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- NJW 2010, 2281Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2010, Seite: 2281
- RRa 2010, 93Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2010, Seite: 93
- Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil17.03.2006, 3 C 109/06
- Landgericht Darmstadt, Urteil12.06.2006, 21 S 82/06
- Flugzeug mit 25 Stunden Verspätung - Anspruch auf Ausgleichszahlung?Bundesgerichtshof, Beschluss17.07.2007, X ZR 95/06
- EuGH: Recht auf Entschädigung ab Flugverspätung von drei StundenGerichtshof der Europäischen Union, Urteil19.11.2009, C-402/07 und C-432/07
Bundesgerichtshof Urteil18.02.2010
BGH: Fluggäste haben Ausgleichansprüche nach Fluggastrechteverordnung wegen großer FlugverspätungFluggäste können bei Verspätungen von mehr als drei Stunden mit Fluggästen von annullierten Flügen gleichgestellt werden
Ein Luftverkehrsunternehmen ist nach der Fluggastrechteverordnung Nr. 261/2004 der Europäischen Gemeinschaft wegen eines erheblich verspäteten Fluges zur Ausgleichszahlung an die Fluggäste verpflichtet. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Im zugrunde liegenden Fall buchten die Kläger einen Charterflug von Frankfurt nach Toronto und zurück. Der Rückflug verschob sich wegen technischer Defekte des vorgesehenen Flugzeugs und erfolgte erst am nächsten Tag. Die Kläger kamen mit einer Verspätung von etwa 25 Stunden in Frankfurt an. Sie haben die Fluggesellschaft auf die Ausgleichszahlung von 600,- € pro Person verklagt, die in der Fluggastrechteverordnung für den Fall einer Annullierung des geplanten Fluges vorgesehen ist. Die Beklagte lehnte eine Ausgleichszahlung ab, weil es sich lediglich um eine Verspätung gehandelt habe, die nach der Verordnung nicht ausgleichspflichtig sei. Auch das Amtsgericht und das Berufungsgericht haben mit dieser Begründung die Ausgleichsansprüche der Kläger zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger.
BGH legt Frage zur Auslegung der Fluggastrechteverordnung dem EuGH vor
Der Bundesgerichtshof hatte mit Beschluss vom 17. Juli 2007 zunächst das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) Fragen zur Auslegung der Fluggastrechteverordnung vorgelegt, über die der EuGH mit Urteil vom 19. November 2009 befunden hat. Dabei hat er u. a. entschieden, die Art. 5, 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 seien dahin auszulegen, dass die Fluggäste verspäteter Flüge im Hinblick auf die Anwendung des Ausgleichsanspruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden können und somit den in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch geltend machen können, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, d. h., wenn sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen, sofern die große Verspätung nicht auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht.
Beklagte beanstandet Überschreitung der Auslegungskompetenz des EuGH
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der EuGH in seinem Urteil seine Auslegungskompetenz überschritten und sich in Widerspruch zu den höherrangigen Bestimmungen des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommen) gesetzt habe. Vor einer abschließenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei daher eine erneute Vorlage des Rechtsstreits an den Gerichtshof der Europäischen Union geboten.
Keine Zweifel an Gültigkeit der Fluggastrechteverordnung
Der Bundesgerichtshof sah dagegen keine Veranlassung zu einer erneuten Vorlage an den EuGH. Das Urteil des EuGH wirft jedenfalls keine für den Streitfall erheblichen neuen Auslegungsfragen auf, die der Senat nicht ohne erneute Vorlage beantworten kann. Zweifel an der Gültigkeit der Fluggastrechteverordnung bestehen nicht, nachdem der EuGH die Gültigkeit bei einer am Grundsatz der Gleichbehandlung (Vergleich der Situation von Fluggästen verspäteter Flüge mit der von Fluggästen annullierter Flüge) orientierten Auslegung ausdrücklich bejaht hat und auch von der Vereinbarkeit seiner Auslegung mit dem Montrealer Übereinkommen ausgegangen ist.
Beklagte kann keine außergewöhnlichen Umstände für Verspätung vorgetragen
Da die Beklagte keine außergewöhnlichen Umstände vorgetragen hat, die sie von der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung hätten befreien können, konnte der Bundesgerichtshof abschließend zugunsten der Kläger entscheiden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.02.2010
Quelle: ra-online, BGH
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