18.10.2024
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil28.11.2013

Hartz IV-Anspruch gilt auch für EU-Bürger aus RumänienAusnahmsloser Leistungs­aus­schluss für arbeitsuchende EU-Bürger europa­rechts­widrig

Das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen hat den ausnahmslosen Leistungs­aus­schluss für arbeitsuchende EU-Bürger für europa­rechts­widrig erklärt und einer in Deutschland lebenden Familie mit rumänischer Staats­bür­ger­schaft Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) zugesprochen.

Die Kläger des zugrunde liegenden Falls, eine rumänische Familie mit einem Kind, wohnen seit 2009 in Gelsenkirchen und lebten zunächst von dem Erlös aus dem Verkauf von Obdach­lo­sen­zeit­schriften und von Kindergeld.

Jobcenter lehnt Antrag auf Erhalt von Grund­si­che­rungs­leis­tungen ab

Das beklagte Jobcenter lehnte den im November 2010 gestellten Antrag mit der Begründung ab, Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufent­haltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, könnten keine Grundsicherungsleistungen erhalten.

Leistungs­aus­schluss widerspricht dem zwischen den EU-Staaten vereinbarten gesetzlich wirksamen Gleich­be­hand­lungsgebot

Das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen hat diesen im Gesetz enthaltenen Leistungs­aus­schluss (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozial­ge­setzbuch II) als europarechtswidrig angesehen. Es hat daher das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen aufgehoben und die beantragten Leistungen zuerkannt. Das Gericht ist - insofern noch weitergehend als frühere Entscheidungen anderer Senate des Landes­so­zi­al­ge­richts - der Auffassung, dass der Leistungs­aus­schluss in dieser ausnahmslosen Automatik dem zwischen den EU-Staaten vereinbarten gesetzlich wirksamen Gleich­be­hand­lungsgebot widerspreche (Art. 4 Verordnung EU 883/2004).

Unions­bür­ger­richtlinie verlangt Solidarität des aufnehmenden Staates mit anderen Mitgliedstaaten

Soweit die so genannte Unionsbürgerrichtlinie (Richtlinie 2004/38) den Mitgliedstaaten erlaube, einschränkende Regelungen zur Vermeidung von so genanntem Sozialtourismus vorzusehen, sei dies nicht in dieser im Sozial­ge­setzbuch II enthaltenen unbedingten und umfassenden Form möglich. Die Richtlinie verlange eine bestimmte Solidarität des aufnehmenden Staates Deutschland mit den anderen Mitgliedstaaten. Das erfordere unter dem Blickwinkel der Verhält­nis­mä­ßigkeit Regelungen, wonach abhängig von den individuellen Umständen Leistungen im Einzelfall jedenfalls ausnahmsweise möglich sein müssen. In dieser Auffassung sieht sich das Gericht durch die neueste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestätigt (vgl. EuGH Urteil vom 19.09.2013 C-140/12).

Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online

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