18.10.2024
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Bundesverwaltungsgericht Urteil23.03.2011

BVerwG: Baden-Württem­ber­ge­rische Regelung zur Vergabe von Studienplätzen außerhalb festgesetzter Kapazität verstößt nicht gegen BundesrechtRegelungen verstoßen nicht gegen Gewähr­leis­tungen der Berufsfreiheit und freier Wahl der Ausbil­dungs­stätte

Die baden-württem­ber­gische Regelung für die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität ist mit Bundesrecht vereinbar. Dies entschied das Bundes­ver­wal­tungs­gericht.

In bestimmten stark nachgefragten Studiengängen - insbesondere in den medizinischen Fächern - werden Studienplätze grundsätzlich innerhalb zuvor festgesetzter Zulas­sungs­zahlen in einem zentralen Vergabeverfahren zum Teil durch die Stiftung für Hochschul­zu­lassung (früher: Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen - ZVS), zum Teil durch die Hochschulen nach einem eigenen Auswahlverfahren und einer dort aufgestellten Rangliste zugeteilt. Die Hochschulen können dabei die Teilnahme an ihrem Auswahl­ver­fahren und damit die Aufnahme in die Rangliste auf solche Studienbewerber beschränken, die im zentralen Verga­be­ver­fahren diese Universität mit vorrangiger Priorität gewählt haben. Hält die den Zulas­sungs­zahlen zu Grunde liegende Kapazi­täts­be­rechnung der verwal­tungs­ge­richt­lichen Kontrolle im Rahmen von Rechts­schutz­ver­fahren, die abgewiesene Studienbewerber gegen einzelne Hochschulen führen, nicht Stand, werden die aufgedeckten Restkapazitäten außerhalb des geregelten Verga­be­ver­fahrens - in der Praxis vielfach durch Losentscheid - auf die erfolgreichen Rechts­schutz­su­chenden verteilt. Das baden-württem­ber­gische Wissen­schafts­mi­nis­terium hat demgegenüber im Juli 2009 durch Rechts­ver­ordnung geregelt, dass eine Zulassung durch die Universitäten des Landes außerhalb der festgesetzten Zulas­sungs­zahlen einen Antrag im zentralen Verga­be­ver­fahren in dem betreffenden Studiengang und für den betreffenden Studienort voraussetzt und dass sich die Vergabe nachträglich aufgedeckter Studienplätze an den Verga­be­kri­terien im zentralen Verga­be­ver­fahren zu orientieren hat, wenn die jeweilige Hochschule für die Bewerber um diese Zulassungen entsprechende Ranglisten erstellt.

Antragssteller sieht Aussichten auf Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität durch landes­rechtliche Regelung gemindert

Der Antragsteller des zugrunde liegenden Falls hat sich erfolglos um einen Medizin­stu­di­enplatz im zentralen Verga­be­ver­fahren beworben. Er sieht seine Aussichten, eine baden-württem­ber­gische Hochschule auf eine Zulassung außerhalb der festgesetzten Kapazität in Anspruch nehmen zu können, durch die genannte landes­rechtliche Regelung gemindert, weil er nicht mehr - wie bisher üblich - alle Universitäten, die den betreffenden Studiengang anbieten, auf der Suche nach Restkapazitäten in Anspruch nehmen kann, sondern nur noch die Universitäten, die er im zentralen Verga­be­ver­fahren mit vorrangiger Priorität benannt hat. Sein Normen­kon­trol­lantrag ist vor dem Verwal­tungs­ge­richtshof Mannheim im Wesentlichen ohne Erfolg geblieben.

Wissen­schafts­mi­nis­terium war durch Staatsvertrag zum Erlass der angefochtenen Bestimmungen ermächtigt

Das Bundes­ver­wal­tungs­gericht hat die Revision zurückgewiesen. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat in seiner das Bundes­ver­wal­tungs­gericht bindenden Auslegung des Landesrechts festgestellt, dass das baden-württem­ber­gische Wissen­schafts­mi­nis­terium durch den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen zum Erlass der angefochtenen Bestimmungen ermächtigt war. Weiter seien mit der geforderten Bewerbung für den betreffenden Studienort im zentralen Verga­be­ver­fahren diejenige für das Auswahl­ver­fahren der Hochschulen und mit den genannten Ranglisten die stets zu erstellenden Listen eben dieses Verfahrens gemeint.

Aufgedeckte, nicht ausgewiesene Studienplätze müssen nach Ranglisten des Auswahl­ver­fahrens der Hochschulen verteilt werden

Die derart ausgelegten Bestimmungen stellen materielles (Landes-) Verwal­tungsrecht dar. Wenn in einem gegen eine baden-württem­ber­gische Hochschule geführten verwal­tungs­ge­richt­lichen Kapazi­täts­prozess nicht ausgewiesene Studienplätze aufgedeckt worden sind, muss die Hochschule diese Plätze nach den Ranglisten des Auswahl­ver­fahrens der Hochschulen verteilen. Innerhalb der Rangliste sind dabei vorrangig diejenigen Studienbewerber zu berücksichtigen, die das verwal­tungs­ge­richtliche Verfahren betrieben haben. Verbleiben danach noch weitere Restkapazitäten, sind sie von der Hochschule an die anderen auf der Rangliste aufgeführten Studienbewerber nach deren Rang zu vergeben.

Regelung gewährleistet Studi­en­platz­vergabe innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität nach möglichst gleichen Kriterien

Bei dieser Auslegung verstoßen die Vorschriften nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG enthaltenen Gewähr­leis­tungen der Berufsfreiheit und der freien Wahl der Ausbil­dungs­stätte. Sie gewährleisten im Interesse des verfas­sungs­recht­lichen Grundsatzes der Chancen­gleichheit, dass Studienplätze innerhalb und außerhalb der festgesetzten Kapazität nach möglichst gleichen Kriterien vergeben werden, ohne die Führung von Kapazi­täts­pro­zessen so zu erschweren, dass eine gerichtliche Kapazi­täts­über­prüfung und eine damit verbundene vollständige Ausschöpfung der vorhandenen Ausbil­dungs­ka­pa­zitäten zu unterbleiben droht.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

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