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Sozialgericht Leipzig Urteil24.02.2015
Vergütung für Aufnahme eines Pflegekindes kann "Hartz IV"- Anspruch mindernEinkommen aus Pflegetätigkeit mit erwerbstätigkeitsähnlichem Charakter darf auf SGB II-Leistungen angerechnet werden
Auch die für ein erstes Pflegekind bezogenen Leistungen für Pflege und Erziehung können als bedarfsminderndes Einkommen nach dem SGB II berücksichtigt werden, soweit die Betreuung des Pflegekindes erwerbstätigkeitsähnlichen Charakter hat. Dies entschied das Sozialgericht Leipzig.
Die alleinlebende Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls ist als Bereitschaftspflegerin tätig und betreut Kinder in Vollzeitpflege. Die hierzu von ihr mit einem gemeinnützigen Träger geschlossene Vereinbarung sieht für die Aufnahme eines Kindes eine monatliche Vergütung für den Sachaufwand in Höhe von 496 Euro und für Pflege und Erziehung des Kindes in Höhe des vierfachen Satzes des vom Landesjugendamt festgesetzten Betrages von 231 Euro, mithin 924 Euro, vor. Zusätzlich sind weitere Vergütungsbestandteile wie z.B. eine "Urlaubsabgeltung" vorgesehen.
Jobcenter lehnt Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab
Ab September 2013 nahm die Klägerin ein Kind im Rahmen der Bereitschaftspflege bei sich auf, wofür sie eine fortlaufende monatliche Vergütung von etwa 1.500 Euro erhielt. Ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II lehnte das Jobcenter ab. Nach § 11 a Absatz 3 SGB II* seien sowohl die Entschädigung für den Sachaufwand des Kindes, als auch beim ersten und zweiten Pflegekind der Betrag für Kosten der Erziehung nicht als Einkommen der pflegenden Person anzurechnen. Unter Berücksichtigung der durch das Landesjugendamt festgelegten Beträge hätten mithin für die Betreuung eines Kindes bis unter 6 Jahren ein Sachaufwand von 496 Euro und ein Betrag für Pflege und Erziehung in Höhe von 231 Euro (zusammen 727 Euro) anrechnungsfrei bleiben müssen. Da die Klägerin lediglich ein Kind betreut habe, könnten die Beträge für Sachaufwand und Erziehung auch nur einmal als privilegiertes Einkommen berücksichtigt werden. Das verbleibendende Einkommen von über 700 Euro decke den aus der Regelleistung (382 Euro), den Unterkunftskosten (156,08 Euro) und den Beiträgen zur privaten Kranke- und Pflegeversicherung (152,27 Euro) bestehenden Bedarf der Klägerin.
Anrechnung des Einkommens aus erwerbstätigkeitsähnlicher professioneller Pflegetätigkeit auf SGB II-Leistungen zulässig
Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Leipzig ab. Zwar könne der Wortlaut des § 11 a Abs. 3 Satz 2 SGB II den Schluss rechtfertigen, dass die für Pflege und Erziehung eines ersten (und auch zweiten) Pflegekindes erbrachten Leistungen ungeachtet ihrer tatsächlichen Höhe und Zusammensetzung gänzlich anrechnungsfrei zu bleiben hätten. Die Vorschrift bedürfe jedoch einer einschränkenden Auslegung. So fänden in der Gesetzesbegründung nur die einfachen Beträge für Pflege und Erziehung in Höhe von seinerzeit 202 Euro im Monat Erwähnung. Auch das Bundessozialgericht habe für die vormalige Gesetzeslage zum Ausdruck gebracht, dass ein aus einer erwerbstätigkeitsähnlichen professionellen Pflegetätigkeit erzieltes Einkommen auf SGB II-Leistungen angerechnet werden müsse. Selbst unter Berücksichtigung der gebotenen Honorierung der Erziehungsleistung der Klägerin sei es daher nicht gerechtfertigt, ihr ohne jede Anrechnung ihrer Einkünfte zusätzlich die steuerfinanzierte Grundsicherung zu gewähren. Das Jobcenter habe daher zu Recht von der Anrechnung nur die Leistungen für den Sachaufwand des Kindes und den einfachen Betrag für Pflege und Erziehung ausgenommen. Mit dem verbleibenden Einkommen könne die Klägerin ihren Bedarf decken.
*§ 11 a Abs. 3 SGB II lautet:
Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Abweichend von Satz 1 sind als Einkommen zu berücksichtigen [...] die Leistungen nach § 39 des Achten Buches, die für den erzieherischen Einsatz erbracht werden,
a) für das dritte Pflegekind zu 75 Prozent,
b) für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig, [...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.07.2015
Quelle: Sozialgericht Leipzig/ra-online
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