18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil19.03.2015

Kein Regress des Gebäu­de­ver­si­cherers gegen eine Arbeitnehmerin des Mieters nach Brand in der TeekücheArbeitnehmerin ist in schlüssig vereinbarten Regressverzicht zwischen Versicherer und Gebäu­de­ei­gentümer einbezogen

Der Gebäu­de­ver­si­cherer, der für die Kosten der Schadens­be­sei­tigung nach einem Brand aufgekommen ist, kann keinen Rückgriff gegen die Arbeitnehmerin eines in dem Gebäude ansässigen gewerblichen Mieters nehmen, auch wenn diese den Brand in der Teeküche außerhalb der Arbeitszeit fahrlässig verursacht hat. Dies geht aus einer Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts hervor. Das Gericht wies die entsprechende Zahlungsklage des Gebäu­de­ver­si­cherers mit der Begründung zurück, dass die Arbeitnehmerin in den zwischen Versicherer und Gebäu­de­ei­gentümer schlüssig (konkludent) vereinbarten Regressverzicht einbezogen sei.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens ist der Gebäu­de­ver­si­cherer eines Wohn- und Geschäfts­ge­bäudes. Im Erdgeschoss befand sich die Verwaltung der Eigentümerin, im ersten Stock waren gewerbliche Räume vermietet. Zu den vermieteten Räumen gehörte eine Teeküche, in der sich auf einem Cerankochfeld abgestellt zwei Kaffeemaschinen befanden. Die Beklagte arbeitete jeweils am Vormittag für die Eigentümerin des Gebäudes und am Nachmittag für den Mieter. Sie erledigte die Büroarbeiten. In den frühen Morgenstunden kochte sie sich vor Beginn der Büroarbeiten für die Gebäu­de­ei­gen­tümerin in der Teeküche im ersten Stock einen Kaffee mit einer der Kaffeemaschinen und rauchte eine Zigarette, was dort gestattet war. Später wurde eine Rauch­ent­wicklung bemerkt. Die Feuerwehr, die den Brand in der Teeküche löschte, meldete ein eingeschaltetes Kochfeld. Der klagende Versicherer verlangte von der Arbeitnehmerin die Erstattung der aufgewendeten Kosten für die Brand­scha­dens­be­sei­tigung mit der Begründung, dass diese das Kochfeld angeschaltet habe und hierdurch die auf dem Kochfeld abgestellte Kaffeemaschine in Brand geraten sei. Die Arbeitnehmerin verteidigte sich unter anderem damit, dass ein Kurzschluss in der Elektro­in­sta­l­lation die Brandursache gewesen sei.

Brandschaden ist auf Verhalten der Arbeitnehmerin zurückzuführen

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht entschied, dass der klagende Gebäu­de­ver­si­cherer seine Regressansprüche gegenüber der Arbeitnehmerin nicht durchsetzen könne, weil zu deren Gunsten ein Regressverzicht greife. Zwar ist es so, dass der Brandschaden auf ein Verhalten der Arbeitnehmerin zurückzuführen ist. Die im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellten Umstände des Brandes, nach denen ein unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit der Nutzung der Teeküche durch die Arbeitnehmerin besteht, niemand anderes diese Teeküche in dieser Zeit genutzt hat und im Verlaufe der Löscharbeiten von den Feuerwehrleuten vor Ort ein eingeschaltetes Kochfeld gemeldet wurde, lassen nur den Schluss zu, dass der Brand durch die Arbeitnehmerin und eine von ihr in der Teeküche ausgeführte Handlung zurückzuführen ist. Alternative Ursachen, die nur zufällig zu diesem Zeitpunkt den Brand verursacht haben, sind zwar nicht ausgeschlossen, bleiben aber theoretisch.

Gebäu­de­ver­si­che­rungs­vertrag schließt Regressverzicht für Arbeitnehmerin mit ein

Aus einer ergänzenden Auslegung des Gebäu­de­ver­si­che­rungs­vertrags, der zwischen Eigentümer und Versicherer geschlossen ist, ergibt sich, dass dieser nicht nur einen Regressverzicht zugunsten des Mieters enthält, der einen Brandschaden durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat, sondern auch zugunsten von Personen, die dem Mieter nahestehen. Hierzu gehörte die Beklagte, bei der das Näheverhältnis arbeits­rechtlich vermittelt wurde. Sie befand sich im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeiten in den Räumen, die von ihrem Arbeitgeber angemietet waren. Das Kaffeetrinken in den Räumen diente offenbar ihrer Vorbereitung vor dem beginnenden Arbeitstag, ähnlich wie ein eventuell erforderliches Umziehen für die Arbeit. Sie besaß einen Schlüssel für die Mieträume, in denen der Brand ausgebrochen war und konnte sich in den Räumen unabhängig von der Anwesenheit des Mieters, ihres Arbeitgebers, aufhalten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Brand während der vormittäglichen Arbeitszeit beim Gebäu­de­ei­gentümer oder unmittelbar davor oder während der nachmit­täg­lichen Arbeitszeit beim Mieter verursacht wurde.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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