21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss02.08.2011

Stuttgart 21: Erhöhung der Grund­was­ser­för­derung ohne erneutes Planfest­stel­lungs­ver­fahren vorerst zulässigEilantrag des BUND abgelehnt

Es besteht kein Anlass, das Eisenbahn-Bundesamt zu verpflichten, der Deutschen Bahn AG den Weiterbau von "Stuttgart 21" deshalb zu untersagen, weil sie mehr Grundwasser fördern und entnehmen möchte als in den bestands­kräftigen Planfest­stel­lungs­be­schlüssen zugelassen. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg und lehnte damit einen Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ab.

Die Deutsche Bahn AG ist Trägerin des Vorhabens “Stuttgart 21“. Die Planfest­stel­lungs­be­schlüsse des Eisenbahn-Bundesamts vom 28. Januar 2005, 13. Oktober 2006 und 16. Mai 2007 für drei Abschnitte des Vorhabens (Talquerung mit Hauptbahnhof sowie Zuführungen Feuerbach/Bad Cannstatt und Ober-/Untertürkheim) enthalten u.a. wasser­rechtliche Erlaubnisse, Grundwasser aus Bodenschichten zu entnehmen, zutage zu fördern, zutage zu leiten und abzuleiten. Diese Erlaubnisse sind auf bestimmte Gesamt­för­der­mengen und -raten sowie auf effektive Grund­was­se­rent­nah­me­mengen und -raten in bestimmten Zeitabschnitten (Monat, Jahr) innerhalb von sieben Jahren ab Beginn der “Bauwas­ser­hal­tungs­a­r­beiten“ begrenzt.

Deutsche Bahn AG beantragt Änderung wasser­recht­licher Erlaubnisse im Planfest­stel­lungs­be­schluss

Mit Schreiben vom 12. April 2011 zeigte die Deutsche Bahn AG dem Eisenbahn-Bundesamt an, dass aufgrund neuer, erst nach Erlass der Planfest­stel­lungs­be­schlüsse gewonnener Erkenntnisse in einzelnen Baugruben ein teilweise deutlich höherer Wasserandrang vorhanden sei als ursprünglich angenommen. Daher müsse für einzelne Bauarbeiten mehr Grundwasser abgepumpt - und gleichzeitig wieder in den Boden infiltriert - werden als in den Planfest­stel­lungs­be­schlüssen zugelassen. Sie beantrage eine entsprechende Änderung ihrer wasser­recht­lichen Erlaubnisse und - vorsorglich - eine entsprechende planungs­rechtliche Zulassung. Hierauf verlangte der BUND vom Eisenbahn-Bundesamt unter Hinweis darauf, dass für die begehrten wasser­recht­lichen Änderungen ein Planfest­stel­lungs­ver­fahren durchzuführen und er in einem solchen Verfahren zu beteiligen sei, der Deutschen Bahn AG die Wiederaufnahme der Bauarbeiten für das Vorhaben “Stuttgart 21“ vorläufig zu untersagen. Das lehnte das Eisenbahn-Bundesamt ab.

BUND beantragt Baumaßnahmen ohne erneute Entscheidung zur Erhöhung der Grund­was­ser­för­derung zu untersagen

Anschließend beantragte der BUND beim Verwal­tungs­gericht Stuttgart, das Eisenbahn-Bundesamt durch eine einstweilige Anordnung zu verpflichten, der Deutschen Bahn AG Baumaßnahmen zur Umsetzung der Planfest­stel­lungs­be­schlüsse für das Vorhaben “Stuttgart 21“ zu untersagen, solange über deren Antrag auf Erhöhung der Grund­was­ser­för­derung - und -entnahme nicht entschieden sei. Das Verwal­tungs­gericht verwies den Rechtsstreit an den Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Verwal­tungs­ge­richtshof: Planfest­stel­lungs­be­schlüsse weiterhin wirksam

Der Verwal­tungs­ge­richtshof stellt zunächst seine Zuständigkeit klar und bejaht die Antragsbefugnis des BUND. Es erscheine nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht ausgeschlossen, dass wegen der beantragten wasser­recht­lichen Änderungen ein Planfest­stel­lungs­ver­fahren durchgeführt werden müsse und dadurch ein natur­schutz­recht­liches Betei­li­gungsrecht des BUND ausgelöst werde. Der Eilantrag habe gleichwohl keinen Erfolg. Denn der BUND habe nicht glaubhaft gemacht, dass es zur Sicherung seines möglichen Betei­li­gungs­rechts nötig sei, der Deutschen Bahn AG vorläufig die Fortführung von Baumaßnahmen zu untersagen. Die Maßnahmen zum Abriss des Nordflügels des Hauptbahnhofs und zur Vorbereitung des Abrisses des Südflügels seien durch den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Januar 2005 gedeckt. Die Verlegung von Rohrleitungen zur Umsetzung des planfest­ge­stellten Grund­was­ser­ma­na­gements sei von den wasser­recht­lichen Erlaubnissen und Neben­be­stim­mungen gedeckt. Der Änderungsantrag der Deutschen Bahn AG ziele nur auf eine Erhöhung der zugelassenen Grund­was­se­rent­nah­me­mengen und -raten im genehmigten Rohrlei­tungs­system. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Deutsche Bahn AG bereits vor einer Entscheidung über diesen Änderungsantrag größer dimensionierte Leitungen verlegen oder größere Mengen an Grundwasser als bislang zugelassen entnehmen wolle. Die Planfest­stel­lungs­be­schlüsse seien auch weiterhin wirksam.

Zustehendes natur­schutz­recht­liches Betei­li­gungsrecht des BUND im Planfest­stel­lungs­ver­fahren nicht gefährdet

Ihre Geneh­mi­gungs­wirkung sei nicht etwa deshalb entfallen, weil das Vorhaben ohne eine Erhöhung der Grund­was­se­rent­nah­me­mengen und -raten nicht mehr verwirklicht werden könne. Denn zum einen sei die Geneh­mi­gungs­fä­higkeit des Änderungs­antrags - gegebenenfalls unter Auflagen - derzeit nicht ausgeschlossen und zum anderen gebe es noch mindestens drei bautechnische Alternativen zur Bewältigung eines erhöhten Grund­was­se­randrangs (wasserdichter Verbau, Unter­was­ser­be­tonsohle, Verlagerung von Infil­tra­ti­o­ns­brunnen). Schließlich stehe dem BUND auch kein Anordnungsgrund (Eilbe­dürf­tigkeit) zur Seite, weil ein ihm zustehendes natur­schutz­recht­liches Betei­li­gungsrecht im Planfest­stel­lungs­ver­fahren nicht gefährdet sei. Zwar habe das Eisenbahn-Bundesamt noch nicht abschließend entschieden, ob er ein Planän­de­rungs­ver­fahren durchführe. Es habe aber vorsorglich darauf hingewirkt, dass die Deutsche Bahn AG ein solches Verfahren beantrage. Daher bestünden derzeit keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass das Eisenbahn-Bundesamt ein Betei­li­gungsrecht des BUND umgehe.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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