15.11.2024
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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss18.07.2011

VG Gelsenkirchen: Stadt darf Straßen­pro­sti­tution im Interesse des Jugendschutzes durch Sperr­be­zirks­ver­ordnung untersagenStraßenstrich in Dortmund bleibt "geschlossen"

Eine Sperr­be­zirks­ver­ordnung, die Straßen­pro­sti­tution augrunde konkreter Gefahr für den Jugendschutz, untersagt, ist nicht zu beanstanden. Dem Gesetzgeber steht es darüber hinaus frei, im Interesse des Jugendschutzes die Kommer­zi­a­li­sierung sexueller Handlungen von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Gelsenkirchen und lehnte den Antrag einer Prostituierten ab, im Wege einer einstweiligen Anordnung weiterhin der Straßen­pro­sti­tution nachgehen zu dürfen.

Die außerhalb Dortmunds wohnhafte Antragstellerin des zugrunde liegenden Falls ging in der Vergangenheit im Bereich der Ravensberger Straße der Prostitution nach. Die Bezirks­re­gierung Arnsberg untersagte am 2. Mai 2011 durch die Rechts­ver­ordnung zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands im Bereich der Stadt Dortmund (Sperr­be­zirks­ver­ordnung) mit Ausnahme der Linienstraße auf dem gesamten Stadtgebiet Dortmunds die Straßen­pro­sti­tution.

Gerichts bestätigt konkrete Gefahr für Jugendschutz durch Straßen­pro­sti­tution

Nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts Dortmund ist diese Sperr­be­zirks­ver­ordnung, jedenfalls soweit sie sich auf die Ravensberger Straße, die Mindener Straße und die Juliusstraße erstreckt, nicht zu beanstanden. Von der Straßen­pro­sti­tution in diesen Straßen gehe bereits eine konkrete Gefahr für den Jugendschutz aus. Zwar sei nicht davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche sich regelmäßig in den genannten Straßen aufhielten oder bewegten. Es sei aber hinreichend belegt, dass der Straßenstrich insbesondere durch die zunehmende Wohnsitznahme der Prostituierten im näheren Umfeld in die angrenzenden Bereiche der Dortmunder Nordstadt „ausgefranst“ sei. Kinder und Jugendliche kämen bereits dort mit der Straßen­pro­sti­tution unmittelbar in Berührung, da sie die Prostituierten in ihrer „Arbeitskleidung“ auf dem Weg von ihren Wohnungen zur Arbeit sähen und Zeugen von Anbah­nungs­kon­takten und auch Preis­ver­hand­lungen werden könnten. Es möge zwar sein, dass viele Kinder und Jugendliche bereits über die Medien mit dem Thema Prostitution in Berührung gekommen seien. Authentische Begegnungen mit Prostituierten, ihren Freiern und Zuhältern, wie sie in den an die Ravensberger Straße angrenzenden Bereichen der Nordstadt stattfänden, wiesen aber eine andere Qualität als Filmszenen auf. Ungeachtet dessen stehe es dem Gesetzgeber frei, im Interesse des Jugendschutzes die Kommer­zi­a­li­sierung sexueller Handlungen von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten.

„Ausfransen“ des Straßenstrichs in benachbarte Wohngebiete nicht mehr zu verhindern

Das Verbot der Straßen­pro­sti­tution in der Ravensberger Straße verstoße auch nicht gegen das Übermaßverbot, da nach Einschätzung des Gerichts ein „Ausfransen“ des Straßenstrichs in die benachbarten Wohngebiete der Nordstadt aufgrund der hier eingetretenen Verflechtung von Prostitution und Wohnen nicht (mehr) wirksam mit ordnungs­be­hörd­lichen und polizeilichen Mitteln bekämpft werden könne.

Ob diese Voraussetzungen auch für das restliche Stadtgebiet Dortmunds zutreffen, brauchte die Kammer aus rechtlichen Gründen in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

Existenz­ge­fährdung durch Sperr­be­zirks­ver­ordnung nicht gegeben

Darüber hinaus habe die Antragstellerin schon keinen Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht, da es ihr ohne großen Aufwand möglich sei, ihrer Tätigkeit in anderen Städten nachzugehen. Dies gelte auch für das Stadtgebiet Dortmunds, allerdings mit der Einschränkung, dass dort die Prostitution nur in Bordellen oder Wohnungen außerhalb des Innen­stadt­be­reichs zulässig sei. Die an ihre Kunden gerichteten Verlautbarungen der Antragstellerin im Internet belegten, dass sie von dieser Möglichkeit auch Gebrauch mache. Sie werde daher durch die Sperr­be­zirks­ver­ordnung weder in die Illegalität getrieben, noch drohe ihr eine Existenz­ge­fährdung.

Absoluter Schutz vor Übergriffen für Prostituierte nirgends gegeben

Das Gericht vermochte sich auch nicht der Argumentation anzuschließen, dass der Straßenstrich an der Ravensberger Straße für die Antragstellerin sicherer gewesen sei als z.B. die Prostitution in geschlossenen Räumen oder die Straßen­pro­sti­tution in anderen Städten. Auch die in der Ravensberger Straße seinerzeit aufgestellten Verrich­tungsboxen hätten, wie das Gericht aus Polizei­be­richten und anderen Verfahren bekannt geworden sei, den Prostituierten keinen absoluten Schutz vor Übergriffen bieten können.

Unzumutbare Ausbeutung durch Bordell­be­treiber nicht konkret belegt

Allein die durch die Prostitution in Wohnungen oder Bordellen etwa verursachten geringeren Gewinne erfordern nach Ansicht des Gerichts keine Regelung im Wege der einstweiligen Anordnung. Auch eine unzumutbare Ausbeutung durch Bordell­be­treiber sei nicht konkret belegt.

Quelle: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen/ra-online

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