23.11.2024
23.11.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Bundesverwaltungsgericht Urteil23.03.2011

BVerwG: Baden-Württem­ber­ge­rische Regelung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb festgesetzter Kapazität verstößt nicht gegen BundesrechtRegelungen verstoßen nicht gegen Gewähr­leis­tungen der Berufsfreiheit und freier Wahl der Ausbil­dungs­stätte

Die baden-württem­ber­gische Regelung für die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität ist mit Bundesrecht vereinbar. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

In bestimmten stark nachgefragten Studiengängen - insbesondere in den medizinischen Fächern - werden Studienplätze grundsätzlich innerhalb zuvor festgesetzter Zulas­sungs­zahlen in einem zentralen Vergabeverfahren zum Teil durch die Stiftung für Hochschul­zu­lassung (früher: Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen - ZVS), zum Teil durch die Hochschulen nach einem eigenen Auswahlverfahren und einer dort aufgestellten Rangliste zugeteilt. Die Hochschulen können dabei die Teilnahme an ihrem Auswahl­ver­fahren und damit die Aufnahme in die Rangliste auf solche Studienbewerber beschränken, die im zentralen Verga­be­ver­fahren diese Universität mit vorrangiger Priorität gewählt haben. Hält die den Zulas­sungs­zahlen zu Grunde liegende Kapazi­täts­be­rechnung der verwal­tungs­ge­richt­lichen Kontrolle im Rahmen von Rechts­schutz­ver­fahren, die abgewiesene Studienbewerber gegen einzelne Hochschulen führen, nicht Stand, werden die aufgedeckten Restkapazitäten außerhalb des geregelten Verga­be­ver­fahrens - in der Praxis vielfach durch Losentscheid - auf die erfolgreichen Rechts­schutz­su­chenden verteilt. Das baden-württem­ber­gische Wissen­schafts­mi­nis­terium hat demgegenüber im Juli 2009 durch Rechts­ver­ordnung geregelt, dass eine Zulassung durch die Universitäten des Landes außerhalb der festgesetzten Zulas­sungs­zahlen einen Antrag im zentralen Verga­be­ver­fahren in dem betreffenden Studiengang und für den betreffenden Studienort voraussetzt und dass sich die Vergabe nachträglich aufgedeckter Studienplätze an den Verga­be­kri­terien im zentralen Verga­be­ver­fahren zu orientieren hat, wenn die jeweilige Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt.

Antragssteller sieht Aussichten auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität durch landes­rechtliche Regelung gemindert

Der Antragsteller des zugrunde liegenden Falls hat sich erfolglos um einen Medizin­stu­di­enplatz im zentralen Verga­be­ver­fahren beworben. Er sieht seine Aussichten, eine baden-württem­ber­gische Hochschule auf eine Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität in Anspruch nehmen zu können, durch die genannte landes­rechtliche Regelung gemindert, weil er nicht mehr - wie bisher üblich - alle Universitäten, die den betreffenden Studiengang anbieten, auf der Suche nach Restkapazitäten in Anspruch nehmen kann, sondern nur noch die Universitäten, die er im zentralen Verga­be­ver­fahren mit vorrangiger Priorität benannt hat. Sein Normen­kon­trol­lantrag ist vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben.

Wissen­schafts­mi­nis­terium war durch Staatsvertrag zum Erlass der angefochtenen Bestimmungen ermächtigt

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision zurückgewiesen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat in seiner das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bindenden Auslegung des Landesrechts festgestellt, dass das baden-württem­ber­gische Wissen­schafts­mi­nis­terium durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen zum Erlass der angefochtenen Bestimmungen ermächtigt war. Weiter seien mit der geforderten Bewerbung für den betreffenden Studienort im zentralen Verga­be­ver­fahren diejenige für das Auswahl­ver­fahren der Hochschulen und mit den genannten Ranglisten die stets zu erstellenden Listen eben dieses Verfahrens gemeint.

Aufgedeckte, nicht ausgewiesene Studienplätze müssen nach Ranglisten des Auswahl­ver­fahrens der Hochschulen verteilt werden

Die derart ausgelegten Bestimmungen stellen materielles (Landes-) Verwal­tungsrecht dar. Wenn in einem gegen eine baden-württem­ber­gische Hochschule geführten verwal­tungs­ge­richt­lichen Kapazi­täts­prozess nicht ausgewiesene Studienplätze aufgedeckt worden sind, muss die Hochschule diese Plätze nach den Ranglisten des Auswahl­ver­fahrens der Hochschulen verteilen. Innerhalb der Rangliste sind dabei vorrangig diejenigen Studienbewerber zu berücksichtigen, die das verwal­tungs­ge­richtliche Verfahren betrieben haben. Verbleiben danach noch weitere Restkapazitäten, sind sie von der Hochschule an die anderen auf der Rangliste aufgeführten Studienbewerber nach deren Rang zu vergeben.

Regelung gewährleistet Studi­en­platz­vergabe innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität nach möglichst gleichen Kriterien

Bei dieser Auslegung verstoßen die Vorschriften nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltenen Gewähr­leis­tungen der Berufsfreiheit und der freien Wahl der Ausbil­dungs­stätte. Sie gewährleisten im Interesse des verfas­sungs­recht­lichen Grundsatzes der Chancen­gleichheit, dass Studienplätze innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität nach möglichst gleichen Kriterien vergeben werden, ohne die Führung von Kapazi­täts­pro­zessen so zu erschweren, dass eine gerichtliche Kapazi­täts­über­prüfung und eine damit verbundene vollständige Ausschöpfung der vorhandenen Ausbil­dungs­ka­pa­zitäten zu unterbleiben droht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil11346

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI