Verwaltungsgericht Bremen Beschluss30.06.2010
VG Bremen: Ausübung der Prostitution im allgemeinen Wohngebiet unzulässigWohnprostitution stellt verglichen mit Wohnnutzung für Nachbarschaft erheblich erhöhte Belastung dar
Eine Hauseigentümerin darf ein Wohnhaus nicht ohne Genehmigung umbauen und für gewerbliche Zwecke, z.B. für Prostitution und als Bordell nutzen. Zudem stellt ohnehin nach In-Kraft-Treten des Prostitutionsgesetzes von 2002 die Wohnungsprostitution eine in einem Allgemeinen Wohngebiet unzulässige gewerbliche Nutzung dar. Dies entschied das Verwaltungsgericht Bremen.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines ursprünglich als Zweifamilienwohnhaus genehmigten Gebäudes in einer Wohnstrasse in der Bremer Neustadt. Sie ließ - ohne hierfür eine Genehmigung einzuholen - das Haus sanieren und dort 5 Modellwohnungen einbauen, in denen die Antragstellerin und 4 Mieterinnen der Prostitution nachgingen. Eine aus Anwohnern bestehende Bürgerinitiative protestierte ab November 2009 dagegen und wandte sich an den Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa. Mit Verfügung vom 10. März 2010 erteilte der Bausenator der Antragstellerin das Verbot, das Gebäude zu gewerblichen Zwecken (Wohnungsprostitution/ Bordell) zu nutzen und ordnete die sofortige Vollziehung des Verbots an. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung bedeutet, dass die Antragstellerin das Verbot sofort befolgen muss und nicht den Ausgang eines Widerspruchsverfahrens oder eventuell nachfolgenden Klageverfahrens abwarten darf.
Hauseigentümerin erhebt Widerspruch gegen Verbot zur gewerblichen Nutzung des Gebäudes
Die Antragstellerin erhob gegen das Verbot beim Bausenator Widerspruch und hat beim Verwaltungsgericht am 31. März 2010 einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.
Wohnungsprostitution in Allgemeinem Wohngebiet stellt unzulässige gewerbliche Nutzung dar
Das Gericht hat das Interesse der Antragstellerin, das Gebäude zur Ausübung der Prostitution vorläufig weiter nutzen zu dürfen, mit den von der Behörde geltend gemachten entgegenstehenden öffentlichen Interessen abgewogen. Es kam zu dem Schluss, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Einstellung der Nutzung überwiege. Die Änderung der Nutzungsweise des Gebäudes bedürfe einer Genehmigung, da mit der Ausübung der Prostitution verglichen mit einer Wohnnutzung für die Nachbarschaft erheblich erhöhte Belastungen verbunden seien. Die Antragstellerin habe jedoch eine Genehmigung bisher nicht eingeholt. Es sei auch nicht offensichtlich, dass ihr für die Nutzungsänderung eine Genehmigung erteilt werden müsse. Auch nach In-Kraft-Treten des Prostitutionsgesetzes zum 1. Januar 2002 stelle die Wohnungsprostitution eine in einem Allgemeinen Wohngebiet unzulässige gewerbliche Nutzung dar. Die Antragstellerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass sie freiberuflich tätig sei. Nach den vom Bundesverwaltungsgericht hierfür aufgestellten Maßstäben stelle die Prostitutionsausübung keine freiberufliche Tätigkeit dar, denn für die Prostitutionsausübung sei keine höhere Bildung oder schöpferische Begabung erforderlich.
Nutzung kann nicht als atypischer Sonderfall angesehen werden
Die gleichzeitige Ausübung der Prostitution durch fünf Frauen in einem Gebäude störe typischerweise das Wohnen, indem z.B. Anwohner durch das Klingeln von Freiern an falschen Haus- und Wohnungstüren belästigt oder deren Ruhe durch unzufriedene und/oder alkoholisierte Freier gestört werde. Die Nutzung durch die Antragstellerin stelle keinen atypischen Sonderfall dar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.07.2010
Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Bremen