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- Master-Studium VWL: Studienplatzvergabe der Uni Münster rechtswidrigVerwaltungsgericht Münster, Beschluss25.11.2010, 9 L 551/10
- BVerwG: Baden-Württembergerische Regelung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb festgesetzter Kapazität verstößt nicht gegen BundesrechtBundesverwaltungsgericht, Urteil23.03.2011, BVerwG 6 CN 3.10
Verwaltungsgericht Münster Beschluss04.11.2011
VG Minden: Vorgehensweise beim Auswahlverfahren der Uni Münster rechtswidrigHandhabung der Auswahl verletzt Studienplatzbewerber in Recht auf ordnungsgemäße Bewertung der Bewerbung
Das Verwaltungsgericht Münster hat entschieden, dass die Westfälische Wilhelms-Universität Münster im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet ist, insgesamt sechs abgelehnte Bewerber zum Wintersemester 2011/2012 vorläufig zum Masterstudiengang der Betriebswirtschaftslehre zuzulassen. Die von der Universität dargestellte Handhabung die Studienplatzbewerber in ihrem Recht auf eine ordnungsgemäße Bewertung ihrer Bewerbung.
Im zugrunde liegenden Fall waren zum laufenden Wintersemester bei der Uni Münster 1.811 Bewerbungen um einen Platz im Masterstudiengang der Betriebswirtschaftslehre eingegangen, von denen 471 zugelassen wurden. Grundlage für die Vergabe der Plätze war die aktuelle Zugangs- und Zulassungsordnung der Uni Münster, die ein in zwei Prüfungsstufen unterteiltes Verfahren vorsieht: In der 1. Stufe wird auf der Grundlage der mit der Bewerbung vorgelegten Nachweise neben der Einhaltung der geltenden Form- und Verfahrensvorschriften die für den Zugang zu diesem Studium bestimmte generelle Qualifikation überprüft. In der 2. Stufe (dem eigentlichen Auswahlverfahren) werden die Bewerber anhand von bestimmten Auswahlkriterien nach entsprechenden Bewertungen und mathematischen Transformationen in Einzelpunktwerte entsprechend ihrer Punktzahl in einer Rangliste platziert. Auswahlkriterien sind dabei die Note des ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses (zumeist des Bachelorabschlusses), die Note des Abiturzeugnisses, sonstige einschlägige Qualifikationen wie etwa Englischkenntnisse, Auslandsaufenthalte oder besondere Auszeichnungen, sowie die Motivation für das angestrebte Masterstudium an der Uni Münster. Für die Durchführung dieses Verfahrens ist eine Auswahlkommission aus hauptamtlichen Mitgliedern (überwiegend aus Professoren bestehend) des Fachbereichs berufen.
Auswahlkommission gibt Bewerbungen an Studienschwerpunktcenter zur Auswertung weiter
Zu dem Auswahlverfahren der 2. Stufe gab die Westfälische Wilhelms-Universität in den vorliegenden Verfahren unter anderem an, dass die Auswahlkommission sich nicht mit jeder einzelnen die in das Auswahlverfahren einzubeziehenden Studienplatzbewerbung wertend befasst habe. Dies sei angesichts von 1.811 Bewerbungen völlig ausgeschlossen gewesen. Vielmehr seien die Bewerbungen an die vier Studienschwerpunktcenter des Fachbereichs Betriebswirtschaftslehre zur Auswertung übermittelt worden. Dort sei von den zuvor bestimmten wissenschaftlichen Mitarbeitern in Abstimmung mit und in Begleitung von den professoralen Mitgliedern der Auswahlkommission der Punktwert für den jeweiligen Bewerber ermittelt worden. Die Auswahlkommission habe sodann das Ergebnis der Auswertung auf der Grundlage einer Stichprobe diskutiert und gebilligt. Danach sei die Rangliste von der Auswahlkommission einstimmig beschlossen worden.
Vorgehen der Auswahlkommission entspricht nicht Maßgaben der Zugangs- und Zulassungsordnung
Dieses Vorgehen erklärte das Verwaltungsgericht Münster nunmehr für rechtsfehlerhaft. In den Gründen der Beschlüsse heißt es unter anderem, dass die von der Universität dargestellte Handhabung die Studienplatzbewerber in ihrem Recht auf eine ordnungsgemäße Bewertung ihrer Bewerbung verletze. Das Gericht habe keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Auswahlkommission letztlich keine eigenen Bewertungen und Punktzuordnungen bezogen auf alle Bewerbungen vorgenommen habe. Dieses Vorgehen entspreche nicht den Maßgaben der Zugangs- und Zulassungsordnung und verletze zugleich die dabei zu beachtenden allgemeinen Rechtsgrundsätze, die für prüfungsähnliche Auswahlverfahren gelten. Diese bestünden darin, dass die das Prüfungsgremium ausmachenden Prüfer sämtliche bewertungsrelevanten Umstände selbst vollständig zur Kenntnis nehmen und sich auf dieser Grundlage ein eigenverantwortlich zu findendes fachliches Urteil bilden müssen. Eine Delegation dieser Wertungsentscheidungen auf andere Hochschulbedienstete der Center komme nicht in Betracht. Aus der hohen Zahl der Bewerbungen könne die Universität nichts zu ihren Gunsten herleiten. Ihr sei aus den Erfahrungen der Vorjahre bekannt gewesen, dass mit einer außerordentlich hohen Bewerberzahl habe gerechnet werden müssen. Wenn sie gleichwohl ein Auswahlsystem der hier in Rede stehenden Art rechtssatzförmig bestimme und dieses einem Auswahlgremium zur Umsetzung zuweise, sei sie hieran gebunden und habe dies auch umzusetzen.
Vorläufige Zulassung und Einschreibung der Antragsteller begrenzt
Durch die Beschlüsse bestimmte das Gericht auch, dass die vorläufige Zulassung und Einschreibung der Antragsteller ende, nachdem die zuständige Auswahlkommission für sämtliche Bewerber, die einen ordnungsgemäßen Zulassungsantrag gestellt und die Zugangsvoraussetzungen erfüllt haben, eine Bewertung der Bewerbungsunterlagen nach Maßgabe der Gründe der Gerichtsbeschlüsse durchgeführt, auf der Grundlage dieser Bewertung eine Rangliste für alle am Auswahlverfahren beteiligten Bewerber erstellt und dem jeweiligen Antragsteller der gerichtlichen Verfahren den von ihm erreichten Rangplatz mitgeteilt und ihn rechtsmittelfähig beschieden hat, wenn der auf ihn entfallende Rangplatz schlechter als Rang 471 ist.
Hinweis:
Die Beanstandungen des Gerichts berühren nicht unmittelbar den Bestand der zum Wintersemester 2011/2012 bereits erfolgten Einschreibungen. Zum Wintersemester 2011/2012 abgelehnte Bewerber können mangels rechtzeitiger Klage aus den Beschlüssen des Gerichts keine Vorteile für sich ableiten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.11.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Münster/ra-online
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