Dokument-Nr. 13898
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Verwaltungsgericht Darmstadt Beschluss02.08.2012
Verbot einer NPD-Kundgebung auf dem Darmstädter Luisenplatz rechtswidrigNPD darf vorgesehene Kundgebung unter dem Motto "Raus aus dem Euro" trotz Verbotsverfügung der Stadt Darmstadt durchführen
Eine seitens der Stadt Darmstadt erlassene Verbotsverfügung gegen eine von der NPD angemeldete Kundgebung unter dem Motto "Raus aus dem Euro" ist rechtswidrig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Darmstadt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die NPD in Darmstadt für den 3. August 2012 eine Kundgebung unter dem Motto "Raus aus dem Euro" angemeldet. Die Stadt erließ hiergegen eine Verbotsverfügung.
Rechtstaatlich verbürgtes Grundrechts auf Versammlungsfreiheit darf einzelnen Parteien nicht grundsätzlich versagt werden
Das Verwaltungsgericht Darmstadt erklärte diese Verfügung für rechtswidrig und begründete seine Entscheidung damit, dass ein Verbot auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes auch unter Berücksichtigung der seitens des Bundesverfassungsgerichtes entwickelten Auslegungsgrundsätze bezüglich des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Grundgesetz (GG) nur in Betracht komme, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen sei. Die nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebundene Verwaltungsbehörde habe bei ihrer Entscheidung den Stellenwert des Grundrechtes aus Art. 8 GG ebenso zu berücksichtigen, wie dessen auf Art. 8 Abs. 2 GG beruhenden gesetzlichen Beschränkungen. Die rechtstaatlichen Verbürgungen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit dürften nicht dadurch unterlaufen werden, dass bestimmten Parteien oder Gruppen der Grundrechtsschutz generell versagt werde.
Nachvollziehbare Anhaltspunkte für polizeilichen Notstand nicht erkennbar
Im Falle der streitgegenständlichen Verbotsverfügung monierte das Verwaltungsgericht Darmstadt, dass die Stadt Darmstadt sich nicht auf konkrete nachvollziehbare Anhaltspunkte gestützt habe, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass durch die Versammlung gegen gesetzliche Verbote, insbesondere Strafgesetze, verstoßen werde. Die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstandes seien nicht gegeben.
Stadt Darmstadt legt keine nachvollziehbaren Argumente gegen Kundgebung vor
Auch der Argumentation der Stadt Darmstadt, die Platzkapazität des Luisenplatzes sei durch die Anmeldung anderer Veranstaltungen bereits erschöpft, vermochte das Verwaltungsgericht Darmstadt nicht zu folgen, weil die Stadt nicht einmal dargelegt habe, welche Gruppierung zeitlich vor der Antragstellerin eine Veranstaltung angemeldet habe. Zudem fehlten jegliche Erwägungen, warum die Polizei nicht in der Lage sein sollte, die Veranstaltungen der verschiedenen Organisationen zu schützen. Auch ergebe sich aus einer seitens der Stadt vorgelegten Übersicht über Sondernutzungen auf dem Luisenplatz, dass eine dort aufgeführte Veranstaltung einer Wählergruppe an der Südwestecke des Luisenplatzes zum Zeitpunkt der Anmeldung der Kundgebung der Antragstellerin offenbar noch nicht einmal angemeldet gewesen sei. In der Übersicht sei diesbezüglich vermerkt: "reserviert, bisher kein Antrag, keine Erlaubnis". Angesichts dessen sei das Argument der Stadt, der Luisenplatz sei "voll", nicht nachzuvollziehen.
Entscheidung über Rechtsstaatlichkeit einer Partei bleibt allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten
Aus Anlass entsprechender Äußerungen des Oberbürgermeisters und des Ordnungsdezernenten der Stadt Darmstadt stellte das Verwaltungsgericht Darmstadt klar, dass es nicht ihre Aufgabe sei, darüber zu befinden, ob eine Partei rechtsstaatlich sei und als solche behandelt werden müsse. Eine solche Entscheidung bleibe nach Art. 20 Abs. 2 GG allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 02.08.2012
Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online
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