21.11.2024
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Sie sehen ein Flugzeug am Himmel.

Dokument-Nr. 9416

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Urteil25.03.2010BundesgerichtshofXa ZR 96/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-RR 2010, 1641Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2010, Seite: 1641
  • RRa 2010, 221Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2010, Seite: 221
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Simmern, Urteil25.09.2008, 3 C 83/08
  • Oberlandesgericht Koblenz, Urteil16.07.2009, 2 U 1312/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.03.2010

BGH zu Ansprüchen des Fluggastes bei wetterbedingter Flug-AnnullierungKein Pauscha­l­an­spruch auf Ausgleichs­zah­lungen

Fluggäste deren Flug wegen Nebels annulliert wird, haben nicht pauschal Anspruch auf Ausgleichs­zahlung durch das Luftfahrt­un­ter­nehmen. Die Frage, ob und wann sich eine Annullierung durch zumutbare Maßnahmen vermeiden lassen könnte, kann nicht allgemeingültig, sondern stets nur im Einzelfall geklärt werden. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der Kläger buchte bei der beklagten Ryanair Ltd. für sich und seine Ehefrau einen Flug für den 25. Oktober 2007 von Jerez de la Frontera in Spanien nach Hahn. Der Abflug war für 10.00 Uhr vorgesehen. Dieser Flug wurde wegen Nebels annulliert. Das für den Flug vorgesehene Flugzeug landete statt in Jerez in Sevilla und flog von dort direkt nach Hahn zurück. Dem Kläger und seiner Ehefrau wurde ein Ersatzflug für den 27. Oktober 2007 angeboten, den der Kläger ablehnte. Der Kläger buchte schließlich für sich und seine Ehefrau bei einem anderen Luftfahrt­un­ter­nehmen einen Flug für den 25. Oktober 2007 über Madrid nach Frankfurt am Main.

Kläger verlangt Ausgleich­zahlung

Mit seiner Klage verlangt der Kläger aus eigenem und von seiner Ehefrau abgetretenem Recht Ausgleichs­zah­lungen gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Flugga­st­rech­te­ver­ordnung) in Höhe von jeweils 400,- Euro sowie Ersatz der entstandenen Mehrkosten, insbesondere der Kosten für den anderweitig gebuchten Flug. Der Kläger ist der Ansicht, es sei der Beklagten möglich und zumutbar gewesen, die betroffenen Fluggäste von Jerez nach Sevilla zu fahren und von dort aus nach Hahn zu befördern.

OLG gibt Klage im Wesentlichen statt

Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlan­des­gericht das amtsge­richtliche Urteil aufgehoben und der Klage überwiegend stattgegeben. Es war der Ansicht, Ryanair habe nicht ausreichend dargelegt, dass sie im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der Verordnung alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um die Annullierung des Flugs zu verhindern. Insbesondere sei nicht konkret dargelegt, warum das in Sevilla gelandete Flugzeug auf dem Rückweg keine Zwischenlandung in Jerez habe machen und die wartenden Fluggäste aufnehmen können, nachdem die Wetter­be­din­gungen dies zugelassen hätten.

BGH weist Sache zurück an Berufungs­gericht

Auf die Revision des beklagten Luftfahrt­un­ter­nehmens und die Anschluss­re­vision des Klägers hat der Bundes­ge­richtshof das Urteil des Berufungs­ge­richts aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen, soweit der Kläger Ausgleichs­zah­lungen in Höhe von 800,- Euro begehrt hat. Im Übrigen hat der Bundes­ge­richtshof die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Mögliche Vermeidung einer Annullierung muss stets im Einzelfall betrachtet werden

Der Kläger hat gemäß Art. 5 Abs. 3 der Verordnung keinen Anspruch auf Ausgleichs­zah­lungen nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung. Die Frage, ob und wann sich eine Annullierung durch zumutbare Maßnahmen hätte vermeiden lassen, kann nicht allgemeingültig, sondern nur für den Einzelfall beantwortet werden. Im vorliegenden Fall herrschte zum Zeitpunkt der Annul­lie­rungs­ent­scheidung Nebel, weshalb das für den Flug vorgesehene Flugzeug in Jerez nicht landen konnte. Wie lange der Nebel, der tatsächlich bis 11.30 Uhr anhielt, andauern würde und ob und wann es dann möglich sein würde, das Flugzeug von Sevilla nach Jerez zu holen, war nicht zuverlässig abzusehen. Unter diesen Umständen wäre es unter Berück­sich­tigung der Auswirkungen auf den weiteren Flugplan nicht vernünftig gewesen, die Annul­lie­rungs­ent­scheidung aufzuschieben.

Berufungs­gericht muss klären, ob Luftfahrt­un­ter­nehmen schnellere Ausweicht­rans­port­mög­lichkeit hätte bieten können

Über den vom Kläger begehrten Ersatz der durch die Annullierung entstandenen Mehrkosten konnte der Bundes­ge­richtshof nicht abschließend entscheiden. Im Fall der Annullierung eines Flugs haben Fluggäste nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung unter anderem Anspruch auf eine anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reise­be­din­gungen zum frühest­mög­lichen Zeitpunkt. Ryanair könnte die Verpflichtung, eine entsprechende anderweitige Beförderung anzubieten, verletzt haben, indem es dem Kläger und seiner Ehefrau erst für den 27. Oktober 2007 einen Ersatzflug anbot. Das Berufungs­gericht muss daher in einer neuen Verhandlung klären, ob es Ryanair möglich war, den Kläger und seine Ehefrau zu einem früheren Zeitpunkt nach Hahn zu befördern, etwa durch einen Bustransport nach Sevilla und anschließenden Flug von Sevilla nach Hahn oder durch Beförderung mit einem anderen Luftfahrt­un­ter­nehmen.

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unter­stüt­zungs­leis­tungen für Fluggäste im Fall der Nicht­be­för­derung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 [Auszug]

Artikel 5 - Annullierung

(1) Bei Annullierung eines Fluges werden den betroffenen Fluggästen

a) vom ausführenden Luftfahrt­un­ter­nehmen Unter­stüt­zungs­leis­tungen gemäß Artikel 8 angeboten …

c) vom ausführenden Luftfahrt­un­ter­nehmen ein Anspruch auf Ausgleichs­leis­tungen gemäß Artikel 7 eingeräumt …

(3) Ein ausführendes Luftfahrt­un­ter­nehmen ist nicht verpflichtet, Ausgleichs­zah­lungen gemäß Artikel 7 zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außer­ge­wöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. …

Artikel 7 - Ausgleichs­an­spruch

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichs­zah­lungen in folgender Höhe: …

b) 400 EUR bei allen inner­ge­mein­schaft­lichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km …

Artikel 8 - Anspruch auf Erstattung oder anderweitige Beförderung

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so können Fluggäste wählen zwischen…

b) anderweitiger Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reise­be­din­gungen zum frühest­mög­lichen Zeitpunkt …

Quelle: ra-online, BGH

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