18.10.2024
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Amtsgericht München Urteil05.07.2007

Flugverspätung bei Pauschalreise ist kein KündigungsgrundBesser spät als nie

Ein Reisender kann eine Pauschalreise nur bei einer erheblichen Beein­träch­tigung kündigen. Ob eine solche vorliegt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere der konkreten Ausgestaltung der geschuldeten Reise sowie Art und Dauer der Beein­träch­tigung nach objektiven Maßstäben zu entscheiden. Bei einer Rundreise von 14 Tagen ist der Verlust eines Tages noch keine erhebliche Beein­träch­tigung. Auch die EU-Verordnung Nr. 261/2004, die Ansprüche des Fluggastes bei Verspätungen regelt, enthält keinen Kündigungsgrund, da sie nur zwischen Flugpassagier und Luftfahrt­un­ter­nehmen zur Anwendung kommt.

Ein Urlauber buchte bei einem Reise­ver­an­stalter eine Studienreise nach Island vom 23.7.2006 bis zum 6.8.2006 einschließlich Flug, Transport – und Trans­fer­leis­tungen ab Düsseldorf zu einem Gesam­t­rei­sepreis von 4390 Euro. Der Flug von Düsseldorf nach Amsterdam war für 10.25 Uhr vorgesehen, der Anschlussflug von Amsterdam nach Reykjavik war für 14 Uhr gebucht. Das hierfür vorgesehene Flugzeug konnte jedoch nicht zum geplanten Zeitpunkt abfliegen, da ein durch einen sogenannten Vogelschlag verursachter technischer Defekt am Flugzeug zunächst behoben werden musste. Der spätere Kläger flog darauf hin von Amsterdam nach Düsseldorf zurück und informierte die Reiseleiterin in Island telefonisch, dass er an der Reise nicht teilnehme. Das Reise­un­ter­nehmen bot ihm zweimal an, mit einem anderen Flug hinterher zufliegen und sich der Reisegruppe anzuschließen. Dies lehnte er jedoch ab. Er forderte von dem Reise­un­ter­nehmen die Rückzahlung des gesamten Reisepreises und die Erstattung der Rückflugkosten in Höhe von 311 Euro. Er sei schließlich zum Abbruch der Reise berechtigt gewesen. Die Verspätung sei erheblich, auf Grund der verspäteten Ankunft und der verkürzten Nachtruhe wäre er nicht mehr in der Lage gewesen, die am ersten Reisetag gebuchten Reiseleistungen in Anspruch zu nehmen.

Das Reise­un­ter­nehmen erstattete allerdings nur 2200 Euro. Da lediglich ein Reisetag in Mitleidenschaft gezogen wurde, sei eine Kündigung nicht gerechtfertigt. Darauf hin klagte der Urlauber vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab:

Ein Urlauber könne eine Reise dann kündigen, wenn diese infolge eines Mangels erheblich beeinträchtigt sei oder dem Reisenden die Reise nicht mehr zumutbar sei. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Ob eine erhebliche Beein­träch­tigung vorliege, sei auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere der konkreten Ausgestaltung der geschuldeten Reise sowie der Art und Dauer der Beein­träch­tigung nach objektiven Maßstäben zu entscheiden. Vorliegend sei der Flug nach Reykjavik mit 9 Stunden Verspätung gestartet. Dadurch sei der Gesamtwert der Reise nicht erheblich beeinträchtigt worden. Zwar wäre durch die Verspätung die Nachtruhe des Klägers stark verkürzt worden und der erste Rundreisetag wäre beeinträchtigt gewesen. Auf die restlichen 13 Tage der Rundreise hätte die Flugverspätung aber keine Auswirkungen gehabt. Auch aus der EU-Verordnung Nr. 261/2004 ergäbe sich kein Kündigungsrecht. Diese Verordnung, die bei Verspätungen von Flügen den Reisenden Entschädigungen zuspricht, gelte nur im Verhältnis Flugpassagier und Luftfahrt­un­ter­nehmen, nicht gegenüber dem Reise­ver­an­stalter.

Zusatz:

Die EU-Verordnung Nr.261/2004 hat die Rechte der Fluggäste erheblich verbessert, wenn ein Flug, für den eine Reservierung besteht, gestrichen wird. Die Verordnung findet Anwendung, wenn der Flug auf einem Flughafen im Gebiet eines EU-Mitglieds­s­taates angetreten wird oder endet. Es genügt aber auch, dass eine in der Europäischen Union ansässige Flugge­sell­schaft der Vertragspartner ist, oder in deren Auftrag der Flug durchgeführt wird.

Im Falle der Annullierung eines Fluges gibt die Verordnung dem Fluggast ein Wahlrecht zwischen der Erstattung des Flugpreises oder baldmöglichster Beförderung zum Reiseziel. Außerdem stehen dem Fluggast Betreu­ungs­leis­tungen zu. Zusätzlich hat der Fluggast einen Anspruch auf eine Ausgleichs­leistung, deren Höhe sich nach der Entfernung des Fluges richtet.

Diese Ansprüche bestehen aber nur gegenüber dem Flugunternehmen. Die Ansprüche gegen Veranstalter von Pauschalreisen richten sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des AG München vom 26.01.2009

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