sich um mindestens drei Stunden verspätet haben

Ein Flugunternehmen kann den Anspruch der Fluggäste auf Ausgleichs­zahlung infolge einer Abflug­ver­spätung nur dann verneinen, wenn Gründe vorlagen, die außerhalb des Einfluss­be­reichs des Unternehmens standen. Eindeutig werden dafür Beispiele wie versteckte Fabri­ka­ti­o­ns­fehler, Sabotageakte oder terroristische Handlungen genannt. Eine Störung der Höhen­ru­der­anzeige ist hingegen als technischer Defekt einzuordnen, für den ein Luftfahrt­un­ter­nehmen die volle Verantwortung trägt und demzufolge auf Ausgleichs­zah­lungen in Anspruch genommen werden kann. Dies geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim hervor.

Der Kläger im vorliegenden Fall machte Ausgleichszahlung in Höhe von 600 Euro geltend, da er sein Reiseziel erst mit einer Verspätung um 19 Stunden erreichte. Das beklagte Flugunternehmen versuchte die Forderung mit der Begründung abzuwehren, es hätten außer­ge­wöhnliche Umstände vorgelegen, für die es nicht einzustehen habe.

Mindestens drei Stunden Verspätung gelten als Voraussetzung für Anspruch auf Ausgleich­zahlung

Der Kläger hatte laut Urteil des Amtsgerichts Rüsselsheim einen Anspruch auf Leistung von Ausgleichs­zah­lungen in der geltend gemachten Höhe. Nach den Entscheidungen des (Europäischen Gerichtshofs vom 19.11.2009 Aktenzeichen C-402/07 und C-432/07) sowie des Bundes­ge­richtshofs vom 18.02.2010 (Aktenzeichen Xa ZR 95/06) seien die Art. 5,6 und 7 VO dahin auszulegen, dass die Fluggäste verspäteter Flüge im Hinblick auf die Anwendung des Ausgleichs­an­spruches den Fluggästen annullierter Flüge gleichzustellen seien. Voraussetzung sei jedoch ein erlittener Zeitverlust von mindestens drei Stunden, durch den der Reisende sein Ziel nicht früher als drei Stunden später nach der vom Luftfahrt­un­ter­nehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht habe.

Der aufgetretene technische Defekt lag in der betrieblichen Sphäre des Flugun­ter­nehmens

Der Ersatzanspruch im vorliegenden Fall sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Verspätung etwa auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgegangen sei, die nicht im Einflussbereich des Luftfahrt­un­ter­nehmens gelegen habe. Der behauptete Defekt der Höhen­ru­der­anzeige scheide als außer­ge­wöhn­licher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 VO aus. Bei diesem Fehler handele es sich nicht um einen Defekt, der außerhalb der Sphäre des Unternehmens gelegen habe und sich dessen Beherrschung entziehe. Technische Probleme des Fluggeräts würden in der besonderen Risikosphäre eines Luftfahrt­un­ter­nehmens liegen. In Anlehnung an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 22.12.2008 (Aktenzeichen C-549/07) komme ein Ausschluss des Ausgleichs­an­spruchs wegen technischer Mängel jedoch nur dann in Betracht, wenn die Probleme auf tatsächlich unbeherrschbare Vorkommnisse zurückzuführen seien. Hierzu zählten beispielsweise versteckte Fabri­ka­ti­o­ns­fehler, Sabotageakte, oder terroristische Handlungen.

Der im vorliegenden Fall aufgetretene technische Fehler sei jedoch von diesem zu verantworten. Die 19-stündige Verspätung könne allein auf die Reparatur des Fluggeräts zurückgeführt werden, da diese nicht innerhalb der Dienstzeit der Flugzeug­be­satzung habe beendet werden können. Erst am nächsten Tag habe die Reparatur unmittelbar vor dem tatsächlichen Abflug abgeschlossen werden können.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Rüsselsheim (vt/st)

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