03.12.2024
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Verwaltungsgericht Münster Beschluss04.11.2011

VG Minden: Vorgehensweise beim Auswahl­ver­fahren der Uni Münster rechtswidrigHandhabung der Auswahl verletzt Studi­en­platz­be­werber in Recht auf ordnungsgemäße Bewertung der Bewerbung

Das Verwal­tungs­gericht Münster hat entschieden, dass die Westfälische Wilhelms-Universität Münster im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet ist, insgesamt sechs abgelehnte Bewerber zum Wintersemester 2011/2012 vorläufig zum Master­stu­diengang der Betrie­bs­wirt­schaftslehre zuzulassen. Die von der Universität dargestellte Handhabung die Studi­en­platz­be­werber in ihrem Recht auf eine ordnungsgemäße Bewertung ihrer Bewerbung.

Im zugrunde liegenden Fall waren zum laufenden Wintersemester bei der Uni Münster 1.811 Bewerbungen um einen Platz im Master­stu­diengang der Betrie­bs­wirt­schaftslehre eingegangen, von denen 471 zugelassen wurden. Grundlage für die Vergabe der Plätze war die aktuelle Zugangs- und Zulas­sungs­ordnung der Uni Münster, die ein in zwei Prüfungsstufen unterteiltes Verfahren vorsieht: In der 1. Stufe wird auf der Grundlage der mit der Bewerbung vorgelegten Nachweise neben der Einhaltung der geltenden Form- und Verfah­rens­vor­schriften die für den Zugang zu diesem Studium bestimmte generelle Qualifikation überprüft. In der 2. Stufe (dem eigentlichen Auswahl­ver­fahren) werden die Bewerber anhand von bestimmten Auswahl­kri­terien nach entsprechenden Bewertungen und mathematischen Trans­for­ma­tionen in Einzel­punktwerte entsprechend ihrer Punktzahl in einer Rangliste platziert. Auswahl­kri­terien sind dabei die Note des ersten berufs­qua­li­fi­zie­renden Hochschul­ab­schlusses (zumeist des Bache­lo­rab­schlusses), die Note des Abitur­zeug­nisses, sonstige einschlägige Qualifikationen wie etwa Englisch­kenntnisse, Ausland­s­auf­enthalte oder besondere Auszeichnungen, sowie die Motivation für das angestrebte Masterstudium an der Uni Münster. Für die Durchführung dieses Verfahrens ist eine Auswahl­kom­mission aus hauptamtlichen Mitgliedern (überwiegend aus Professoren bestehend) des Fachbereichs berufen.

Auswahl­kom­mission gibt Bewerbungen an Studien­schwer­punkt­center zur Auswertung weiter

Zu dem Auswahlverfahren der 2. Stufe gab die Westfälische Wilhelms-Universität in den vorliegenden Verfahren unter anderem an, dass die Auswahl­kom­mission sich nicht mit jeder einzelnen die in das Auswahl­ver­fahren einzu­be­zie­henden Studi­en­platz­be­werbung wertend befasst habe. Dies sei angesichts von 1.811 Bewerbungen völlig ausgeschlossen gewesen. Vielmehr seien die Bewerbungen an die vier Studien­schwer­punkt­center des Fachbereichs Betrie­bs­wirt­schaftslehre zur Auswertung übermittelt worden. Dort sei von den zuvor bestimmten wissen­schaft­lichen Mitarbeitern in Abstimmung mit und in Begleitung von den professoralen Mitgliedern der Auswahl­kom­mission der Punktwert für den jeweiligen Bewerber ermittelt worden. Die Auswahl­kom­mission habe sodann das Ergebnis der Auswertung auf der Grundlage einer Stichprobe diskutiert und gebilligt. Danach sei die Rangliste von der Auswahl­kom­mission einstimmig beschlossen worden.

Vorgehen der Auswahl­kom­mission entspricht nicht Maßgaben der Zugangs- und Zulas­sungs­ordnung

Dieses Vorgehen erklärte das Verwal­tungs­gericht Münster nunmehr für rechts­feh­lerhaft. In den Gründen der Beschlüsse heißt es unter anderem, dass die von der Universität dargestellte Handhabung die Studi­en­platz­be­werber in ihrem Recht auf eine ordnungsgemäße Bewertung ihrer Bewerbung verletze. Das Gericht habe keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Auswahl­kom­mission letztlich keine eigenen Bewertungen und Punkt­zu­ord­nungen bezogen auf alle Bewerbungen vorgenommen habe. Dieses Vorgehen entspreche nicht den Maßgaben der Zugangs- und Zulas­sungs­ordnung und verletze zugleich die dabei zu beachtenden allgemeinen Rechts­grundsätze, die für prüfung­s­ähnliche Auswahl­ver­fahren gelten. Diese bestünden darin, dass die das Prüfungsgremium ausmachenden Prüfer sämtliche bewer­tungs­re­le­vanten Umstände selbst vollständig zur Kenntnis nehmen und sich auf dieser Grundlage ein eigen­ver­ant­wortlich zu findendes fachliches Urteil bilden müssen. Eine Delegation dieser Wertungs­ent­schei­dungen auf andere Hochschul­be­dienstete der Center komme nicht in Betracht. Aus der hohen Zahl der Bewerbungen könne die Universität nichts zu ihren Gunsten herleiten. Ihr sei aus den Erfahrungen der Vorjahre bekannt gewesen, dass mit einer außerordentlich hohen Bewerberzahl habe gerechnet werden müssen. Wenn sie gleichwohl ein Auswahlsystem der hier in Rede stehenden Art rechts­satz­förmig bestimme und dieses einem Auswahlgremium zur Umsetzung zuweise, sei sie hieran gebunden und habe dies auch umzusetzen.

Vorläufige Zulassung und Einschreibung der Antragsteller begrenzt

Durch die Beschlüsse bestimmte das Gericht auch, dass die vorläufige Zulassung und Einschreibung der Antragsteller ende, nachdem die zuständige Auswahl­kom­mission für sämtliche Bewerber, die einen ordnungsgemäßen Zulas­sungs­antrag gestellt und die Zugangs­vor­aus­set­zungen erfüllt haben, eine Bewertung der Bewer­bungs­un­terlagen nach Maßgabe der Gründe der Gerichts­be­schlüsse durchgeführt, auf der Grundlage dieser Bewertung eine Rangliste für alle am Auswahl­ver­fahren beteiligten Bewerber erstellt und dem jeweiligen Antragsteller der gerichtlichen Verfahren den von ihm erreichten Rangplatz mitgeteilt und ihn rechts­mit­telfähig beschieden hat, wenn der auf ihn entfallende Rangplatz schlechter als Rang 471 ist.

Hinweis:

Die Beanstandungen des Gerichts berühren nicht unmittelbar den Bestand der zum Wintersemester 2011/2012 bereits erfolgten Einschreibungen. Zum Wintersemester 2011/2012 abgelehnte Bewerber können mangels rechtzeitiger Klage aus den Beschlüssen des Gerichts keine Vorteile für sich ableiten.

Quelle: Verwaltungsgericht Münster/ra-online

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