18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
ergänzende Informationen

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss17.04.2014

Löschung nicht notwendig: Neue Vornamen nach Geschlechts­an­gleichung dürfen im Handelsregister als Änderung vermerkt werdenOLG weist Antrag auf Löschung der zuvor geführten männlichen Vornamen der Geschäfts­führerin im Handelsregister zurück

Die von der Geschäfts­führerin einer GmbH vor einer Geschlechts­an­gleichung geführten männlichen Vornamen dürfen aus dem Handelsregister ersichtlich sein. Die nach der Geschlechts­an­gleichung geführten weiblichen Vornamen werden als eine Änderung im Handelsregister eingetragen, ohne dass die vorherige Eintragung der männlichen Vornamen gelöscht wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligte ist Geschäfts­führerin einer GmbH. Sie wurde in einem männlichen Körper geboren und trug zunächst männliche Vornamen. Weil sie sich seit langer Zeit dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlte, erreichte sie im Verfahren nach dem Trans­se­xu­el­len­gesetz, dass durch gerichtlichen Beschluss ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ausgesprochen wurde und sie weibliche Vornamen erhielt. Das Standesamt stellte darauf hin eine neue Geburtsurkunde aus. Die Geschäfts­führerin beantragte dann, ihren Namenswechsel im Handelsregister einzutragen. Das Registergericht trug mit Datum vom Dezember 2012 im Handelsregister als "Änderung" den jetzigen Namen (Vor- und Nachname) einschließlich Geburtsdatum und Wohnort ein. Die Betroffene verlangte daraufhin, dass die frühere Eintragung des männlichen Vornamens vollständig aus dem Register gelöscht werde. Sie führte zur Begründung an, dass mit der derzeitigen Form der Eintragung bei Dritten entweder die unzutreffende Vermutung aufkomme, dass ein Geschäfts­füh­r­er­wechsel stattgefunden habe, oder es könne der Schluss auf die durchgeführte Geschlechtsangleichung gezogen werden. Beides benachteilige sie. Ein Geschäfts­füh­r­er­wechsel werde im Geschäfts­verkehr teilweise negativ bewertet. Bei Offenlegung der Geschlechts­an­gleichung bestehe die Gefahr, dass sie in ihrer Intimsphäre bloß gestellt werde.

OLG: Weibliche Vornamen sind nicht zeitlich rückwirkend im Handelsregister einzutragen

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied, dass im Ergebnis das öffentliche Interesse daran, die Richtigkeit und Vollständigkeit des Handels­re­gisters zu gewährleisten, gegenüber dem Recht der Beteiligten auf vollständigen Schutz Ihrer infor­ma­ti­o­nellen Selbst­be­stimmung überwiege. Das Gericht hat deshalb den Antrag auf Löschung der zuvor geführten männlichen Vornamen der Geschäfts­führerin im Handelsregister zurückgewiesen. Die weiblichen Vornamen sind nicht zeitlich rückwirkend im Handelsregister einzutragen. Nach der gesetzlichen Regelung (§ 5 Absatz 1 Trans­se­xu­el­len­gesetz - TSG) dürfen nach rechtskräftiger Namensänderung die früher geführten Vornamen ohne Zustimmung des Beteiligten nur dann offenbart werden, wenn besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern. Hier ist es so, dass die früheren Vornamen der Geschäfts­führerin zwar nicht aus dem jeweiligen aktuellen Auszug des Handels­re­gisters ersichtlich sind, jedoch aus einem chronologischen Auszug des Handels­re­gisters. Die von der Beteiligten begehrte Änderung einer bereits abgeschlossen Eintragung, nämlich der männlichen Vornamen, steht im Widerspruch zu dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse aller anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr, dass die Richtigkeit und Vollständigkeit des Handels­re­gisters stets gewährleistet ist. Das Register war vor der Geschlechts­an­gleichung mit den früheren männlichen Vornamen richtig, die im chronologischen Auszug noch erkennbar sind. Das Register ist jetzt richtig, indem nur noch die weiblichen Vornamen der Beteiligten zum aktuellen Inhalt gehören.

Auf Persön­lich­keits­rechte der Beteiligten wurde ausreichend Rücksicht genommen

Das Registergericht hat bei der Gestaltung der Eintragung ausreichend Rücksicht auf die Persön­lich­keits­rechte der Beteiligten genommen, indem es nicht in der Eintragung auf eine "Namensänderung nach dem TSG" hingewiesen hat. Auch hat das Registergericht den Beschluss über die Geschlechts­an­gleichung nicht in den öffentlich einsehbaren Registerordner verschoben.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss18276

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI