18.10.2024
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Verwaltungsgericht Darmstadt Beschluss02.08.2012

Verbot einer NPD-Kundgebung auf dem Darmstädter Luisenplatz rechtswidrigNPD darf vorgesehene Kundgebung unter dem Motto "Raus aus dem Euro" trotz Verbots­ver­fügung der Stadt Darmstadt durchführen

Eine seitens der Stadt Darmstadt erlassene Verbots­ver­fügung gegen eine von der NPD angemeldete Kundgebung unter dem Motto "Raus aus dem Euro" ist rechtswidrig. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Darmstadt in einem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes.

Im zugrunde liegenden Fall hatte die NPD in Darmstadt für den 3. August 2012 eine Kundgebung unter dem Motto "Raus aus dem Euro" angemeldet. Die Stadt erließ hiergegen eine Verbots­ver­fügung.

Rechtstaatlich verbürgtes Grundrechts auf Versamm­lungs­freiheit darf einzelnen Parteien nicht grundsätzlich versagt werden

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt erklärte diese Verfügung für rechtswidrig und begründete seine Entscheidung damit, dass ein Verbot auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 des Versamm­lungs­ge­setzes auch unter Berück­sich­tigung der seitens des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richtes entwickelten Ausle­gungs­grundsätze bezüglich des Grundrechts auf Versamm­lungs­freiheit nach Art. 8 Grundgesetz (GG) nur in Betracht komme, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu besorgen sei. Die nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebundene Verwal­tungs­behörde habe bei ihrer Entscheidung den Stellenwert des Grundrechtes aus Art. 8 GG ebenso zu berücksichtigen, wie dessen auf Art. 8 Abs. 2 GG beruhenden gesetzlichen Beschränkungen. Die recht­staat­lichen Verbürgungen des Grundrechts auf Versamm­lungs­freiheit dürften nicht dadurch unterlaufen werden, dass bestimmten Parteien oder Gruppen der Grund­rechts­schutz generell versagt werde.

Nachvoll­ziehbare Anhaltspunkte für polizeilichen Notstand nicht erkennbar

Im Falle der streit­ge­gen­ständ­lichen Verbots­ver­fügung monierte das Verwal­tungs­gericht Darmstadt, dass die Stadt Darmstadt sich nicht auf konkrete nachvoll­ziehbare Anhaltspunkte gestützt habe, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass durch die Versammlung gegen gesetzliche Verbote, insbesondere Strafgesetze, verstoßen werde. Die Voraussetzungen eines polizeilichen Notstandes seien nicht gegeben.

Stadt Darmstadt legt keine nachvoll­ziehbaren Argumente gegen Kundgebung vor

Auch der Argumentation der Stadt Darmstadt, die Platzkapazität des Luisenplatzes sei durch die Anmeldung anderer Veranstaltungen bereits erschöpft, vermochte das Verwal­tungs­gericht Darmstadt nicht zu folgen, weil die Stadt nicht einmal dargelegt habe, welche Gruppierung zeitlich vor der Antragstellerin eine Veranstaltung angemeldet habe. Zudem fehlten jegliche Erwägungen, warum die Polizei nicht in der Lage sein sollte, die Veranstaltungen der verschiedenen Organisationen zu schützen. Auch ergebe sich aus einer seitens der Stadt vorgelegten Übersicht über Sondernutzungen auf dem Luisenplatz, dass eine dort aufgeführte Veranstaltung einer Wählergruppe an der Südwestecke des Luisenplatzes zum Zeitpunkt der Anmeldung der Kundgebung der Antragstellerin offenbar noch nicht einmal angemeldet gewesen sei. In der Übersicht sei diesbezüglich vermerkt: "reserviert, bisher kein Antrag, keine Erlaubnis". Angesichts dessen sei das Argument der Stadt, der Luisenplatz sei "voll", nicht nachzu­voll­ziehen.

Entscheidung über Rechts­s­taat­lichkeit einer Partei bleibt allein dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht vorbehalten

Aus Anlass entsprechender Äußerungen des Oberbür­ger­meisters und des Ordnungs­de­zer­nenten der Stadt Darmstadt stellte das Verwal­tungs­gericht Darmstadt klar, dass es nicht ihre Aufgabe sei, darüber zu befinden, ob eine Partei rechtsstaatlich sei und als solche behandelt werden müsse. Eine solche Entscheidung bleibe nach Art. 20 Abs. 2 GG allein dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht vorbehalten.

Quelle: Verwaltungsgericht Darmstadt/ra-online

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