18.10.2024
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Sozialgericht Mainz Beschluss12.11.2015

Ausschluss arbeits­su­chender Ausländer von Hartz IV-Leistungen verfas­sungs­widrigLeistungs­aus­schluss verstößt gegen Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums

Das Sozialgericht Mainz hat entschieden, dass der Ausschluss von Arbeits­lo­sengeld II (Hartz IV) für Ausländer, deren Aufent­haltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, verfas­sungs­widrig ist.

Der Antragsteller des zugrunde liegenden Verfahrens ist erwerbsloser spanischer Staats­an­ge­höriger. Er war nach seiner Einreise nach Deutschland im Jahr 2014 einer Erwer­b­s­tä­tigkeit nachgegangen. Nachdem ihm von seinem Arbeitgeber gekündigt wurde, erhielt er zunächst Leistungen vom Jobcenter Mainz. Seinen Weiter­be­wil­li­gungs­antrag lehnte das Jobcenter jedoch ab. Zur Begründung führte es aus, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebens­un­terhalts habe. Der Arbeit­neh­m­er­status gelte für sechs Monate nach Beendigung der Beschäftigung. Diese sechs Monate seien im Falle des Antragstellers abgelaufen. Daraufhin rief dieser das Sozialgericht Mainz an.

SG rügt Verstoß gegen Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums

Das Sozialgericht Mainz hat das Jobcenter Mainz im Wege des einstweiligen Rechtschutzes verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Arbeits­lo­sengeld II zu zahlen. Das Gericht sieht in dem Ausschluss von Arbeits­lo­sengeld II für Ausländer, deren Aufent­haltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums, wie es vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht aus dem Schutz der Menschenwürde und dem Sozial­staats­prinzip auf der Grundlage des Grundgesetzes entwickelt wurde.

Leistungs­aus­schluss verstößt gegen Europäisches Recht

Nach Auffassung des Sozialgerichts verstößt der Leistungs­aus­schluss zudem gegen das Europäische Recht. Zuletzt hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass - soweit Europäisches Recht betroffen ist - die Bundesrepublik Deutschland ausländischen EU-Bürgern auch dann keine Sozia­l­leis­tungen zahlen muss, wenn sie eine angemessene Zeit gearbeitet haben und dann arbeitslos werden (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 15.09.2015 - C-67/14 -). Die Frage der Vereinbarkeit des Leistungs­aus­schlusses für arbeitsuchende Ausländer mit dem Grundgesetz beschäftigt die Sozial­ge­richts­barkeit derzeit in hohem Maße und ist sehr umstritten.

Quelle: Sozialgericht Mainz/ra-online

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