21.11.2024
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Dokument-Nr. 9244

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Urteil18.02.2010BundesgerichtshofXa ZR 95/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2010, 2281Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2010, Seite: 2281
  • RRa 2010, 93Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2010, Seite: 93
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.02.2010

BGH: Fluggäste haben Ausgleich­ansprüche nach Flugga­st­rech­te­ver­ordnung wegen großer FlugverspätungFluggäste können bei Verspätungen von mehr als drei Stunden mit Fluggästen von annullierten Flügen gleichgestellt werden

Ein Luftver­kehrs­un­ter­nehmen ist nach der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung Nr. 261/2004 der Europäischen Gemeinschaft wegen eines erheblich verspäteten Fluges zur Ausgleichs­zahlung an die Fluggäste verpflichtet. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Im zugrunde liegenden Fall buchten die Kläger einen Charterflug von Frankfurt nach Toronto und zurück. Der Rückflug verschob sich wegen technischer Defekte des vorgesehenen Flugzeugs und erfolgte erst am nächsten Tag. Die Kläger kamen mit einer Verspätung von etwa 25 Stunden in Frankfurt an. Sie haben die Flugge­sell­schaft auf die Ausgleichszahlung von 600,- € pro Person verklagt, die in der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung für den Fall einer Annullierung des geplanten Fluges vorgesehen ist. Die Beklagte lehnte eine Ausgleichs­zahlung ab, weil es sich lediglich um eine Verspätung gehandelt habe, die nach der Verordnung nicht ausgleichs­pflichtig sei. Auch das Amtsgericht und das Berufungs­gericht haben mit dieser Begründung die Ausgleichs­ansprüche der Kläger zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Kläger.

BGH legt Frage zur Auslegung der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung dem EuGH vor

Der Bundes­ge­richtshof hatte mit Beschluss vom 17. Juli 2007 zunächst das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) Fragen zur Auslegung der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung vorgelegt, über die der EuGH mit Urteil vom 19. November 2009 befunden hat. Dabei hat er u. a. entschieden, die Art. 5, 6 und 7 der Verordnung Nr. 261/2004 seien dahin auszulegen, dass die Fluggäste verspäteter Flüge im Hinblick auf die Anwendung des Ausgleichs­an­spruchs den Fluggästen annullierter Flüge gleichgestellt werden können und somit den in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Ausgleichsanspruch geltend machen können, wenn sie wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden, d. h., wenn sie ihr Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrt­un­ter­nehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreichen, sofern die große Verspätung nicht auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgeht.

Beklagte beanstandet Überschreitung der Ausle­gungs­kom­petenz des EuGH

Die Beklagte ist der Auffassung, dass der EuGH in seinem Urteil seine Ausle­gungs­kom­petenz überschritten und sich in Widerspruch zu den höherrangigen Bestimmungen des Übereinkommens zur Verein­heit­lichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommen) gesetzt habe. Vor einer abschließenden Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs sei daher eine erneute Vorlage des Rechtsstreits an den Gerichtshof der Europäischen Union geboten.

Keine Zweifel an Gültigkeit der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung

Der Bundes­ge­richtshof sah dagegen keine Veranlassung zu einer erneuten Vorlage an den EuGH. Das Urteil des EuGH wirft jedenfalls keine für den Streitfall erheblichen neuen Ausle­gungs­fragen auf, die der Senat nicht ohne erneute Vorlage beantworten kann. Zweifel an der Gültigkeit der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung bestehen nicht, nachdem der EuGH die Gültigkeit bei einer am Grundsatz der Gleich­be­handlung (Vergleich der Situation von Fluggästen verspäteter Flüge mit der von Fluggästen annullierter Flüge) orientierten Auslegung ausdrücklich bejaht hat und auch von der Vereinbarkeit seiner Auslegung mit dem Montrealer Übereinkommen ausgegangen ist.

Beklagte kann keine außer­ge­wöhn­lichen Umstände für Verspätung vorgetragen

Da die Beklagte keine außer­ge­wöhn­lichen Umstände vorgetragen hat, die sie von der Verpflichtung zur Ausgleichs­zahlung hätten befreien können, konnte der Bundes­ge­richtshof abschließend zugunsten der Kläger entscheiden.

Quelle: ra-online, BGH

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