Die außerhalb Dortmunds wohnhafte Antragstellerin des zugrunde liegenden Falls ging in der Vergangenheit im Bereich der Ravensberger Straße der Prostitution nach. Die Bezirksregierung Arnsberg untersagte am 2. Mai 2011 durch die Rechtsverordnung zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands im Bereich der Stadt Dortmund (Sperrbezirksverordnung) mit Ausnahme der Linienstraße auf dem gesamten Stadtgebiet Dortmunds die Straßenprostitution.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Dortmund ist diese Sperrbezirksverordnung, jedenfalls soweit sie sich auf die Ravensberger Straße, die Mindener Straße und die Juliusstraße erstreckt, nicht zu beanstanden. Von der Straßenprostitution in diesen Straßen gehe bereits eine konkrete Gefahr für den Jugendschutz aus. Zwar sei nicht davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche sich regelmäßig in den genannten Straßen aufhielten oder bewegten. Es sei aber hinreichend belegt, dass der Straßenstrich insbesondere durch die zunehmende Wohnsitznahme der Prostituierten im näheren Umfeld in die angrenzenden Bereiche der Dortmunder Nordstadt „ausgefranst“ sei. Kinder und Jugendliche kämen bereits dort mit der Straßenprostitution unmittelbar in Berührung, da sie die Prostituierten in ihrer „Arbeitskleidung“ auf dem Weg von ihren Wohnungen zur Arbeit sähen und Zeugen von Anbahnungskontakten und auch Preisverhandlungen werden könnten. Es möge zwar sein, dass viele Kinder und Jugendliche bereits über die Medien mit dem Thema Prostitution in Berührung gekommen seien. Authentische Begegnungen mit Prostituierten, ihren Freiern und Zuhältern, wie sie in den an die Ravensberger Straße angrenzenden Bereichen der Nordstadt stattfänden, wiesen aber eine andere Qualität als Filmszenen auf. Ungeachtet dessen stehe es dem Gesetzgeber frei, im Interesse des Jugendschutzes die Kommerzialisierung sexueller Handlungen von Kindern und Jugendlichen fernzuhalten.
Das Verbot der Straßenprostitution in der Ravensberger Straße verstoße auch nicht gegen das Übermaßverbot, da nach Einschätzung des Gerichts ein „Ausfransen“ des Straßenstrichs in die benachbarten Wohngebiete der Nordstadt aufgrund der hier eingetretenen Verflechtung von Prostitution und Wohnen nicht (mehr) wirksam mit ordnungsbehördlichen und polizeilichen Mitteln bekämpft werden könne.
Ob diese Voraussetzungen auch für das restliche Stadtgebiet Dortmunds zutreffen, brauchte die Kammer aus rechtlichen Gründen in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
Darüber hinaus habe die Antragstellerin schon keinen Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung glaubhaft gemacht, da es ihr ohne großen Aufwand möglich sei, ihrer Tätigkeit in anderen Städten nachzugehen. Dies gelte auch für das Stadtgebiet Dortmunds, allerdings mit der Einschränkung, dass dort die Prostitution nur in Bordellen oder Wohnungen außerhalb des Innenstadtbereichs zulässig sei. Die an ihre Kunden gerichteten Verlautbarungen der Antragstellerin im Internet belegten, dass sie von dieser Möglichkeit auch Gebrauch mache. Sie werde daher durch die Sperrbezirksverordnung weder in die Illegalität getrieben, noch drohe ihr eine Existenzgefährdung.
Das Gericht vermochte sich auch nicht der Argumentation anzuschließen, dass der Straßenstrich an der Ravensberger Straße für die Antragstellerin sicherer gewesen sei als z.B. die Prostitution in geschlossenen Räumen oder die Straßenprostitution in anderen Städten. Auch die in der Ravensberger Straße seinerzeit aufgestellten Verrichtungsboxen hätten, wie das Gericht aus Polizeiberichten und anderen Verfahren bekannt geworden sei, den Prostituierten keinen absoluten Schutz vor Übergriffen bieten können.
Allein die durch die Prostitution in Wohnungen oder Bordellen etwa verursachten geringeren Gewinne erfordern nach Ansicht des Gerichts keine Regelung im Wege der einstweiligen Anordnung. Auch eine unzumutbare Ausbeutung durch Bordellbetreiber sei nicht konkret belegt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.07.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen/ra-online