21.11.2024
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Dokument-Nr. 8790

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Gerichtshof der Europäischen Union Urteil19.11.2009

EuGH: Recht auf Entschädigung ab Flugverspätung von drei StundenDen Fluggästen verspäteter Flüge kann ein Ausgleichs­an­spruch zustehen

Wer sein Endziel frühestens drei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit erreicht, kann ebenso wie die Fluggäste annullierter Flüge von der Flugge­sell­schaft eine pauschale Ausgleichs­zahlung verlangen, es sei denn, die Verspätung geht auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurück. Dies hat der EuGH entschieden.

Der Europäische Gerichtshof hat die Ansprüche präzisiert, die Fluggästen eines verspäteten Fluges nach der Gemein­schafts­ver­ordnung über Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste (siehe unten) gegen die Flugge­sell­schaft zustehen. Diese Verordnung sieht vor, dass Fluggäste bei Annullierung eines Fluges eine pauschale Ausgleichszahlung in Höhe von 250 bis 600 Euro erhalten können. Dagegen sieht die Verordnung nicht ausdrücklich vor, dass ein solcher Anspruch auch den Fluggästen verspäteter Flüge zusteht.

Gerichtshof antwortet auf Fragen des BGH

Mit seinem Urteil antwortet der Gerichtshof auf mehrere Fragen, die ihm vom Bundes­ge­richtshof (BGH, Beschluss v. 17.07.2007 - X ZR 95/06 -) und vom Handelsgericht Wien (Österreich) vorgelegt worden sind. Diese nationalen Gerichte haben über Klagen zu entscheiden, mit denen Fluggäste von Condor und Air France die in der Verordnung für den Fall der Annullierung eines Fluges vorgesehene Ausgleichs­zahlung beanspruchen, weil sie von diesen Gesellschaften zu ihrem jeweiligen Zielflughafen mit einer Verspätung von 25 bzw. 22 Stunden gegenüber der vorgesehenen Ankunftszeit befördert wurden.

EuGH: Große Verspätung bedeutet nicht automatisch Annullierung des Fluges

Der Gerichtshof führt zunächst aus, dass die Dauer der Verspätung, auch wenn es sich um eine große Verspätung handelt, nicht ausreicht, um einen Flug als annulliert anzusehen. Ein verspäteter Flug kann unabhängig von der Dauer der Verspätung nicht als annulliert angesehen werden, wenn – von der Abflugzeit abgesehen – alle anderen Elemente des Fluges, insbesondere die Flugroute, unverändert so bleiben, wie sie ursprünglich geplant waren. Wenn die Flugge­sell­schaft dagegen die Fluggäste nach der geplanten Abflugzeit mit einem anderen Flug befördert, d. h. einem Flug, der unabhängig von dem Flug geplant wurde, für den die Fluggäste gebucht hatten, kann der Flug grundsätzlich als annulliert angesehen werden. Für diese Einstufung sind die Angaben auf der Anzeigetafel des Flughafens, die vom Personal erteilten Informationen, die Umstände, dass den Fluggästen ihr Gepäck wieder ausgehändigt wird oder dass sie neue Bordkarten erhalten, wie auch eine Änderung der Zusammensetzung der Gruppe der Fluggäste nicht ausschlaggebend.

Ähnlicher Schaden wie bei Annullierung

Was sodann den Anspruch auf eine Ausgleichs­zahlung anbelangt, der in der Verordnung zugunsten der Fluggäste, deren Flug annulliert wurde, vorgesehen ist, stellt der Gerichtshof fest, dass Fluggäste, die von einer Verspätung betroffen sind, einen ähnlichen Schaden in Form eines Zeitverlusts erleiden und sich somit in einer vergleichbaren Lage befinden. Denn die Fluggäste eines kurzfristig annullierten Fluges haben selbst dann einen Ausgleichsanspruch, wenn sie von der Flugge­sell­schaft mit einem anderen Flug befördert werden, soweit sie gegenüber der ursprünglich angesetzten Dauer einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Fluggäste verspäteter Flüge anders zu behandeln, wenn sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen.

Kein Ausgleichs­an­spruch, wenn die Verspätung auf außer­ge­wöhn­lichen Umstände beruht

Schließlich legt der Gerichtshof dar, dass eine solche Verspätung dann nicht zu einem Ausgleichs­an­spruch führt, wenn die Flugge­sell­schaft nachweisen kann, dass die Verspätung auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgeht, die von ihr tatsächlich nicht zu beherrschen sind und sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Dazu stellt der Gerichtshof fest, dass ein bei einem Flugzeug aufgetretenes technisches Problem nicht als außer­ge­wöhn­licher Umstand angesehen werden kann, es sei denn, das Problem geht auf Vorkommnisse zurück, die aufgrund ihrer Natur oder Ursache nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der betroffenen Flugge­sell­schaft sind und von ihr tatsächlich nicht zu beherrschen sind.

Hinweis auf die Verordnung

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (ABl. 2004, L 46, S. 1).

Quelle: ra-online, Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

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